Blickpunkt Schule 1/2021

Keine Entbindung von der Maskenpflicht in Schulen ohne Attest

D as VG Gießen hat entschie- den, dass Schüler auf dem Schulgelände und während des Präsenzunterrichts weiterhin eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen müssen und die Anordnung zur Vorla- ge eines Attestes bei behaupteten ge- sundheitlichen Beeinträchtigungen durch das Tragen der Maske unbe- denklich ist. Der Antragsteller besucht die 8. Jahrgangsstufe einer im Lahn-Dill- Kreis gelegenen Schule und machte geltend, dass ihn die Pflicht zumTra- gen einer Mund-Nasen-Bedeckung in einer Weise beeinträchtige, die über eine allgemein zumutbare gesund- heitliche Belastung hinausgehe. Er D as VG Berlin hat entschieden, dass ein Schüler nicht allein wegen des Verhaltens seines Vaters gegenüber Schulleitung und Lehrerschaft an eine andere Schule überwiesen werden kann. Der fünfzehnjährige Antragsteller besucht eine Schule in Berlin-Tempel- hof. Seit mehr als zwei Jahren gibt es erhebliche Auseinandersetzungen zwischen dessen Vater und der Schu- le. Der Vater stellte zahlreiche Dienst- aufsichtsbeschwerden, Petitionen, Befangenheitsanträge und Strafan- zeigen. Er erscheint vor der Schule, spricht Schüler und Lehrkräfte an und erstellt Videos, die er auf seiner Face- book-Seite veröffentlicht. Ein Großteil der Lehrkräfte der Schule fühlt sich von demVater des Antragstellers be- droht; die beiden Klassenlehrerinnen und die Schulleiterin waren zwischen- zeitlich dienstunfähig erkrankt. Der Antragsteller selbst weist nach dem Zeugnis des Schuljahres 2019/2020 durchgängig gute bis sehr gute Leis- tungen auf; seine Lern- und Leis-

leide durch die eingeschränkte At- mung infolge des Tragens einer Mund-Nasen-Bedeckung unter ste- chendem Kopfschmerz, Benommen- heit, Konzentrationsverlust und leich- ten Gleichgewichtsstörungen. Alle von ihm angefragten Ärzte hätten ei- ne Attestierung verweigert; er sei aber auch nicht verpflichtet, zur Glaub- haftmachung ein ärztliches Attest vorzulegen. Das VG Gießen hat den Eilantrag abgelehnt. Nach Auffassung des Verwaltungs- gerichts besteht gemäß der Verord- nungen zur Bekämpfung des Coro- navirus in hessischen Schulen grund- sätzlich die Pflicht, eine Mund- tungsbereitschaft, Arbeitshaltung, Zuverlässigkeit, Selbstständigkeit, Verantwortungsbereitschaft, Team- fähigkeit und Verhalten werden mit »sehr ausgeprägt« bewertet. Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie sprach mit sofort vollziehbarem Bescheid vom 23. Ok- tober 2020 die Überweisung des An- tragstellers an eine andere Schule desselben Bildungsgangs aus. Zur Be- gründung berief sie sich auf das ge- störte Verhältnis zwischen Vater und Schulleitung. Die Schule könne ihrem Bildungs- und Erziehungsauftrag in Bezug auf den Antragsteller nicht mehr in gebotenem Maße nachkom- men. Der Schulfrieden sei so nachhal- tig gestört, dass die Situation auch für die Entwicklung des Antragstellers abträglich sei. Der Eilantrag des Antragstellers hatte Erfolg. Nach Auffassung des Verwaltungs- gerichts fehlt es für die Überweisung des Antragstellers an eine anders Schule an einer geeigneten Rechts-

Nasen-Bedeckung – auch während des Präsenzunterrichts – zu tragen. Durchgreifende Zweifel an der Ver- hältnismäßigkeit dieser Masken- pflicht bestünden nicht. Der Antrag- steller habe die von ihm behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigun- gen auch nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Soweit hierfür die Vorlage eines ärztlichen Attests verlangt werde, sei dies grundsätzlich unbe- denklich. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können dagegen binnen zwei Wochen Be- schwerde beimVGH Kassel einlegen. Quelle: Pressemitteilung des VG Gießen vom 17. November 2020 rechtsrelevanz um eine wesentliche Entscheidung, deren Voraussetzungen vomGesetzgeber getroffen werden müssten und die nicht der Schulver- waltung überlassen werden dürfe. Die Überweisung auf eine andere Schule könne nicht als Ordnungsmaßnahme angesehen werden. Denn Vorausset- zung hierfür sei eine Beeinträchtigung der ordnungsgemäßen Unterrichts- und Erziehungsarbeit oder eine Ge- fährdung anderer am Schulleben Be- teiligter durch den Antragsteller selbst, woran es hier fehle. Für eine Zurech- nung des Verhaltens seines Vaters sei kein Raum. Sonstige Rechtsgrundla- gen seien nicht einschlägig. Das Ver- waltungsgericht ließ ausdrücklich of- fen, ob die Schule ggf. Maßnahmen zur Unterbindung von Störungen und zur Aufrechterhaltung des Schulbetriebes gegen den Vaters des Antragstellers selbst richten könne. Quelle: Pressemitteilung des VG Berlin Nr. 62/2020 vom 27. November 2020 grundlage. Bei der Maßnahme handele es sich wegen ihrer erheblichen Grund-

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Kein Schulwechsel bei verhaltensauffälligemVater

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