Lernentwicklung und Beratung - Anleitung

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Die qualitative Analyse der Rechtschreibkompetenz beinhaltet mehr als nur das Zählen oder die qualitative Auswertung 7 von Verschreibungen, die Schüler(innen) in ihren eigenen Texten machen. Sie bezieht auch die Kompetenzen mit ein, die ein Kind benötigt, um die normgerechte Schrei- bung zu erlernen. Hierzu gehören grundlegende Lernbedingungen (z. B. Selbstkonzept, Motivation), eine fachspezifische Methodenkompetenz (z. B. die Methoden Abschreiben, Reflektieren) und die Kenntnis sachbezoge- ner Übungen. Hinzu kommen muss darüber hinaus die Bereitschaft, sich auf diesen Übungsprozess einzulassen. Die im Konzept der Rechtschreibwerkstatt vorgeschlagene qualitative Analyse der Verschreibungen bietet ein grobes Raster, um zu erfassen, wo „auf dem Weg zur normgerechten Schreibung die Schülerin oder der Schüler steht“ (s. o.). In der Lernentwicklungstabelle wird diese grobe Analyse über einen längeren Zeitraum fortgeschrieben und zu den Anfor- derungen der Lehrpläne in Beziehung gesetzt (siehe Kapitel „Lernentwick- lungstabelle“). Nach einem entsprechenden Beratungsprozess können die individuellen Lernziele einer Schülerin bzw. eines Schülers in dieser Tabelle festgehalten werden. Die qualitative Analyse der Texte der Schüler(innen) ist immer eine punk- tuelle Erfassung der Rechtschreibkompetenz. Hier fließen stets auch fachfremde Faktoren mit ein (z. B. aktuelle Befindlichkeit, Konzentration, Ausdauer), die berücksichtigt werden müssen. Aussagekräftig wird die qualitative Analyse daher erst dann, wenn die punktuellen Auswertungen der Schülertexte miteinander in Beziehung gesetzt, also Lernverläufe do- kumentiert werden. Die Analyse erfasst intrapersonale Entwicklungen, die für die Lernberatung unerlässlich sind. Hierdurch können Schüler(innen) ihr Lernen auf individuelle Lernziele hin ausrichten und effizient gestal- ten. Der interpersonelle oder der Vergleich mit den Anforderungen der Lehrpläne spielt für das Lernen selbst eine untergeordnete Rolle. Er ist allenfalls für die Leistungsbewertung von Bedeutung. Hier darf nicht übersehen werden, dass die Leistungsbewertung sich nicht nur auf die Anforderungen, sondern auch auf die individuelle Lernentwicklung einer Schülerin bzw. eines Schülers beziehen muss. 8 In einer inklusiven Schu- le mit zunehmend heterogenen Lerngruppen wird dieser Aspekt bei der Diskussion der Leistungsbewertung zukünftig immer mehr in den Mittel- punkt rücken. Eine nicht diskriminierende Teilhabe von Schüler(inne)n mit Behinderungen oder spezifischen Schwierigkeiten bedeutet auch, dass in einer Klasse nicht zwei verschiedene Bewertungssysteme (intra- und interpersonelle Ausrichtung der Leistungsbewertung) nebeneinander ein- gesetzt werden können.

Kompetenzanalyse (Lernstands analyse , Teil 3)

7 Vgl. Kapitel 2 im Heft „Qualitative Textanalyse“.

8 „Die Leistungsbewertung orientiert sich dabei grundsätzlich an den Anforderungen der Richt­ linien und Lehrpläne und am erteilten Unterricht. Sie berücksichtigt auch die individuelle Lern- entwicklung der einzelnen Kinder. Als Leistung werden demnach nicht nur die Ergebnisse des Lernprozesses zu einem bestimmten Zeitpunkt im Vergleich zu den verbindlichen Anforde- rungen und Kompetenzerwartungen gewertet, sondern auch die Anstrengungen und Lernfort- schritte, die zu den Ergebnissen geführt haben.“ (Richtlinien für die Grundschule in NRW, Seite 16)

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