Fortbildung aktuell [ Das Journal ] 2/2019

MATTHIAS BAUER

TABELLE 6:

BMI, Wadenumfang, Oberarmumfang), körperliche Untersuchung, ggf. Laborpa- rameter und ein Protokoll über die aufge- nommene Nahrungsmenge geben erste Anhaltspunkte zur Therapie. Mögliche Folgen einer Mangelernährung sind in Ta- belle 7 aufgelistet. Zum therapeutischen Nutzen von Trink- und Zusatznahrung liegen mehr als 200 klinische Studien und eine zweistellige Zahl an Metaanalysen vor. Beispiele sind die Senkung der Komplikationsraten und der Mortalität. 10 Die heutigen OBD sind in den unterschiedlichsten Geschmacks- varianten erhältlich (neutral, süß, milchig- fruchtig, fruchtig, pikant), in über zwanzig Geschmacksrichtungen. In der Regel sind verschiedene Konsis- tenzen verfügbar: pulverförmig, flüssig, pudding-, joghurt-, honigartig oder als Riegel. Die bilanzierten Diäten enthalten für ausschließliche Ernährung alle erfor- derlichen Proteine, Kohlenhydrate, Fette, Vitamine, Mineralien und Spurenelemen- te. Als kohlenhydrathaltiger Energieträger wird meist Maisstärke verwendet. Diese wird meistens einer Hydrolyse unterzo- gen, so dass Gemische aus Mono-, Di- Oli- go- und Polysacchariden vorliegen und zusätzlich Maltodextrine. Der Fettanteil besteht aus hochwertigen, pflanzlichen Ölen mit den verschiedenen einfach- und mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Eini- ge spezielle Produkte enthalten zusätzlich Fischöle mit Omega-3-Fettsäuren oder mittelkettige Triglyceride (MCT-Fette). Mögliche Proteinquellen sind vorwiegend Milch- und Sojaeiweiß sowie hydrolysier- tes Molkeneiweiß oder Casein. Was die Energiedichte betrifft, so lassen sich iso-/ normokalorische Kost mit einem Energie- gehalt von 1 kcal/ml und hochkalorische Kost mit einer Energiedichte von 1,5 bis Eigenschaften und Vorteile der OBD

2,5 kcal/ml unterscheiden. Normokalori- sche Diäten werden in der Praxis seltener verwendet. Zum Einsatz kommen sie eher im Rahmen eines Kostaufbaus nach Ope- rationen oder einer Karenzphase. Hyper- kalorische Produkte finden häufiger Ver- wendung und zwar bei Indikationen mit einem hohen Energiebedarf, wie der Man- gelernährung. Wegen ihrer hohen Ener- giedichte kann mit diesen Diäten Subs- tratvolumen eingespart werden und da- mit die Volumenbelastung, beispielsweise bei Erkrankungen wie der Herzinsuffizi- enz, reduziert werden. Eine Differenzierung der Produkte ist auch aufgrund des Ballaststoffgehaltes möglich. Im Handel werden ballaststoff- freie, -arme und -reiche Nahrungen an- geboten. Zum Einsatz kommen Pektin, Inulin und Oligofruktose und Cellulose. Nahrungen ohne oder mit sehr wenigen Ballaststoffen sind zu empfehlen bei ei- nem postoperativen Kostaufbau und bei akuten gastrointestinalen Problemen, zum Beispiel im akuten Schub chronisch- entzündlicher Darmerkrankungen. Liegen solche Kontraindikationen nicht vor, sollte aufgrund der zahlreichen Vorteile der Bal- laststoffe eine ballaststoffreiche Nahrung (30 g/1000 kcal) zum Einsatz kommen. Die meisten Produkte sind laktosefrei, d. h. sie besitzen in 100 ml weniger als 0,01g Laktose. Der Laktosegehalt bei laktosear- men Präparaten liegt bei < 1 g/100 ml. Auch die Osmolarität der Nahrungen spielt eine wichtige Rolle. Bei Trinknah- rungen ist eine Osmolarität von 500 bis 650 Milliosmol pro Liter noch tolerabel. Höhere Osmolaritäten können Diarrhöen auslösen. Alle Produkte sind glutenfrei. Die Tetrapaks und Kunststoffgefäße wer- den heute in angenehmer Portionsgrö- ße, mit teilweise integriertem Trinkhalm angeboten. Eine Hilfe zur Abschätzung des Ener- gie- und Nährstoffbedarfs liefern zu- nächst die D-A-CH Referenzwerte der Er- nährungsfachgesellschaften. Zur Relation der energieliefernden Nährstoffe ist zu sa- gen, dass etwa 50 bis 55 Prozent der Ener- gie aus Kohlenhydraten stammen sollen, 30 Prozent des Gesamtenergiebedarfs aus Fetten und 15 Prozent aus Proteinen. Zur Abschätzung des Energiebedarfs ist der jeweilige Grundumsatz mit sogenannten PAL-Werten (physical-activity-level) zu multiplizieren. Ein PAL-Wert von 1,2 trifft

