Blickpunkt Schule 1/2022

beiteten sich an den wenigen »schwarzen Schafen«, die es natür- lich auch gab, und an der Schulleitung mit Beschwerden ab, die in aller Regel bei näherer Betrachtung nicht immer den Tatsachen entsprachen. Ich kann nur feststellen, dass die überwiegen- de Mehrzahl der Kolleginnen und Kol- legen einen den Umständen entspre- chenden sehr guten Job gemacht ha- ben. Nur Dank des hohen Engage- ments war es möglich, den Unterricht und damit die Ausbildung der Schüle- rinnen und Schüler zumindest in Grundzügen sicherzustellen. Gleiches gilt für die Schulleitung. Pläne muss- ten immer wieder angepasst und überarbeitet werden, teilweise imWo- chenrhythmus. Extrem viel Zeit nahm die Auseinandersetzung mit Masken- gegnern, Skeptikern und Querdenkern ein. Dies gilt bis heute. Mit dem Sommer kam die Entspan- nung, der Unterricht konnte wieder aufgenommen werden und die Politik entschied erneut, nahezu alle Schüle- rinnen und Schüler mit der automati- schen Versetzung zu beglücken. Bleibt zu hoffen, dass der Hintergrund dieser Entscheidung nicht vor dem Hinter- grund anstehender Wahlen getroffen wurde. Aus pädagogischer Sicht hielt und halte ich diese Entscheidung zu- mindest an den Gymnasien für abso- lut kontraproduktiv. Um Leistungsdefizite aufzufangen, wurde unter anderem das Programm »Löwenstark« aufgelegt. Grundsätz- lich eine gute Idee. Die Umsetzung al- lerdings erfordert wieder einen enor- men Verwaltungsaufwand. Alle Kräf- te, die hier eingesetzt werden sollen, müssen zunächst von der Schullei- tung selbst gefunden werden. Das ei- gene Personal, das sogar bereit wäre, Förderunterricht im Rahmen des Pro- gramms zu erteilen, darf nicht einge- setzt werden. Die Etablierung von ge- zielten Fördermaßnahmen benötigt Zeit. Alle zur Verfügung gestellten Gelder verfallen zum Jahresende 2021. Ich gehe davon aus, dass erheb- liche Summen so nicht genutzt wer- den. Im Jahr 2022 wird dann vielleicht das dann zur Verfügung stehende Geld nicht reichen. Jetzt warte ich ei-

Schulsozialarbeit. Als Schulleiter habe ich mich oft als Hilfskraft anderer Be- hörden wahrgenommen. Die Meldun- gen an das Gesundheitsamt sind zwar zur Routine geworden, schlucken aber erhebliche Zeit. Gleiches gilt für die diversen Abfragen, die vom Kultusmi- nisterium eingefordert werden. Die nötigen Bestellungen von Testkits und persönlicher Schutzausrüstung müs- sen rechtzeitig vorgenommen werden. Die Testungen der Schülerinnen und Schüler müssen organisiert werden, wobei für fast jede einzelne Klasse mittlerweile ein eigener Testrhythmus zu beachten und umzusetzen ist. Die Lehrkräfte müssen über Änderungen informiert werden. Das Sekretariat hat zwar zusätzliche Stunden bekom- men, was aber wenig nutzt, wenn eine von zwei Stellen nicht besetzt ist und weit mehr als die Zusatzstunden für Arbeiten in Zusammenhang mit Coro- na benötigt werden. Und die Schule selbst. Die läuft, aber Innovationen oder der Aufbruch zu neuen Ufern sollten nicht erwartet werden. Ich selbst habe selbst in Corona- Zeiten gerne in der Schule als Schul- leiter gearbeitet. Die beiden letzten Jahre waren herausfordernd und mit viel psychischer Anspannung verbun- den. Viele Verordnungen musste ich umsetzen, von denen ich nicht immer überzeugt war. Aber ich glaube, dass wir in unserer Schule wegen des ge- meinsamen Engagements bislang gut durch diese große Krise gekommen sind. Wenn dieser Artikel erscheint, werde ich in den Ruhestand versetzt sein, dann werde ich sicher einige Sor- gen weniger haben, aber vermutlich auch weiterhin nicht gänzlich von meiner Schule abschalten können und wollen. Für uns alle hoffe ich, dass wir uns wirklich in der letzten Pandemiewelle befinden, dass sich auch die verblie- benen Millionen Menschen, die noch nicht geschützt sind, schützen lassen

gentlich nur noch auf den Vorwurf, die Schulleitungen seien nicht in der Lage gewesen, das Förderprogramm ange- messen zu nutzen. Es kam übrigens wie es kommen musste: Expertinnen und Experten warnten vor einem erneuten Aufflam- men der Pandemie im Herbst. Maß- nahmen, dies zu verhindern, wurden nicht oder verspätet eingeleitet. Zu allem Überfluss kam dann noch die Omikron-Mutation, die uns zuneh- mend in Atem hält. Ein Hoffnungs- schimmer bleibt, dass diese Mutation zu weniger schweren Fällen in den Kliniken führt. Schön wär’s. Ach ja, Impfstoff haben wir inzwi- schen. Die Lehrkräfte an meiner Schule nutzen diese Möglichkeit, sich selbst und damit andere zu schützen in überwältigender Zahl, alle tragen Masken und halten sich an die gelten- den Bestimmungen. Dies gilt auch für die meisten Schülerinnen und Schüler. Ich finde das gut und danke jeder und jedem, der dazu beiträgt, das Virus zumindest in Schach zu halten. Und wie sieht es mit den Fallzahlen an meiner Schule aus? Nun, ich selbst hatte Corona. Der Verlauf bei mir war mild, ich hatte sehr viel Glück. Aber ich versichere jeder und jedem, schön war diese Erfahrung nicht. Auch milde Verläufe gehen mit Angst einher. Da- mals gab es weder eine Impfung noch Medikamente. Nur wenige Lehrkräfte haben sich bislang angesteckt und hatten ebenfalls milde Verläufe. Bei rund 800 Schülerinnen und Schülern verzeichnen wir bis jetzt rund 50 In- fektionen. Schwere Verläufe sind uns bislang nicht bekannt. Hoffen wir, dass das so bleibt. Klingt doch alles gar nicht so schlimm! Doch! Lehrerinnen und Leh- rer arbeiten seit zwei Jahren an der Belastungsgrenze. Die Schülerinnen und Schüler werden zwar beschult, aber all das, was Schule auch und we- sentlich ausmacht, das soziale Leben, Klassenfahrten, Ausflüge, Konzerte, Theateraufführungen und hem- mungsloses Toben bleibt ihnen ver- wehrt. Psychische Probleme häufen sich, Suizidgedanken sind häufiges Thema von Beratungsgesprächen der

Klartext

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oder zumindest ungeimpft kein schlimmes Schicksal erleiden.

SCHULE

Tun wir alles, damit wir selbst und unsere Gegenüber gesund bleiben. Christof Ganß

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