Fortbildung aktuell [ Das Journal ] 2/2019

NAHRUNGSERGÄNZUNGSMITTEL

ist in Arzneimitteln aber verschreibungs- pflichtig. Die Arzneimittelverschreibungs- verordnung regelt jedoch nur den Ab- gabe- und nicht den Produktstatus, d. h. ein NEM, das eine in Arzneimitteln ver- schreibungspflichtige Substanz enthält, kann theoretisch legal im Verkehr sein. So ist zum Beispiel Vitamin D in Arznei- mitteln ab einer Dosierung von 1000 I.E. verschreibungspflichtig, für NEM gilt die- se Begrenzung jedoch nicht. Im Falle des Cannabidiols ist der Sachverhalt deutlich komplizierter. Für CBD-Öle existieren we- der genehmigte Health Claims noch eine Zulassung als „Novel Food“, also als zulas- sungspflichtiges neuartiges Lebensmittel. Bisher ist die offensichtliche Diskrepanz zwischen pharmakologischer Wirkung und Verschreibungspflicht von Canna- bidiol einerseits und der problemlosen Verfügbarkeit unzähliger CBD-Produkte andererseits in Deutschland ohne Kon- sequenzen geblieben. Dem BVL ist zwar keine Fallstellung bekannt, in der CBD-hal- tige Lebensmittel, also auch Nahrungser- gänzungsmittel, verkehrsfähig sein könn- ten. 5 Die Auffassung des BVL gilt aber nur vorbehaltlich einer abweichenden Ansicht der jeweils zuständigen Überwachungs- behörden in den Bundesländern, weil die Einstufung von Erzeugnissen und die Be- wertung der Verkehrsfähigkeit Aufgabe der für die Lebensmittelüberwachung zuständigen Landesbehörden ist. 5 In Ös- terreich sind CBD-haltige Nahrungsergän- zungsmittel im Dezember 2018 per Erlass des Gesundheitsministeriums verboten worden. 6 Unabhängig von der aktuellen Recht- sprechung gilt jedoch der bereits erwähn- te Grundsatz, dass für NEM keine ge- sundheitsbezogenen Aussagen gemacht werden dürfen, wenn kein Health Claim genehmigt wurde. Wenn dem Apothe- kenpersonal also bekannt ist, dass CBD-Öl in einem medizinischen Indikationsgebiet verwendet werden soll –wasmeistens der Fall sein dürfte – ist von der Abgabe ab- zusehen. Für Verbraucher mag das ange- sichts der unkomplizierten Bestellbarkeit über das Internet schwer nachzuvollzie- hen sein; möglicherweise erleichtert der Hinweis auf die oft mangelhaften Qua- litätsstandards bei NEM sowie die Mög- lichkeit der rezepturmäßigen Herstellung von Cannabidiol-Tropfen auf ärztliche Verordnung die Kommunikation. Positiv

