Blickpunkt Schule 1/2022

hielten die Anweisung, diese Anord- nung sofort zurückzunehmen, da sie in den entsprechenden Verordnungen nicht vorgesehen sei. Maskentragen im Unterricht wurde als unzumutbar ausgeschlossen. Die schriftlichen Abiturprüfungen fanden während der Schulschließung statt. Hygienekonzepte mussten von den Schulleitungen entsprechend überarbeitet und umgesetzt werden, Gleiches galt später für die münd- lichen Prüfungen. Beides bedeutete einen erheblichen organisatorischen Mehraufwand. Mit den höheren Temperaturen nach Ostern kam auch eine Entspan- nung in den Schulen, das Schuljahr konnte zu Ende geführt werden, alle Schülerinnen und Schüler wurden un- abhängig von ihrem Leistungsstand und ihrem Leistungswillen in die nächste Jahrgangsstufe versetzt und sogar zur gymnasialen Oberstufe zu- gelassen. Diese politische Setzung stieß bei vielen Kolleginnen und Kolle- gen auf völliges Unverständnis. Ich selbst sah darin ein Danaergeschenk. Von den angebotenen freiwilligen Rücktritten machte an unserer Schule niemand Gebrauch. Mit dem neuen Schuljahr stieg die Hoffnung auf Impfstoffe. Dass diese nicht ein Aufflammen der Pandemie nach dem Sommer verhindern wür- den, mahnten die meisten führenden Virologen und Pandemie-Experten. Die wenigsten wollten dies hören. Der Sommer schien diese Annahme Lügen zu strafen. Nach den Herbstferien wurde rasch klar, dass die nächste Welle der Pandemie unaufhaltsam bevorstand. Das Kultusministerium versicherte, dass bei möglichen Schulschließungen die Schulen ge- rüstet seien, den Unterrichtsbetrieb online aufrechtzuerhalten. Die Schu- len erhielten ständig neue Anweisun- gen zum Umgang mit der Pandemie, meist Donnerstag- oder gar Freitag- nachmittag, mit der Maßgabe, die An- ordnungen ab dem folgenden Montag umzusetzen. Im Dezember folgte ein langer Lockdown der Schulen, für den diese keineswegs gerüstet waren. Unter-

richt unter Pandemiebedingungen bedeutete Materialversand über das Schulportal, zu dem viele Schülerin- nen und Schüler nur bedingt Zugang hatten, weil sie nicht über die nötige Infrastruktur verfügten. Selbst wenn die Haushalte einen Internetzugang hatten, waren bei mehreren Ge- schwistern nur selten genügend Ge- räte vorhanden. Über Drucker und Scanner verfügten nur wenige Haus- halte. Die Schulleitung organisierte in dieser Zeit die Verteilung von iPads®, die aber nur bedingt für den Online-Unterricht geeignet sind. Die Lehrkräfte setzten Ihre privaten Ge- räte ein, da das Land keine digitalen Endgeräte zur Verfügung gestellt hatte und immer noch nicht zur Ver- fügung stellt. Die derzeit ausgeteil- ten iPads® oder Laptops sind Leih- geräte der Schulträger, die in ihrer Funktion eingeschränkt sind und teilweise nicht einmal dazu berechti- gen, Noten oder andere Schülerda- ten zu speichern. Die technische Ausstattung der Schulen hatte sich nach einem Jahr nur selten verbessert, was nicht ver- wundert, da Versäumnisse von einem ganzen Jahrzehnt so schnell nicht aufgeholt werden können. Allerdings fühlte ich mich schon seltsam be- rührt, als der Kultusminister vollmun- dig versprach, dass alle Schülerinnen und Schüler, die nicht die Schule be- suchen konnten, online in den Unter- richt zugeschaltet werden würden. Die Auseinandersetzungen mit der El- ternschaft meiner Schule war damit vorprogrammiert. Es war für die Eltern nicht nachvollziehbar, dass unsere Schule nicht in der Lage war, das Ver- sprechen des Ministers einzulösen. Die Eltern glaubten einfach nicht, dass unsere Schule (übrigens bis heu- te) weder über ein LAN noch ein WLAN verfügt, geschweige denn über Kameras und anderes nötiges Equip- ment, das für einen Online-Unterricht nötig wäre. Die Lehrkräfte gaben ihr Bestes und arbeiteten häufig bis in die Nacht, um ihre Schülerinnen und Schüler zu un- terstützen. Von nur wenigen Eltern wurde dies honoriert. Einige ar- >>

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73. Jahrgang | ISSN 0723-6182 Verleger: Hessischer Philologen- verband e.V. Die Zeitschrift »BLICKPUNKT SCHULE« des Hessischen Philologenverbandes erscheint fünfmal im Jahr 2022. Der Hessische Philologenverband ist der Gesamtverband der Lehre- rinnen und Lehrer an den Gymna- sien in Hessen sowie der an ande- ren Schulformen tätigen Philolo- gen. Er ist der Fachverband im Deutschen Beamtenbund, Lan- desbund Hessen (dbb), er ist dem Deutschen Lehrerverband Hessen (dlh) und durch den Deutschen Philologenverband (DPhV) dem Deutschen Lehrerverband (DL) angeschlossen. Für den Inhalt verantwortlich: Der Vorstand des Hessischen Philologenverbandes. Chefredaktion: Christof Ganß (V.i.S.d.P.) Dr. Iris Schröder-Maiwald Mail: blickpunkt-schule@hphv.de Mit dem Namen der Verfasser gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Hessischer Philologenverband e.V. Geschäftsstelle: Schlichterstraße 18 Mail: hphv@hphv.de Web: www.hphv.de Bank: Volksbank Odenwaldkreis BIC: GENODE51 MIC IBAN: DE30 5086 3513 0004 3579 73 Der Verkaufspreis ist durch die Mitgliedsbeiträge abgegolten. Verlag und Anzeigenverwaltung: Pädagogik & Hochschulverlag Graf-Adolf-Straße 84 40210 Düsseldorf Tel.: 0211 3558104 Fax: 0211 3558095 Mail: dassow@dphv-verlag.de Satz und Layout: Tel.: 0211 1795965 Fax: 0211 1795945 Mail: heinemann@dphv-verlag.de 65185 Wiesbaden Tel.: 0611 307445 Fax: 0611 376905 www.dphv-verlag.de Anzeigenverwaltung:

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