BayernDach Magazin 5-2019

Arbeitsrecht BLAUE SEITEN

Zugang einer Kündigung bei Einwurf in den Hausbriefkasten

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BEI DER KÜNDIGUNG VON ARBEITSVERHäLTNISSEN IST DER ZEIT- PUNKT DES ZUGANGS VON WESENTLICHER BEDEUTUNG FÜR DIE KORREKTE BERECHNUNG DER KÜNDIGUNGSFRIST UND DAMIT FÜR DIE ERMITTLUNG DES NäCHSTMöGLICHEN BEENDIGUNGS- ZEITPUNKTS DES ARBEITSVERHäLTNISSES. Besondere Bedeutung kommt dem Zugangszeitpunkt der Kündi- gung auch bei der Frage zu, ob das Arbeitsverhältnis bereits sechs Monate bestanden hat und gegebenenfalls das Kündigungs- schutzgesetz anzuwenden ist oder nicht. Grundsätzlich gilt, dass ein Schreiben dann als zugestellt gilt, so- bald es in „verkehrsüblicher Weise in die tatsächliche Verfügungs- gewalt des Empfängers gelangt ist“ und der Empfänger unter gewöhnlichen Verhältnissen davon Kenntnis nehmen kann. Das Einwerfen eines Schreibens in den Briefkasten des Empfängers er- füllt grundsätzlich diese Voraussetzungen. Sowohl das Bundesarbeitsgericht (BAG) als auch das Landesar- beitsgericht Schleswig-Holstein (LAG) hatten sich zuletzt mit der Frage zu beschäftigen, ob eine Kündigung auch dann durch Ein- wurf in den Hausbriefkasten im Zeitpunkt des Einwurfs zugegan- gen ist, wenn dem Arbeitgeber bekannt ist, dass der Arbeit- nehmer ortsabwesend ist. Sowohl das BAG mit seinem Urteil vom 25.04.2018 (2 AZR 493/17) als auch das LAG mit seinem Beschluss vom 01.04.2019 (1 Ta 29/19) haben dies bejaht und erklärt, dass es bei der Beurteilung der Möglichkeit zur Kenntnisnahme durch den Empfänger nicht auf die individuelle Betrachtung des jeweiligen Einzelfalls, sondern auf eine generalisierende Betrachtung nach den „gewöhnlichen Verhältnissen“ und den „Gepflogenheiten des Verkehrs“ an- kommt. Es obliegt demnach dem Arbeitnehmer, dafür zu sorgen, die nö- tigen Vorkehrungen zu treffen, dass er vom Einwurf von Schrei-

Auch der Einwurf in den Briefkasten genügt für ein Kündigungs- schreiben, dann aber am besten als Einwurfeinschreiben.

ben in seinen Briefkasten Kenntnis nehmen kann. Auch dass die Arbeitgeber in den zu entscheidenden Fällen davon wussten, dass der jeweilige Arbeitnehmer in einem der Fälle durch einen ar- beitsbedingten Auslandsaufenthalt für längere Zeit ortsabwesend war und sich im anderen Fall zur Erholung von einem Unfall in einer anderen Stadt bei seinen Eltern befand, ändert nach Ansicht der Gerichte hieran nichts. Wie das BAG ausführt, ist es ausdrück- lich unerheblich, ob der Arbeitnehmer im Einzelfall durch Krank- heit, zeitweilige Abwesenheit oder andere besondere Umstände an der Möglichkeit zur Kenntnisnahme gehindert war. Zwischen den Parteien war in beiden Streitfällen nicht vereinbart, dass eine Kündigung abweichend von § 130 I 1 BGB nur anderwei- tig, also z. B. an einer anderen Empfängeradresse, hätte zugehen können. Die bloße Bitte eines Arbeitnehmers, Schreiben ausschließlich an eine bestimmte Person zu senden (im vorliegenden Fall an seinen Prozessbevollmächtigten) führt nicht dazu, dass der Arbeitgeber eine Kündigung nicht mehr wirksam an die Postanschrift des Ar- beitnehmers zustellen kann. Der BAG führt in seinem Urteil darüber hinaus aus, dass ein treu- widriges Verhalten des Arbeitgebers bei einer Zustellung an die Postanschrift des Arbeitnehmers nur dann in Betracht kommen könnte, wenn der Arbeitgeber weiß, dass der Briefkasten über- haupt nicht mehr geleert würde und nur noch versehentlich das Namensschild des Arbeitnehmers trägt. Das war in beiden vorliegenden Fällen nicht der Fall bzw. wurde auch nicht vorgetragen.

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