CellitinnenForum_2_2021

FUNDAMENT

FUNDAMENT

che fanden für sich eine Form des Zusammenlebens auch ohne Ordensgelübde, zugleich ent- stand aus dem Ideal des Neu- aufbruchs ein Reformzweig des Augustinerordens, dem Thomas dann lange Zeit angehörte. Die ‚Nachfolge Christi‘ – eine Schrift aus dem 15. Jahrhun- dert – immer noch aktuell? Je- denfalls findet man in beinahe jedem Lexikon- oder Zeitschrif- tenartikel zur ‚Nachfolge Christi‘ den Zusatz, diese sei das nach der Bibel in ca. 3000 Ausgaben meist verbreitete Buch. Es gibt Übersetzungen des lateinisch geschriebenen Textes in 95 Spra- chen und auch eine gut gemach- te, neue deutsche Ausgabe in der Übertragung von Peter Dyckhoff. Die Lektüre ist sicher keine leichte Kost. Deutlich und ohne Um- schweife geht es um menschliche Unzulänglichkeiten, deren Er- kenntnis zur Abkehr von Äußerlich­ keiten und Selbstüberschätzung führen soll. Zu einem vertieften geistlichen Leben gibt das Le- bensvorbild Jesu Christi die nöti- ge Orientierung. In Kempen verbrachte Thomas ei- gentlich nur seine Kindheit, den- noch scheint dort das Gedenken an ihn nach wie vor lebendig zu sein. Dies zeigt sich dem Sportinter­ essierten am örtlichen ‚SV Tho- masstadt 09/24‘, im Stadtbild selbst am Gymnasium Thomaeum, der evangelischen Thomaskirche und an sogar zwei Denkmälern, die im Abstand von mehr als einhun- dert Jahren dem großen Sohn er-

„In allem habe ich Ruhe gesucht und nicht gefunden, außer in einemWinkel mit einem Buch.“

Die Bronzeplastik von Lambert Piedboeuf.

richtet wurden und die vor allem zeitbedingte Veränderungen in der Denkmalkultur vor Augen führen. Neben der Propsteikirche St. Marien findet man die auf einem Steinso- ckel platzierte, eindrucksvoll-wuchti- ge Bronzeplastik des spätmittelalter­ lichen Gelehrten, die 1901 von dem Aachener Bildhauer Lambert Pied- boeuf geschaffen wurde.

Seit 2018 steht das neue Tho- mas-Gedenkmal am Kempener Donkring. Die Künstlerin Edith E. Stefelmanns hat vier Stelen, drei aus Stahl, eine aus Granit, gestal- tet, die auf einer quadratischen Grundfläche zusammenstehen. Auf der Steinstele sind prägnante Zitate aus der ‚Nachfolge Christi‘ eingraviert. (W.A.)

Thomas von Kempen Eine Erinnerung an den Verfasser der ‚Nachfolge Christi‘, der vor 550 Jahren gestorben ist.

T homas Hemerken wurde weltbekannt als ‚Thomas von Kempen‘, wo er 1379 oder 1380 geboren wurde. Den weitaus größten Teil seines Le- bens verbrachte er ab 1392 in den heutigen Niederlanden, zunächst als Schüler in Deventer und dann als Augustiner-Chorherr in Zwol- le. Vor 1427 hat Thomas dort sein epochales Werk, die ‚Nachfol- ge Christi‘, aus eigenen und ihm

zur Verfügung stehenden Texten zusammengestellt.

Vertreter der ‚Devotio moderna‘ auf Umkehr und Neubesinnung. Sie waren davon überzeugt, dass sich Erneuerung stets im Herzen jedes Einzelnen vollzieht, dass alles davon abhängt, wie sehr immer wieder die persönliche Be- ziehung zu Christus gesucht und gepflegt wird. So verwirklichten Frauen und Männer ein stilles, geistliches und zugleich guten Taten zugewandtes Leben. Man-

Alle von ihm verfassten Schriften sind geprägt von der ‚Devotio mo­ derna‘, jener damals vor allem von Nordwest-Europa ausgehenden Frömmigkeits- und Erneuerungs­ bewegung der Kirche, deren Glaubwürdigkeit durch Machtstre- ben und Verweltlichung massiv be- schädigt war. Dagegen setzten die

Das neue Thomas-Denkmal der Künstlerin Edith E. Stefelmanns

Foto: Kulturamt der Stadt Kempen

Foto: Kirsten Pfennings, Stadt Kempen

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CellitinnenForum 02 | 2021

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