Fortbildung aktuell [ Das Journal ] 2/2019

DR. JULIA PODLOGAR

ABBILDUNG 2: Getrocknete Goji-Beeren

hervorzuheben ist die offenbar gute Ver- träglichkeit von Cannabidiol.

Goji-Beeren

Goji-Beeren sind die rötlichen Früchte des Gemeinen oder des Chinesisichen Bocks- horn (Lycium barbarum, Lycium sinense) (Abb. 2). Nach der Traditionellen Chinesischen Medizin werden sie bei Erkrankungen ein- gesetzt, die mit einer Schwächung des Yin einhergehen; hierzu gehören beispielswei- se Sehschwäche, Kopfschmerzen und vor- zeitiges Altern. Zunehmend werden Goji- Produkte auch in Europa als sogenanntes „Superfood“ beworben, wobei neben den Beeren, Tees und Säften auch NEM mit Goji angeboten werden. Auf einschlägi- gen Internetseiten wird die Goji-Beere als „Königin der Superfoods“ angepriesen, die unter anderem potenzfördernd und stim- mungsaufhellend wirke, beim Abnehmen helfe und vor vorzeitigem Altern schütze. 7 Tatsächlich weisen die enthaltenen Pro- teoglykane ein gewisses antioxidatives Potenzial auf, die postulierten Wirkungen sind jedoch nicht durch wissenschaftli- che Daten belegt. Stattdessen geht von Goji-Produkten ein nicht unerhebliches Gefährdungspotenzial aus: Der Verzehr kann die antikoagulative Wirkung von Vitamin-K-Antagonisten verstärken. In der Literatur existieren zahlreiche Fallberichte über INR-Erhöhungen (INR = International Normalized Ratio) und teils lebensbedroh- liche Blutungsereignisse bei gleichzeitiger Einnahme von Coumarinen und Goji-Pro- dukten. 8 Die zugrundeliegenden Mecha- nismen sind unklar; neben einer Wirkver- stärkung der Vitamin-K-Antagonisten ist auch eine eigene antikoagulative Wirkung ist denkbar, was auch für Gesunde rele- vant wäre. Weiterhin ist bedenklich, dass in verschiedenen Präparaten hohe Pesti- zid-Belastungen gefunden wurden und Goji-Produkte, die zur Potenzsteigerung beworben wurden, zum Teil mit Sildenafil gepanscht waren. 9

Foto: ©nadisja – stock.adobe.com

Arthrosepatienten liege ein Schwefel- mangel vor, der durch MSM ausgeglichen werden müsse, ist nicht haltbar. Für MSM wurde der beantragte Health Claim „trägt zur normalen Gelenkfunktion bei“ von der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA abgelehnt. Bezeichnungen oder Aufma- chungen, die einen Bezug zu Gelenken herstellen, sind unzulässig. 11 Zwar exis- tieren einige kleinere Humanstudien zum Einsatz von MSM bei Arthrose, die eine gewisse Schmerzreduktion und Funkti- onsverbesserung festgestellt haben. 12 Allerdings waren die Effekte sehr gering und es ist unklar, ob sie im Alltag eine klini- sche Relevanz haben. Außerdem liefen die Studien über relativ kurze Zeiträume von zwölf bis 24 Wochen. Ob eine Langzeitein- nahme von MSM negative gesundheitli- che Auswirkungen hat, ist nicht bekannt. Bei kurzzeitiger Anwendung wurde von allergischen Reaktionen und gastrointes- tinalen Beschwerden berichtet. Nicht mit MSM zu verwechseln ist der zu- weilen geforderte „anorganische Schwe- fel“. Hierbei handelt es sich um elemen- taren Schwefel zur oralen Einnahme, dem nach dem Weltbild eines gewissen Dr. Probst vielfältige gesundheitliche Wun- derwirkungen zugeschrieben werden. Un- ter anderem soll es zur „Darmsanierung“ eingesetzt werden. 13 Die zu erwartende Anorganischer Schwefel

oft eine zweite mit einer verdünnten Säu- re dabei – entsteht hieraus das ätzende und umweltgefährliche Chlordioxid, das im Normalfall als industrielles Desinfek- tionsmittel eingesetzt wird. Früher wur- de es in der Lebensmittelindustrie zum Bleichen von Mehl verwendet, ist jedoch mittlerweile aufgrund von im Tierversuch beobachteter, nephrotoxischer Wirkun- gen verboten. Auf einschlägigen Inter- netseiten wird bei oraler Einnahme eine Heilwirkung bei HIV, Krebs, Hepatitis, Au- tismus und zahlreichen anderen Krank- heitsbildern versprochen. Es versteht sich von selbst, dass diese Angaben in keinster Weise belegt sind und von der Verwen- dung von MMS aufgrund der klar gesund- heitsschädlichenWirkung – berichtet wird beispielsweise über Erbrechen, Diarrhoen, Schmerzen und Verätzungen – ganz drin- gend abgeraten werden muss. 10 Die Anwendung von NEM mit Methyl- sufonylmethan (MSM) wird vor allem bei Gelenkerkrankungen wie Arthrose propagiert. Tatsächlich ist Schwefel als Bestandteil der Aminosäuren Methionin und Cystein für zahlreiche physiologi- sche Vorgänge essenziell, allerdings sind Schwefelmangelzustände in Industrielän- dern nicht bekannt. Grundsätzlich besteht also kein Bedarf zur Supplementation. Die gelegentlich anzutreffende Aussage, bei MSM („Organischer Schwefel“)

MMS (Miracle Mineral Supplement)

Beim sogenannten Miracle Mineral Sup- plement (MMS) handelt es sich um Natri- umchlorit (NaClO 2 ). Durch Ansäuern – bei im Internet angebotenen Produkten ist neben einer Flasche mit Natriumchlorit

AKWL Fortbildung Aktuell – Das Journal / 13

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