Blickpunkt Schule 3/2023

Aufgaben und Perspektiven des Gymnasiums und gymnasialer Bildung Aus der Sicht des Deutschen Philologenverbandes D as Gymnasium ist die erfolg reichste weiterführende Schulart – und gerade des kräfte in dieser »Konfrontation« nicht alleinlässt, sondern sie dabei stützt und stärkt. Der Deutsche Philologenverband steht Die Autorin

halb darf das Gymnasium seinen »Markenkern« gymnasialer Bildung nicht verlieren. Was ist dieser? Wie beschreiben wir Philogenverbands mitglieder ihn? Das Gymnasium sieht es als seine wichtigste Aufgabe an, seine Absol ventinnen und Absolventen u.a. durch wissenschaftspropädeutisches Arbei ten auf die Forschung und die Gestal tung der Gesellschaft vorzubereiten. Fachlichkeit, wissenschaftspropädeu tisches Arbeiten auf der Basis einer breiten und vertieften Allgemeinbil dung, Umgang mit Komplexität und Mehrdeutigkeiten – das sind Kennzei chen gymnasialer Bildung, die be deutsam, bewahrenswert und glei chermaßen innovativ ist. Der Deutsche Philologenverband, gegründet vor 120 Jahren, nämlich 1903 in Halle, verknüpft Tradition mit Innovation. Deshalb treten wir ein für ein Gymnasium, • das sich inhaltlich durch eine bil dungsbezogene konservativ-wert schätzende Einstellung gegenüber den Bildungsinhalten und ein hohes inhaltliches Anspruchsniveau aus zeichnet, • das sich zu einer wertschätzend anstrengungsbereiten Lehrer Schüler-Beziehung bekennt, einer anspruchsvollen Interaktion mit den Schülerinnen und Schülern im Un terrichtsgespräch im qualitätsbezo genen, fördernden und fordernden gymnasialen Fachunterricht. Ein Gymnasium, das ehedem wie heu te, Schüler und Schülerinnen mit möglichst hohen Anforderungen im kognitiven wie auch im nicht kogni tiven Bereich im schulischen Unter richt »konfrontiert« und sie dabei durch bestens ausgebildete Lehr

Perspektiven des Gymnasiums

• für ein gerechtes, leistungsorien tiertes, staatliches, vielgliedriges Schulsystem mit differenzierten Bildungsabschlüssen – angelehnt an eine Formel von Jan Hendrik Ol bertz -, die da lautet: »Nicht eine Schule für alle, sondern die richtige Schule für jeden!« • für ein klares Bekenntnis zum Gym nasium und zu den anspruchsvollen Zielen in der gymnasialen Oberstu fe mit breiter und vertiefter Allge meinbildung, Wissenschaftspropä deutik und allgemeiner Studierfä higkeit. • für ein klares Bekenntnis zum Fach lehrer/zur Fachlehrerin mit einem anspruchsvollen Zwei-Fächer-Stu dium. Und gerade deshalb tritt der Deutsche Philologenverband nach wie vor für eine durch das Fachstu dium geprägte Lehrerbildung ein, abgeschlossen mit dem I. und II. Staatsexamen, nach einem erfolg reich absolvierten zweijährigen Re ferendariat. Eine Konzeption, die eben gerade nicht durch eine »Ver hochschulisierung« des Lehramts studiums mit immer längeren Stu diendauern von zwölf und mehr Se mestern und einer dadurch beding ten Verkürzung des Referendariats dominiert wird. Und die gerade des halb auch in Zeiten des gegenwärti gen Lehrkräftemangels aktuell ist, weil sie die Attraktivität des Studi ums durch ihren klaren Lehramts- und Schulartbezug gegenüber dem der »Polyvalenz« in BA/MA-Studi engängen herausstellt und zudem deutlich kürzer studierbar ist. Dementsprechend sieht es das Gymnasium als eine gerade aktuell

Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing ist Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes (DPhV) und Mitglied im Hessischen Philologenverband (hphv)

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wichtige Aufgabe an, dazu beizutra gen, dass seine Schülerinnen und Schüler durch wissenschaftspropä deutisches Arbeiten im Raum der Schule handlungsentlastet und gebil det den realen gesellschaftlichen und politischen Problemen hoffentlich zu nehmend resilient gegenüberstehen können. Was können inhaltliche Pflöcke sein, was das Gymnasium für unsere sich in einer Transformation befindli chen Gesellschaft bzw. Arbeitswelt leisten kann und muss, damit unsere gymnasiale Tradition als das erscheint und wirkt, was sie immer sein sollte, sein wollte und – schaut man in die Geschichte – oft genug erfolgreich war: eine Richtschnur, – und zwar in der Art, dass im Gymnasium »weiter gedacht« wird, Bildung, Abitur, Zu kunft vor dem Hintergrund durch dachter anspruchsvoller fachlicher Komplexität gelingen, und – weiter gedacht – gegebenenfalls in einem richtigen Verhältnis innovativ und

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