Blickpunkt Schule 5/2024
Ein Jahr neuer Landes- vorstand im Spiegel seiner Pressemitteilungen November 2023 bis Oktober 2024
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Licht und Schatten Der Hessische Philologenverband zum Eckpunktepapier der neuen Hessenkoalition
PISA-Studie 2023 Wann kippt der schiefe (Bildungs-)Turm endgültig? Wenig überrascht zeigt sich der Hessische Philologenverband (hphv) über die Ergebnisse der neuesten PISA-Studie. »Wenn man sich anschaut, wie mit dem Thema Bildung quer durch die Repu blik seit der ersten Studie Anfang des Jahrtausends umgegangen wurde, wundert einen vielmehr, dass die Öffentlichkeit in dieser Woche über einen weiteren Tiefpunkt noch geschockt ist«, so der Landesvorsitzende Volker Weigand. Ein fortwährendes Aufweichen von Leistungsanforderungen, zu große Klassen, immer mehr Bürokratie im gesamten Bildungssys tem führt nach Ansicht der Philologen immer tiefer in die Ab wärtsspirale, die sich jetzt wieder in der PISA-Veröffentlichung zeigt. Bildung, und somit die Chance auf einen erfolgreichen Ab schluss, kann nur begrenzt und erfolgreich vermittelt werden. Auch das soziale Umfeld muss nach dem Schulunterricht aktiv unterstützen. Dies entbindet allerdings die politisch Verantwortlichen nicht davon, deutlich mehr und konsequenter zu handeln. Die in Hessen bereits eingeführten Vorlaufkurse können nur ein erster Schritt sein, dem weitere folgen müssen. »In der hessischen Lehrkräfte ausbildung kann sicher noch mehr getan werden als das, was be reits angebahnt worden ist«, fordert der hphv-Vorsitzende auch hier zu einer konsequenteren politischen Vorgabe auf. Schülerin nen und Schüler, die gerade in Deutsch und Mathematik nicht den Anschluss halten können und abgehängt werden, sind auch später massiv in jeder Hinsicht benachteiligt. »Es ist geradezu die Schlüsselfrage sowohl für den Einzelnen, aber auch für den zu künftigen sozialen und wirtschaftlichen Wohlstand des Landes, dass jeder gefördert und auch gefordert wird«, konstatiert Volker Weigand und sieht insbesondere die zu erwartende neue Koalition in Hessen in der Pflicht. Vornehmlich die MINT-Fächer sind hierbei über alle Schulformen hinweg von essenzieller Bedeutung. Mehr Zeit für jede einzelne Schülerin und jeden Schüler bedeu tet auch, dass die Klassengrößen schrittweise in dem Rahmen, in dem der Arbeitsmarkt wieder ausreichend neue Lehrkräfte her vorbringt, abgesenkt werden müssen. Zudem sollte die frühkind liche Bildung im Kindergartenalter dringend gestärkt werden. Je größer schon hier die Unterschiede im sprachlichen Niveau der Kinder sind, desto schwieriger wird es an der Grundschule, da im mer heterogenere Lerngruppen unterrichtet werden müssen. »Dies setzt sich dann leider an den weiterführenden Schulen fort und führt zu Versagensängsten und Leistungseinbrüchen auch in den anderen Fächern. Es fehlt an einem sprachlichen Grundge rüst, mit welchem man Hausaufgaben anfertigt, Referate vorbe reitet und Klassenarbeiten schreibt«, analysiert der Vorsitzende des hphv, Weigand, die Lage dort. Es bedarf nach Ansicht des Phi lologenverbandes somit einer umfassenden Kraftanstrengung, um auch über die Bereitstellung der notwendigen finanziellen Mit tel für den Bereich Schule den langjährigen Abwärtstrend zu be enden. Pressemeldung vom 7. Dezember 2023
Der Hessische Philologenverband (hphv) sieht angesichts des Eckpunktepapiers zu den laufenden Koalitionsverhandlungen in Hessen Licht und Schatten. Das Bekenntnis zu einem geglie derten Schulsystem, zur Notengebung und der Möglichkeit der notwendigen Wiederholung einer Jahrgangsstufe ist positiv zu werten. Auch die Ankündigung, weiterhin zusätzliche Lehrer stellen zu schaffen, wird von den Philologen begrüßt, was an gesichts stetig steigender Schülerzahlen auch unerlässlich ist. Deutliche Kritik übt Volker Weigand, Vorsitzender des hphv, an nicht vorhandenen Aussagen zur Besoldung und Entlastung der Lehrkräfte: »Angesichts der massiv gestiegenen Arbeits belastung und immer neuen Herausforderungen, die in den letzten Jahren auf die Schulen und somit auf die einzelnen Lehrkräfte zugekommen sind, ist es überfällig, diese endlich auch wieder verfassungskonform zu bezahlen.« Zudem muss eine klare Aufgabenkritik dringend vorgenommen werden, um zu erkennen, was Schule überhaupt leisten kann. Von Jahr zu Jahr wird immer mehr auf dem Rücken der Lehrerinnen und Lehrer abgeladen, was zulasten des regulären Unterrichts geht. Ständig neue Ideen, wie hier der Ausbau der beruflichen Bildung auch an Gymnasien bereits ab der 7. Klasse, engen den Spielraum in den Stundentafeln und in der Umsetzung der Curricula ein. Zusammenhängende Unterrichtsphasen, die nicht von Projekten und besonderen Veranstaltungen unter brochen werden, gibt es immer seltener: Die Vorbereitung auf Abschlüsse und insbesondere das Abitur werden somit immer schwieriger. Es hat den Anschein, als wird seitens der Politik davon ausgegangen, dass Schule innerhalb von ca. sechs Un terrichtsstunden am Tag alles aufarbeiten kann und soll, was zwar gesellschaftlich relevant, aber nicht zwangsläufig Gegen stand von Schule sein muss. »Die Belastungsgrenze unserer Kolleginnen und Kollegen ist schon längst überschritten«, warnt Weigand. Statt mehr Zeit pro Kind im Unterricht zu ha ben, müssen sich Lehrkräfte immer mehr mit Gewalt an Schu len, Förderplänen, zunehmenden sprachlichen Problemen und, bei weiterhin zu großen Klassen, mit Zusatzaufgaben befas sen. Es fehlt immer mehr an Lehrkräften, die die komplette Ausbildung durchlaufen haben, da der Beruf in vielerlei Hin sicht immer unattraktiver geworden ist. Die Entfristung von Verträgen kann hier kurzfristig zwar helfen, aber nicht eine dauerhafte Lösung sein. »Das Gymnasium wird zwar immer wieder als beliebte Schulform herausgestellt und die Lehrkräf te mit Worten des Lobes bedacht. Jedoch wird es höchste Zeit, hier angemessene und konkrete Entlastung, zum Beispiel für die Durchführung des Abiturs und der Ausweitung der Berufs orientierung auch im gymnasialen Bereich, schnell umzuset zen«, so der Vorsitzende des Philologenverbandes. Pressemeldung vom 1. Dezember 2023
Pressespiegel – ein Jahr neuer Vorstand
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