Blickpunkt Schule 4/2023

Aus dem dbb Hessen

gedauert bis ich wirklich realisiert hatte, dass ich mich nicht in län geren Ferien befand. Es gab immer wieder Tage, an denen ich ernst haft darüber nachdachte, mich um eine berufliche Tätigkeit zu küm mern, da ich den Eindruck hatte, jetzt sei ich lange genug untätig gewesen. Aber es ist ja nicht so, dass die Pensionierung nur Nachteile hätte. Ich habe ja auch viele Freiheiten gewonnen. Die Gesamtverantwor tung für alle Ereignisse an einer Schule nicht mehr tragen zu müs sen, ist eine Befreiung. Verordnun gen und Anordnungen, von deren Sinn ich einige Male nicht wirklich überzeugt war, nicht mehr umset zen zu müssen, ist eine Befreiung. Nicht mehr in zeitliche Raster, die von außen bestimmt wurden, ein gepresst zu sein, ist eine Befreiung. Unangenehme Personalgespräche nicht mehr führen zu müssen, ist eine Befreiung. Und natürlich ist es eine Befreiung, wenn man nicht mehr in den Hauptferienzeiten in Urlaub fahren muss (– außer man hat schulpflichtige Enkel!). Viele Räume kann ich mir daher zurück erobern seit ich pensioniert bin. Es wäre also unwahr zu behaupten, in der Pension lebe es sich schlechter als vorher. Konkret habe ich wieder begon nen, Gitarre zu spielen, habe ein Ehrenamt bei der Stadt Darmstadt begonnen, kann schwimmen und wandern zu Zeiten, an denen dies vorher nicht möglich war. Für alles kann ich mir mehr Zeit lassen. Das ist sehr angenehm. Ich habe mich also in der Pensionierung einge richtet, mir geht es gut, ich bin sehr zufrieden und habe einen großen Rückhalt in meiner Familie. Dafür

bin ich dankbar. An die Schule den ke ich seltener, auch wenn mich die Bildungspolitik nach wie vor be schäftigt und oft auch aufregt. Ein Zurück in den beruflichen Alltag kann ich mir nicht mehr vorstellen. Und doch frage ich mich oft, warum der Übergang in die Pensionierung so abrupt erfolgen muss. Sehr wohl wäre ich in der Lage gewesen, die Schulleitung meiner Schule noch doch Zuarbeiten zu unterstützen. Verwaltungshandeln fiel mir leicht. Anträge zu formulieren oder die Budgetverwaltung hätte mir keine Schwierigkeit bereitet. Dies wäre mit einer stundenweisen Beschäfti gung umsetzbar gewesen. Völlig auf die erworbenen Fähigkeiten äl terer Personen zu verzichten, ist für mich eine Verschwendung von Res sourcen. Auch wenn ich für mich immer ausgeschlossen habe, mich wieder komplett in das zeitliche Korsett eines Schuljahres einbin den zu lassen, für die Übernahme von zeitlich begrenzten Tätigkeiten hätte ich mich interessiert. Auf dem Gymnasialtag des Hes sischen Philologenverbandes hat der Staatssekretär Dr. Lösel ange kündigt, dass der Einsatz von Ver waltungskräften an den Schulen zukünftig intensiviert werden und die dazu nötigen finanziellen Mittel den Schulen direkt zur Verfügung gestellt werden sollen. Ich hoffe, dass, wenn nicht junge Menschen sich um diese Tätigkeiten reißen werden, die Verantwortlichen zu mindest ernsthaft prüfen, ob es nicht erfahrene Kräfte gibt, die be reit wären, hier in die Bresche zu springen. Wenn ich bis zur Umset zung dieser Idee nicht schon völlig hinfällig bin, wäre ich persönlich si cher nicht abgeneigt. Christof Ganß

von VOLKER WEIGAND

Stellvertretender Landes- vorsitzender des dbb Hessen und Landesschatzmeister des hphv

Bericht aus dem dbb

M it Beginn des neuen Schuljahres fokus siert sich der Blick der Gewerkschaften und Verbände auf zwei Wahlen, denn neben der Landtagswahl am 8. Oktober finden im Mai 2024 die Personalratswahlen statt. Der dbb Hessen hatte die im Landtag ver tretenen Parteien um die Beantwortung eini ger Wahlprüfsteine gebeten. Die Antworten sind auf der Seite des dbb zu finden (—> www.dbb-hessen.de —> dbb Nachrichten – Sonderausgabe —> Wahl: Die Prüfsteine für die Parteien) . Während sich die Fragen des hphv schwerpunktmäßig auf den bildungs politischen Bereich beziehen, beschäftigt sich unser Dachverband unter anderem mit den Themen Besoldung/Tarif, Dienstrecht und Berufsbeamtentum. Es fällt durchaus auf, dass insbesondere in Bezug auf finanzielle Herausforderungen die eine oder andere Partei doch etwas zurückhaltender reagiert. Es ist und bleibt für uns von zentraler Bedeu tung, dass in den kommenden Monaten auch in den anstehenden Tarifverhandlungen eine verfassungskonforme Besoldung durch das Land Hessen auf den Weg gebracht wird. Und es sei noch einmal deutlich gesagt: Jegliche Vereinbarungen müssen allen Beschäftigten des Landes Hessen zugutekommen! Aus weichmanöver, die zum Beispiel hauptsäch lich über Familienzuschläge versuchen die Arbeitnehmer/innen und Beamt/innen ge geneinander auszuspielen, werden wir nicht mitmachen. Wir streben auch weiterhin an, dass die Grundtabellen entsprechend und deutlich angehoben werden. Dies muss dann logischerweise auch für die Kolleginnen und Kollegen im Ruhestand gelten. In Vorbereitung auf die Personalratswahl hat sich eine Arbeitsgruppe gebildet, welche die einzelnen Fachgewerkschaften rund um die Personalratswahl mit Material unterstüt zen wird. Zudem tagte der Dienstrechtsaus schuss unter neuer Leitung bereits im Sep tember in der Geschäftsstelle in der Europa allee.

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Liebe Pensionärinnen und Pensionäre, liebe aktive Lehrkräfte, deren Pensionierung ansteht,

vielleicht haben Sie ja ähnliche oder gänzlich andere Erfahrungen gemacht als unser Autor. Lassen Sie die Kolleginnen und Kollegen doch teilhaben an Ihrem Erleben oder kommentieren Sie den Artikel in einem Leserbrief. In den nächs ten Heften wird sicher Platz für den Abdruck Ihrer Beiträge sein. Herzlichen Dank! Die Redaktion

SCHULE

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