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Gesetzgebung | Legislation | Legislazione

die Verkehrsregelverletzung nach den Bestimmungen des SVG als mittelschwere oder schwere Widerhandlung zu qua- lifizieren ist. 6 Warnungsentzüge wegen Verkehrsregelverlet- zungen im Ausland können somit nur dann angeordnet wer- den, wenn die zuständige Behörde im Tatortstaat die Fahrberechtigung rechtskräftig aberkannt hat und nach schweizerischem Recht ebenfalls ein Warnungsentzug an- zuordnen wäre. 7 Zudem werden im Ausland begangene Wi- derhandlungen, die nach Art. 16a SVG nur leicht sind, von der Regelung ganz ausgenommen und damit gegenüber der bisherigen Vollzugspraxis administrativrechtlich privile- giert. 8 Dem Verbot der Doppelbestrafung wird dadurch Rechnung getragen, dass nach Art. 16c bis Abs. 2 die Aus- wirkungen des ausländischen Fahrverbots auf die betroffene Person angemessen zu berücksichtigen sind, weshalb – an- ders als beim Führerausweisentzug nach Widerhandlungen in der Schweiz – die Mindestentzugsdauer unterschritten werden darf. Der Sicherungsentzug bleibt von den Neue- rungen unberührt. Bereits nach geltendem Recht kann die zuständige Schweizer Behörde bei fehlender Fahreignung die erforderlichen Administrativmassnahmen treffen, selbst wenn sich die Zweifel an der Fahreignung auf im Ausland begangene Widerhandlungen gründen. 9 Umgestaltung der Strafverfolgungszu­ ständigkeit bei Widerhandlungen gegen das SVAG Die Zuständigkeit für die Strafverfolgung und Beurteilung von Widerhandlungen gegen das Schwerverkehrsabgabege- setz (SVAG) wird mit Inkrafttreten des «Bundesgesetzes über Massnahmen zur Verbesserung der Verfahren im Be- reich der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe» ge- nerell der Eidgenössischen Zollverwaltung (EZV) übertra- gen. 10 Hinfällig ist damit die für praktisch untauglich befundene Zuständigkeitsspaltung, welche bei inländischen Fahrzeugen die Kantone und bei ausländischen Fahrzeugen die EZV mit der Strafverfolgung betraute. 11 Eine ausnahms- weise Zuständigkeit der Kantone bleibt einzig für die Fälle vorbehalten, in denen über Art. 20 Abs. 1 SVAG die Arti- kel 14–16 des VStrR zur Anwendung gelangen und eine 6 Entwurf zur Änderung des Strassenverkehrsgesetzes, BBl 2007, 7625. 7 So auch bereits BGE 128 II 133, 136 ff. 8 Botschaft, BBl 2007, 7622. 9 BGE 133 II 331, 351 ff.; Botschaft, BBl 2007, 7623. 10 Art. 22 nSVAG, vgl. Bundesgesetz über Massnahmen zur Verbesse- rung der Verfahren im Bereich der leistungsabhängigen Schwerver- kehrsabgabe, BBl 2007, 7173, die Änderungen treten am 1.4.2008 in Kraft, http://news.admin.ch/message/index.html?lang=de&msg- id=17693. 11 Vgl. bisherigen Art. 22 SVAG.

Assessorin iur. Gunhild Godenzi LL.M .

Ausführungsgesetz zur Umsetzung der Ver­ wahrungsinitiative Das Parlament hat die Debatte um die Rechtmässigkeit und Umsetzbarkeit der Verwahrungsinitiative mit der Zustim- mung zur Ausführungsgesetzgebung beendet. 1 Der von Volk und Ständen im Februar 2004 gutgeheissene, aber völker- rechtlich fragwürdige Art. 123a BV 2 wird durch eine ein- fachgesetzliche Interpretationshilfe ergänzt, welche den Spa- gat zwischen Volksrecht und Völkerrecht versucht. In den unlängst revidierten Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches werden mit den Art. 56 Abs. 4 bis , 64 Abs. 1 bis , 64c, 84 Abs. 6 bis und 90 Abs. 4 ter StGB Vorschriften integriert, welche die Voraussetzungen und das Verfahren zur Prüfung der Ent- lassung aus der lebenslänglichen Verwahrung und die Aus- gestaltung des Strafvollzugs präzisieren sollen. 3 Das letzte Wort darüber, ob die gesetzliche Ausgestaltung den völker- rechtlichen Vorgaben genügt, wird der EGMR sprechen müssen – falls die schweizerische Praxis auf das Instrument der lebenslänglichen Verwahrung extrem gefährlicher Straf- täter überhaupt je zurückgreift. Rechtsgrundlage für den Führerausweis­ entzug nach Widerhandlung im Ausland Veranlasst durch einen Grundsatzentscheid des Bundesge- richts im Juni 2007 4 wird im Strassenverkehrsgesetz eine ge- setzliche Grundlage für den Entzug des schweizerischen Füh- rerausweises nach Verkehrsregelverletzungen im Ausland geschaffen. 5 Der Entwurf des neuen Art. 16c bis Abs. 1 SVG knüpft den Warnungsentzug an die kumulativen Vorausset- zungen, dass im Ausland ein Fahrverbot verfügt wurde und 1 http://www.parlament.ch/cv-geschaefte?gesch_id=20050081. 2 Angenommen in der Volksabstimmung vom 8.2.2004; AS 2004, 2341; BBl 2000, 3336; 2001, 3433; 2003, 4434; 2004, 2199. 3 Vgl. Schweizerisches Strafgesetzbuch (Lebenslängliche Verwahrung extrem gefährlicher Straftäter), Änderung vom 21.12.2007, BBl 2008, 23; Botschaft des Bundesrates v. 23.11.05, BBl 2006, 889; Zusammenfassung von Botschaft, Bericht und Beratungen, http:// www.parlament.ch/afs/data/d/rb/d_rb_20050081.htm; Schlussab- stimmungen AB 2007, N 2077; AB 2007, S 1212; vgl. ausserdem Art. 380a nStGB zur Haftungsverteilung für Straftaten des Entlas- senen bei Aufhebung der lebenslänglichen Verwahrung. 4 BGE 133 II 331 und dazu Schaffhauser, Der Warnungsentzug des Führerausweises nach Auslandtaten verschwindet… und er- scheint gleich wieder, FP 2008, 55 ff. 5 Vgl. Botschaft des Bundesrates vom 28.9.2007 zur Änderung des Strassenverkehrsgesetzes (Führerausweisentzug nach Widerhand- lung im Ausland), BBl 2007, 7617; vgl. zu den Beratungen im Parlament http://www.parlament.ch/D/Suche/Seiten/geschaefte. aspx?gesch_id=20070079.

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