Fortbildung aktuell [ Das Journal ] 2/2019

TRINKNAHRUNGEN UND SUPPLEMENTE

Trinknahrungen und Supplemente Eine Übersicht mit Empfehlungen für die Praxis

Neben dem offensichtlichen Ernäh- rungsproblem Übergewicht ist in den letzten Jahren zunehmend die Man- gelernährung als Problem in den Fo- kus gerückt. Besonders Menschen mit onkologischen Erkrankungen, Pa- tienten vor und nach schweren Ope- rationen, aber auch hoch betagte multimorbide Senioren sind häufig mangelernährt. Sofern die natürliche, orale Ernährung nicht ausreichend ist, kann sie durch Trinknahrungen und Supplemente optimiert werden. Die Lebensqualität des Patienten und sei- ne Funktionalität werden dadurch er- halten bzw. verbessert und Morbidi- tät und Mortalität werden reduziert. Ein schlechter Ernährungszustand darf aber nicht als unvermeidlich ge- sehen, sondern muss frühzeitig er- kannt und behandelt werden. Zum Randsortiment in Apotheken gehö- ren auch diätetische Lebensmittel. In den letzten Jahren ist es nicht nur für die Be- hörden zunehmend schwieriger gewor- den, in jedem Fall eine klare Abgrenzung zwischen Lebensmitteln, diätetischen Lebensmitteln, Nahrungsergänzungsmit- teln und Arzneimitteln vorzunehmen. Im folgenden Artikel soll eine Übersicht der im Handel verfügbaren Trinknahrungen und Supplemente gegeben werden. Diese werden in die Gruppe der Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke oder bilanzierten Diäten eingereiht. 1 Seit dem 22. Februar 2019 gilt eine spe- zielle delegierte Verordnung, 2 mit der die Vorgaben für Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten) strenger reglementiert werden. Schon vor einigen Jahren wurde der Rechtsrah- men für diätetische Lebensmittel in der EU neu gestaltet. Am 20. Juli 2016 hat die Verordnung (EU) Nr. 609/2013 die vorhe- rige Diätrahmenrichtlinie der EG ersetzt. Das Konzept der Lebensmittel für eine besondere Ernährung (Diätetische Le- bensmittel, dietetic food) wurde aufge- löst und durch „Lebensmittel für spezielle Verbrauchergruppen“ (Foods for specific groups, FSG) ersetzt. In dieser Verordnung

Matthias Bauer (Freudenberg) leitet seit 2008 die PTA-Fach- schule Siegen.

Matthias Bauer

bedingten Nährstoffbedarf haben. Bilan- zierte Diäten enthalten entweder Stan- dard- oder für bestimmte Krankheiten oder Störungen angepasste Nährstoff- formulierungen. Sie werden unterteilt in vollständig bilanzierte Diäten, die eine ausschließliche Ernährung mit dieser Nah- rung erlauben und in ergänzende bilan- zierte Diäten, sogenannte EbD, die nicht als alleinige Nahrungsquelle geeignet sind. Zusätzlich zu den Vorgaben der Verord- nung (EU) Nr. 609/2013 und anderer le- bensmittelrechtlicher Vorschriften, wie der Lebensmittelinformationsverordnung (EU) Nr. 1169/2011 existieren in der seit einigen Wochen gültigen, delegierten Ver- ordnung (EU) 2016/128 im Artikel 5 Ab- satz 2 einige besondere Kennzeichnungs- vorschriften. Es muss angeben sein: „Zum Diätmanagement bei…“ ergänzt durch die Krankheit, die Störung oder die Beschwer- den, für die das Produkt bestimmt ist. Der Hinweis, dass das Produkt unter ärztlicher Aufsicht zu verwenden ist, muss aufge- bracht sein. Die Angabe, ob das Produkt als einzige Nahrungsquelle geeignet ist und ggf. auch die Information, dass das Er- zeugnis für eine bestimmte Altersgruppe bestimmt ist, darf nicht fehlen. Unter Um- ständen sind Hinweise auf Vorsichtsmaß- nahmen, Kontraindikationen und Anwei- sungen für die sachgerechte Zubereitung, Verwendung und Lagerung des angebro- chenen Behältnisses auf der Verpackung aufgeführt. Besonders erwähnenswert ist die Tatsache, dass nährwert- und ge- sundheitsbezogene Angaben gemäß der

sind aufgeführt Lebensmittel für Säuglin- ge und Kleinkinder (Säuglingsanfangsnah- rung und Folgenahrung sowie Getreide- beikost und andere Beikost), Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bi- lanzierte Diäten, Foods für special medical purposes, FSMP) und Tagesrationen für eine gewichtskontrollierende Ernährung. Für bestimmte Verbrauchergruppen fin- den sich bereits in dieser Verordnung ein- zelne, allgemeine Anforderungen an die Zusammensetzung und die Informationen der Lebensmittel. Die Europäische Kom- mission hat zu dieser Verordnung zwei ge- sonderte, delegierte Rechtsakte erlassen, in denen auch Einzelheiten geregelt sind. Die erste Verordnung (EU) 2016/127 be- zieht sich auf Säuglings- und Anfangsnah- rung, die weitere delegierte Verordnung (EU) 2016/128 betrifft die Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke. Sie hat die üblichen bilanzierten Diäten zum Gegenstand und ist seit dem 22. Februar 2019 gültig. Die Verordnung, die sich auf bilanzierte Diäten für Säuglinge bezieht, gilt erst ab dem 22. Februar 2020. Lebensmittel für besondere medizini- sche Zwecke (bilanzierte Diäten) sind auf besondere Weise verarbeitet oder formu- liert. Sie sind für das Diätmanagement von Patienten gedacht, die gewöhnliche Le- bensmittel oder bestimmte darin enthal- tene Nährstoffe oder ihre Stoffwechsel- produkte nur eingeschränkt oder nicht in gewohnter Weise aufnehmen, verdauen, verstoffwechseln oder ausscheiden kön- nen, oder die einen sonstigen medizinisch

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