umso erstaunlicher, als ihre Lebenssitu- ation meist in gewohnten Bahnen ge- blieben war. Bei mehr als 70 Prozent der alten Menschen bereiteten Angehörige die Mahlzeiten zu, etwa zwei Drittel aßen überwiegend in der Gesellschaft. 9 Es gibt keine international einheitliche Definition für den Begriff „Mangelernäh- rung“. Nach der Leitlinie der DGEM – Kli- nische Ernährung in der Geriatrie, können die in Tabelle 6 genannten Parameter bei der Erkennung helfen. Um eine Malnutrition sinnvollerweise frühzeitig zu erfassen, stehen verschie- dene Screeningverfahren zur Verfügung. Folgende Verfahren sind gebräuchlich: Nutrition Risk Screening (NRS 2002), Sub- jective Global Assessment (SGA) und Mal- nutrition Universal Screening Tool (MUST). Für Ältere, zum Beispiel in Pflegeheimen, wird das Mini Nutritional Assessment (MNA) empfohlen. Mit dem MNA lässt sich das Mangelernährungsrisiko beim gebrechlichen älteren Menschen bereits in einem sehr frühen Stadium erkennen, denn es werden nicht nur Fragen zur re- duzierten Essensmenge, zum Gewichts- verlust, zum BMI und zu den Krankheiten gestellt, sondern noch weitere, in der Ger- iatrie wichtige Risikofaktoren abgefragt, wie Immobililtät, psychische und kogni- tive Störungen. Das MNA in seiner Kurz- form dient nur zur Erhebung der Mangel- ernährung. Stellt sich durch das Screening eine Mangelernährung heraus, sind wei- tere Untersuchungen nötig. Anthropo- metrische Messungen (Größe, Gewicht, Mangelernährung kann entstehen, wenn · die Nahrungsmenge anhaltend deutlich reduziert ist (ca. < 50 Prozent des Bedarfs für mehr als 3 Tage) oder · mehrere Risikofaktoren gleichzeitig vorhanden sind, die entweder die Essmenge reduzieren oder den Energie- und Nährstoffbedarf nennenswert erhöhen (zum Beispiel Kau- oder Schluckstörungen, neuropsychologische Probleme, akute Krankheiten) Parameter zur Erkennung von Mangel- ernährung laut Leitlinie DGEM – Klini- sche Ernährung in der Geriatrie Mangelernährung: · Unbeabsichtigter, bedeutender Gewichtsver- lust von: > 5 Prozent in 3 Monaten oder > 10 Prozent in 6 Monaten oder · deutlich reduzierte Fett- und Muskelmasse bzw. BMI < 20 Risiko für Mangelernährung:

TABELLE 7:

Folgen der Mangelernährung Mortalität ↑ Krankenhausverweildauer ↑ Morbidität ↑

· (Wundheilung ↓ , Druckulcera ↑ , Infektionen ↑ , Immunsystem ↓ , Organdysfunktion ↑ , Komplika- tionen ↑ ) Lebensqualität ↓ · Physische und psychische Probleme

AKWL Fortbildung Aktuell – Das Journal / 21

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