Fortbildung aktuell [ Das Journal ] 2/2019

VERENA SCHMIDT

Migräne Leitliniengerechte Therapie und Neues bei der Prophylaxe

Die Migräne ist eine der häufigsten Erkrankungen überhaupt. Mehr als acht Millionen Menschen in Deutsch- land leiden unter den regelmäßig auftretenden Kopfschmerzattacken, Frauen deutlich häufiger als Männer. Das hat auch volkswirtschaftliche Auswirkungen: Nach Berechnungen des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifor aus Darmstadt gehen Deutsch- land durch migränebedingte Fehlzei- ten durchschnittlich 1,9 Millionen Ar- beitsstunden verloren, das kostet die Wirtschaft knapp 150 Milliarden Euro pro Jahr. 1 Das Institut hat die Daten im Auftrag des Pharmaunternehmens Novartis ermittelt. Novartis will mit diesen Zahlen wohl auch den potenziellen Nutzen einer seiner neu- esten Entwicklungen verdeutlichen: Der monoklonale Antikörper Erenumab (Ai- movig®), der den Rezeptor des Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP) blockiert, ist seit November 2018 zur Migräneprophy- laxe auf demMarkt verfügbar. Inzwischen

Verena Schmidt (Frankfurt am Main) studierte Pharmazie in Bonn und volontierte bei der Pharmazeutischen Zeitung. Seit April 2013 ist sie als Redakteurin der Pharmazeuti- schen Zeitung und des PTA-Forums tätig.

Verena Schmidt

Heftige, pochende Schmerzen

hat der CGRP-Antikörper Verstärkung bekommen: Seit April 2019 ist Galcane- zumab auf dem Markt, Mitte Mai folgte Fremanezumab. Welchen Stellenwert die vielversprechenden neuen Wirkstoffe bei der Migräne-Prophylaxe zukünftig ein- nehmen werden und ob sie die Behand- lung gar revolutionieren können, das ist noch ungewiss.

Die Symptome einer Migräne lassen sich im Allgemeinen in der Apotheke relativ leicht von denen anderer Kopfschmerz- typen abgrenzen. Laut der im April 2018 aktualisierten S1-Leitlinie „Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Mi- gräne“ 2 sind die Schmerzen meist hef- tig, häufig einseitig und von pulsierend- pochendem Charakter. Spannungskopf- schmerzen werden dagegen eher als dumpf-drückend oder ziehend beschrie- ben, und sie betreffen meist den ganzen Kopf. Migränekopfschmerzen nehmen bei körperlicher Belastung zu – ein weite- rer Unterschied zu den Spannungskopf- schmerzen. Die einzelnen Migräneatta- cken werden fast immer begleitet von Appetitlosigkeit, bei 80 Prozent der Pati- enten kommt Übelkeit und bei bis zur Hälfte der Patienten Erbrechen hinzu. Ebenfalls recht häufige Begleitsympto- me sind Lichtscheu, Lärmempfindlichkeit und Überempfindlichkeit gegenüber be- stimmten Gerüchen. Eine Attacke dauert nach der Definition der Internationalen Kopfschmerzgesellschaft (IHS) bei Er- wachsenen zwischen 4 und 72 Stunden (Abb. 1). Bei Kindern können die Attacken auch kürzer sein. Bei ihnen sind die Sym- ptome auch häufig untypisch, eine Mig- räneattacke kann bei ihnen sogar ohne

ABBILDUNG 1: Migräneanfälle mit starken Schmerzen und Bettlägerigkeit dauern bis zu drei Tage an.

Foto: ©Prof. Dr. Hartmut Göbel, www.schmerzklinik.de

AKWL Fortbildung Aktuell – Das Journal / 5

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