im Rahmen einer Einzelfallentscheidung als Arzneimittel eingestuft werden. Bis zur endgültigen Klärung des Sachverhalts können die Präparate weiter vertrieben werden. 4 In der täglichen Praxis kann nur dringendst von der Abgabe und Einnahme dieser Präparate abgeraten werden. Daran ändert auch die gelegentlich auftretende Verordnung auf einem grünen Rezept nichts – wenn der behandelnde Arzt eine Senkung des Cholesterinspiegels für indi- ziert hält, stehen zugelassene Arzneimit- tel in ausreichender Zahl zur Verfügung. Eines der zur Zeit am häufigsten ange- fragten NEM ist CBD-Öl. Hinter diesem Namen verbirgt sich ein unübersichtli- ches Angebot verschiedenster Produkte, die als Inhaltsstoff Cannabidiol aus der Hanfpflanze (Cannabis sativa) in unter- schiedlichen Konzentrationen enthalten. Propagiert werden auf einschlägigen In- ternetseiten und zunehmend auch in der Laienpresse verschiedenste Einsatzgebie- te, wie Migräne, Depressionen, Angstzu- stände, Schlafstörungen usw. Tatsächlich hat Cannabidiol unter an- derem antiepileptische, antiinflammato- rische und anxiolytische Eigenschaften. Das Cannabidiol-haltige Arzneimittel Epi- diolex TM ist in den USA zur Behandlung bestimmter schwerer Epilepsieformen bei Kindern (Dravet-Syndrom, Lennox- Gastaut-Syndrom) zugelassen. Für die meisten anderen propagierten Indikati- onsgebiete gibt es keine hinreichenden Belege. Der Einsatz bei Schlafstörungen ist beispielsweise darauf zurückzuführen, dass Patienten bei der Einnahme von Can- nabidiol von Müdigkeit als unerwünschte Wirkung berichten. Über die Auswirkun- gen auf die Schlafqualität ist jedoch nichts bekannt. Unterscheiden muss man CBD-Öle von Hanföl, das aus Hanfsamen gepresst und als Speiseöl verwendet wird und kei- ne Cannabinoide enthält, sowie von THC-, Cannabis- oder Haschisch-Öl, die hohe Mengen des psychoaktiven und daher dem Betäubungsmittelrecht unterliegen- den Cannabinoids Tetrahydrocannabinol enthalten. Bei CBD-Ölen ist die Rechtsla- ge sehr unübersichtlich: Cannabidiol fällt zwar wegen der fehlenden Rauschwirkung nicht unter das Betäubungsmittelrecht, CBD-Öl

Gattung Monascus (Abb. 1). Bei der Fermentierung entstehen ne- ben den namensgebenden roten Pigmen- ten verschiedene Substanzen aus der Klas- se der Monacoline, wobei Monacolin K der Hauptvertreter ist. Produkte mit Rotem Reis werden als „natürliche Cholesterin- senker“ beworben, die anders als die „che- mischen“ Statine den Cholesterinspiegel völlig nebenwirkungsfrei und gefahrlos senken sollen. Tatsächlich ist eine rele- vante cholesterinsenkende Wirkung zu erwarten, denn beim Hauptinhaltsstoff Monacolin K handelt es sich um nichts An- deres als den verschreibungspflichtigen Arzneistoff Lovastatin. Daraus ergibt sich selbstverständlich, dass die Anwendung mitnichten „nebenwirkungsfrei“ ist, son- dern dieselben potenziellen Risiken birgt wie die Einnahme jedes anderen Statins. Von interessierter Seite wird gerne darauf hingewiesen, dass für Produkte mit min- destens 10mg Monacolin K pro Tages- dosis der Health Claim „Monacolin K aus Rotschimmelreis trägt zur Aufrechterhal- tung eines normalen Cholesterol-Spiegels im Blut bei“ von der europäischen Lebens- mittelbehörde EFSA genehmigt wurde. 2 Das trifft zwar zu, ist aber keinesfalls gleichbedeutend mit einer Genehmigung des Inverkehrbringens und greift nur dann, wenn das Produkt im jeweiligen Mitgliedsstaat als Lebensmittel einge- stuft ist. Das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) haben Rot- schimmelreis-Präparate mit einer emp- fohlenen Tagesdosis von mehr als 5mg Monacolin K jedoch bereits 2016 als nicht zugelassene und damit nicht verkehrsfähi- ge Arzneimittel eingestuft. 3 Dass entspre- chende Präparate immer noch problemlos verfügbar sind, ist eines der dramatischs- ten Beispiele für die völlige unzureichen- de Regulierung des Handels mit NEM. Für Marktrücknahmen in diesem Bereich sind nicht Bundesbehörden wie BVL und BfArM zuständig, sondern die Lebens- mittelüberwachungsbehörden der ein- zelnen Bundesländer. Damit diese jedoch eingreifen können, müssen die auf dem Markt befindlichen Monacolin-K-haltigen Rotschimmelreis-Präparate zunächst von der Arzneimittelüberwachungsbehörde des Bundeslandes, in dem der jeweilige Hersteller bzw. Vertreiber seinen Sitz hat,

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