GOLF TIME 4/2019

COVER | SANDRA GAL

Orten wohlfühlen und mich auf diese ein- lassen. Am Ende bin ich sehr dankbar, diesen Beruf ausüben zu können. aber Sie definieren sich nicht zu hundert Prozent über den Beruf. Nein, das will ich auch überhaupt nicht. Ich finde, Sportler werden von der Öffentlichkeit viel zu sehr über ihre sportlichen Ergebnisse definiert. Am Ende ist es ein Beruf, und wenn man abends heimkommt, muss man den auch einfach mal nur Beruf sein lassen und das Leben genießen. Ich möchte mich auch über andere Dinge definieren wie zum Beispiel meine Charity-Aktivitäten. Am Anfang habe ich unterschiedliche Projekte für Volunteers of America unterstützt. Im vergangenen Jahr habe ich dann die Sandra Gal Foundation gegründet, mit der ich in Miami das Sandra Gal Children Center fördere oder als Bot- schafterin der Allianz-Pro-Menschlichkeit fungiere. Das ist mir mindestens genauso wichtig wie mein Beruf als Golf-Pro. Gt »Als Golfprofi bewegt man sich die meiste Zeit außerhalb der eigenen Komfortzone. Das ist nicht immer so leicht, wie es aussieht«

Merken Sie schon vor der runde auf der driving range oder am ersten abschlag, ob es ein guter oder schlechter Tag auf dem golf- platz wird? Absolut. Das beginnt meist schon beim Aufstehen. Das ist auch ganz normal. Es gibt einfach Tage, an denen es einem nicht so gut geht. Dann geht es darum, wie man damit umgeht. Ich versuche mir zu sagen, dass ich schon so viele gute Runden gespielt habe, um ein solches gefühltes Tief aktiv zu durchbre- chen. Ein Gefühl muss ja nicht zwingend ein Ergebnis auf dem Platz widerspiegeln. Natür- lich schafft man es nicht immer, das kennt sicher jeder, egal ob Profisportler oder nicht. Einerseits sind Routinen sehr wichtig, es ist aber genauso wichtig, dass man nicht an Dingen zu stark festhält oder diesen zu viel Gewicht gibt. Es geht auch hier wieder darum, sich gut zu fühlen, und da können Routinen oder Gewohnheiten helfen. Bei mir ist das so, dass ich morgens gerne ruhige Musik höre, vielleicht ein wenig meditiere und den Tag von Anfang an versuche zu genießen Helfen Ihnen da routinen, die Sie an einem Turniertag durchlaufen? ohne zu stark bereits beim Früh- stück auf das Turnier oder das Ergebnis fokussiert zu sein. Es geht darum, im Hier und Jetzt zu leben. Mal andersrum gedacht. Was sind denn dinge, die Sie auf dem Platz stören oder die dazu führen kön- nen, dass Sie sich unwohl fühlen? Es ist schon so, dass ich ver- suche, mich durch ein ruhiges Äußeres selbst zu beruhigen. Das sieht dann manchmal sicher entspannter aus, als es tatsächlich in mir aussieht. In erster Linie sind es meine eigenen situationsgebun- denen Gedanken, die mich nervös machen können. Ich mag es aber zum Beispiel sehr, vor Zuschauern zu spielen. Das macht mir wenig aus und motiviert mich eher. Sie haben als Profi auch schon in deutschland gespielt. Ist es dann doch etwas anderes, vor heimischer kulisse aufzuteen? Das ist total anders. Eines meiner tollsten Erlebnisse war der Solheim Cup in Deutsch- land. Der Team-Wettbewerb an sich ist schon so besonders, man hat viel Druck. Dann aber das deutsche Publikum hinter sich zu wissen – das hat unheimlich Spaß gemacht. Das war eine unglaubliche Stimmung, die mir sehr geholfen hat, gut zu spielen.

Ist der Beruf als golf-Profi Ihr persönlicher Wohlfühlberuf? Die Antwort wird jetzt vielleicht über- raschen, aber ganz so ist das nicht. Man ist in diesem Beruf die meiste Zeit außerhalb der eigenen Komfort-Zone. Das ist nicht zwingend negativ, da es für mich eine der besten Mög- lichkeiten ist, auch menschlich zu wachsen. Du wirst andauernd vor neue Herausforde- rungen gestellt. Das bisschen Unwohlsein ist da vielleicht sogar für das eigene Spiel förder- lich, da man sich dann noch etwas mehr konzentriert, als wenn man total in sich ruhen würde. Aber ich arbeite trotzdem daran, dass es mir etwas leichter fällt. Hilft es da, wenn man mit den anderen Spie- lerinnen neben dem Platz ein gutes Verhält- nis hat? Es ist schon schön, dass man sich mit vielen der Spielerinnen gut versteht und ich komme mit den meisten auch sehr gut aus. Richtig gute Freunde habe ich aber nur wenige auf der Tour. Wichtiger ist für mich, dass ich meine Familie dabei habe, Menschen, zu denen ich ein großes Ver- trauen habe. Was mir total hilft, ist, dass mich Reisen kaum stresst. Ich kann mich schnell auch an neuen

»Die Kunst ist zwar kein spezieller Ort, aber ein großer und wichtiger Teil von mir. Seit ich drei Jahre alt bin, male ich. Wäre ich nicht Golfprofi geworden, bin ich mir sicher, dass ich beruflich etwas Künstlerisches machen würde. Es bereitet mir unglaublich viel Spaß, kreativ zu sein.« Zeit für Kunst

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