Fortbildung aktuell [ Das Journal ] 2/2019

NAHRUNGSERGÄNZUNGSMITTEL

TABELLE 1: Ausgewählte Studien mit Hinweisen auf ein erhöhtes Krebsrisiko durch die Einnahme von Supplementen 24-28 Mikronährstoff-Supplement Prävalenz-Anstieg Studie

jungen Frauen nur erfolgen, wenn dieser ärztlich diagnostiziert wurde. In Bezug auf Vitamin D gelten für Schwangere und Stillende dieselben Zufuhrempfehlungen wie für die Allgemeinbevölkerung (20 μg = 800 I.E. pro Tag bei fehlender endogener Synthese). Wird der Bedarf weder durch die Nahrung (im Schnitt 2-4 μg/d) noch durch regelmäßigen Aufenthalt im Freien gedeckt – in den Sommermonaten gelten bei hellem Hauttyp fünf bis zehn Minu- ten pro Tag in den Mittagsstunden mit unbedecktem Gesicht und Armen ohne Sonnenschutz als ausreichend – oder liegt ein dunkler Hauttyp vor, sollte Vitamin D supplementiert werden. Die Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren (200mg Docosahe- xansäure pro Tag) wird für Schwangere empfohlen, die nicht regelmäßig fetten Seefisch verzehren, da die Einnahme das Risiko für Frühgeburten senkt. 21 Vor allem für vegan lebende Schwangere ist die Einnahme eines Vitamin-B 12 -Präparats (4 μg/d) oder der Verzehr entsprechend angereicherter Lebensmittel zwingend erforderlich; die adäquate Versorgung mit Vitamin B 12 ist über eine rein pflanzliche Kost nicht möglich. Trotz des nachvollziehbaren Wunsches vieler onkologischer Patienten, über die konventionelle Therapie hinaus aktiv et- was für ihre Genesung zu tun, gelten für Krebspatienten im Prinzip dieselben Emp- fehlungen zur Versorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen wie für Gesunde. Fak- tisch sind jedoch auch wegen der bei Tu- morpatienten häufigenMangelernährung Defizite an einzelnen Mikronährstoffen nicht selten. Eine pauschale Supplemen- tierung zum Beispiel mit Multivitaminprä- paraten ist allerdings nicht zielführend; stattdessen sollten Mangelzustände ärzt- lich diagnostiziert und spezifisch beho- ben werden. Große Vorsicht ist bei dem von unseriösen Beratern zuweilen emp- fohlenen Einsatz von Antioxidanzien wie Vitamin C, Selen und Grüntee-Extrakt begleitend zu Chemo- und Strahlenthera- pie geboten: Zwar wurde tatsächlich ver- einzelt die versprochene Abschwächung der unerwünschten Wirkungen beschrie- ben, dasselbe gilt jedoch auch für die er- wünschte antitumorale Wirkung. Nahrungsergänzungsmittel bei Krebs

Prostata-Ca Colorektal-Ca

SELECT 24

Vitamin E

Cochrane 25

Selen

Prostata-Ca, Hautkrebs SELECT 26

Vitamin B6, Vitamin B12

Bronchial-Ca Bronchial-Ca

VITAL 27 CARET 28

Beta-Carotin

Magen-Ca

Cochrane 25

In Bezug auf die Krebsprävention gibt es keine klare Evidenz dafür, dass die Ein- nahme bestimmter Vitamine oder Mi- neralstoffe das Erkrankungsrisiko senkt, daher wird sie von internationalen Fach- gesellschaften übereinstimmend nicht empfohlen. 22,23 Stattdessen wurde in ein- zelnen Studien sogar eine erhöhte Präva- lenz verschiedener Krebsarten bei Einnah- me bestimmter Mikronährstoffpräparate beschrieben (vgl. Tab. 1). 1 Richtlinie 2002/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Juni 2002 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mit- gliedstaaten über Nahrungsergänzungsmittel 2 EFSA-Gremium für diätetische Produkte, Er- nährung und Allergien (NDA). The EFSA Journal, 11(2):3084, 2013 3 Stellungnahme der Gemeinsamen Exper- tenkommission BVL/BfArM Einstufung von Rotschimmelreisprodukten, 02/2016 4 Podlogar J, Smollich M: Das Red-Rice-Risiko. Deutsche Apotheker Zeitung 2016(24):8-12 5 Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebens- mittelsicherheit, Stellungnahme, 3/2019 6 „Verkaufsverbot von CBD-haltigen Lebensmit- teln und Kosmetika“, Erlass des österreichi- schen Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz vom 6.12.2018 7 www.goji-beere.info, abgerufen am 12.2.2019 8 Flügge I. Mögliche Interaktion zwischen Vita- min-K-Antagonisten und der Goji-Beere – Risiko von INR-Erhöhung und schweren Blutungsereig- nissen. Bundesinstitut für Arzneimittel- und Medizinprodukte und Paul-Ehrlich-Institut. Bulletin zur Arzneimittelsicherheit 2013;1:13-17 9 Gute Pillen, schlechte Pillen: Gepanschtes: Sabotage oder kriminelle Energie. GPSP 3/2013, S. 27 10 Bundesinstitut für Risikobewertung: BfR rät von der Einnahme des Produkts „Miracle Mineral Supplement“ („MMS“) ab. Stellungnahme Nr. REFERENZEN & LITERATUR

SERIÖSE INTERNETQUELLEN ZU NAHRUNGSERGÄNZUNGSMITTELN Seriöse und wissenschaftlich fundierte Informationen zu Nah- rungsergänzungsmitteln finden Sie im Internet frei zugänglich bei folgenden Angeboten: • Medizin Transparent (www.medi- zin-transparent.at), eine Initiative von Cochrane Österreich, • Klartext Nahrungsergänzung (www.klartext-nahrungsergaen- zung.de), ein Angebot der Verbrau- cherzentrale, • www.ernaehrungsmedizin.blog, ein unabhängiges Fachblog zu ernäh- (www.ods.od.nih.gov/factsheets/ list-all/), bietet Faktenblätter über Nahrungsergänzungsmittel für Fachleute (Health Professional Fact Sheets) und Verbraucher (Consumer Fact Sheets). rungsmedizinischen Themen, • Office of Dietary Supplements 025/2012 des BfR vom 2. Juli 2012 11 J Consum Prot Food Saf (2017) 12: 89. https:// doi.org/10.1007/s00003-017-1095-z 12 Debbi et al : Efficacy of methylsulfonylmethane supplementation on osteoarthritis of the knee: a randomized controlled study. BMC Comple- ment Altern Med. 2011 Jun 27;11:50 13 http://www.dr-probst.com/die-dr-probst- methode/, abgerufen am 12.2.2019 14 EFSA Panel on Dietetic Products, Nutrition and Allergies (NDA); Scientific Opinion on the sub- stantiation of health claims related to various food(s)/food constituent(s) claiming mainte- nance of normal blood glucose concentrations EFSA Journal 2010; 8(2):1490. 17 pp. 15 Ströhle A, Hahn A: Kritische Mikronährstoffe bei

veganer Ernährung: ein Update. Medizinische Monatsschrift für Pharmazeuten 2018;3:113-121

16 / AKWL Fortbildung Aktuell – Das Journal

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