GOLF TIME 2/2018

2015 auch seine neue Heimat. Einen Job findet er auf Anhieb nicht: „Es war Juni. Da braucht keiner einen Golflehrer oder Clubmanager.“ Gespräche mit seiner heutigen Verlobten und seinem Trainer Dawie Standers (Golf Club Hubbelrath) wecken in ihm schließlich die Lust und den Mut, es noch einmal als Spieler zu versuchen. „Ich bin in mich gegan- „ES WAR JUNI. DA BRAUCHT KEINER EINEN GOLFLEHRER ODER CLUBMANAGER“ gen und habe mir genau überlegt, ob ich das wirklich möchte“, denn er sei durch die Abstinenz vom Golfspielen „bestenfalls noch ein 7er-Handicapper“ gewesen. Mit 36 stellt sich der ehrgeizige Öster- reicher nochmals der Herausforderung. Er trainiert nun seit zweieinhalb Jahren hart, geht laufen, macht viel Fitnesstraining und arbeitet mit seinem Trainer Standers konti- nuierlich an seinen Fähigkeiten auf dem Platz. Auf der Pro Golf Tour stellten sich mit dem 20. Platz der Rangliste im Jahr 2017 die ersten Erfolge ein. Diese Saison will er einen weiteren Sprung nach vorne machen. Aus dem Einzelkämpfer, der seine Kontra- henten heimlich filmte, um besser zu werden, ist mittlerweile eine dreiköpfige Familie ge- worden. Wenn Prader heute auf der Pro Golf Tour um Preisgeld und Ranglistenpunkte kämpft, tut er das vor allem für seine Verlobte Cathi und seinen Sohn Caspar (9 Monate). Seine beiden Liebsten zeigen dem Stehauf- mann Clemens Prader jeden Tag, dass es im Leben immer weiter geht. Und wer weiß, vielleicht führt ihn sein Weg diesmal ganz weit nach oben ... GT

„Damals gab es noch kein Youtube oder so was. Also habe ich die guten Spieler heim- lich gefilmt und mir die Technik abgeschaut“, erzählt der sympathische Österreicher mit einem Schmunzeln auf den Lippen. „Wenn man aus Zentraleuropa nach Florida kommt, hat man es dort natürlich mit anderen Gras- sorten zu tun. Deshalb habe ich mir zum Beispiel von Matt Kuchar abgeschaut, wie der ums Grün herum chippt“, erklärt Prader seine Taktik, um besser zu werden. Zwei Jahre später hat sich Prader an das hohe Niveau gewöhnt, spielt Handicap +4 und ist drittbester Highschool-Senior in Florida – hinter Erik Compton und Bubba Watson. Er kehrt nach Österreich zurück, gewinnt zahl- reiche Amateur-Turniere in Europa, ehe er zum Wehrdienst eingezogen wird. Die neun Monate Staatsdienst werfen ihn zurück. „Das Putten war weg, das Driving war weg, das Selbstvertrauen war weg“, fasst Prader die Situation nach dem Wehrdienst zusammen. Dennoch wagt er abermals den Schritt in die USA. Er geht in Knoxville, Tennessee, aufs College – und sein Spiel kommt zurück. Der Österreicher streicht einige Top-10-Ergeb- nisse ein. Allerdings ist die College-Zeit für ihn auch mit viel Stress verbunden. Denn neben Golf ist da ja auch noch die Uni. In der „JE MEHR ICH TRAINIERTE, DESTO SCHLECHTER HABE ICH GESPIELT“ Folge bricht er das Logistik-Studium nach vier Semestern ab, zieht zurück nach Öster- reich und beginnt seine Profikarriere. Der 22-Jährige spielt sich hoch bis auf die zweitklassige europäische Profitour. Dort hält er die Karte vier Jahre lang, tritt nach dem Verlust der Spielberechtigung auf der Alps Tour in Österreich an, ehe er ein weiteres starkes Jahr auf der Challenge Tour hinlegt. Es folgt ein erneuter Anlauf in Amerika. Prader meldet für die PGA Tour Qualifying School. Die erste Runde schafft er sicher, auf der zweiten Stufe erlebt Prader ein bitteres Ende. „Da habe ich 68 von 72 Grüns ge- troffen, um dann den Sprung ins Finale um zwei Schläge zu verpassen.“ Hätte er die finale Qualifikationsebene erreicht, wäre ihm die Tourkarte für die zweitklassige ameri- kanische Tour (heute Web.com Tour) sicher gewesen. Es bleibt beim „hätte“. Prader steht statt- dessem vor dem Nichts. Keine Rücklagen, keine Sponsoren(-verträge), kein Job. Selbst- zweifel kommen auf. „Normalerweise ist es so, dass du trainierst und irgendwann besser wirst. Ich hatte das Gefühl, das Gegenteil ist

TRAININGSBASIS DÜSSELDORF Seit Sommer 2015 trainiert Clemens Prader im Golf Club Hubbelrath in Düsseldorf der Fall: Je mehr ich trainierte, desto schlech- ter habe ich gespielt.“ Mit 28 Jahren ordnet Prader sein Leben neu. Er zieht zurück nach Österreich. Dort kann er im Haus seines Vaters (ein bekannter Maßschneider) umsonst wohnen, während er die Ausbildung zum Golflehrer beginnt. Anschließend unterrichtet er. Zunächst im Stanglwirt in Kitzbühel, dann am Mondsee in Oberösterreich. „Da ging es mir wieder gut, auch finanziell. Ich hatte mein Leben akzeptiert, nach dem Motto ‚I had a nice run’, aber jetzt ist es okay so“, beschreibt Clemens Prader die Zeit zwischen 2009 und 2014. Über einen Freund seines Vaters ver- schlägt es Prader schließlich nach Mallorca, wo er die Golfanlage Canyamel leiten und auf Vordermann bringen soll. Neun Monate spä- ter ist dieser Job passé. Er „habe dort eigentlich einen ganz guten Job gemacht, aber es passte einfach nicht“, sagt Prader rückblickend. Er beschließt, nach zweijähriger Fern- beziehung, mit seiner Freundin zusammen- zuziehen. Weil sie in Düsseldorf lebt und arbeitet, ist die Rheinmetropole seit Mitte

IN THE BAG

» Driver: Callaway GBB Epic Sub Zero (9°) mit Grafalloy Red X Schaft » Holz 3: Titleist 913Fd (13,5°) mit Tour AD YSQ 65x Schaft » Holz 5: Titleist 915F (18°) mit Grafalloy Blue S tipped Schaft » Eisen: Titleist 712U (Eisen 2), Nike V Pro Combo 2006 (3-5),

Titleist 716 MB (6-PW) mit Nippon Modus 3 120x Schäften

» Wedges: Vokey SM6, 50.12° (51), 54.14° (55), 60.12 (60.5) » Putter: Scotty Cameron Santa Fe 1997er Model (34“) » Ball: Titleist Pro V1 (2017)

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