BeiratAktuell-52

››› Wohnungseigentumsrecht ‹‹‹ von RA Rüdiger Fritsch Das Ende der Fahnenstange BGH schließt Erstattungsansprüche bei eigenmächtiger Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums aus

2. Das Problem Gem. § 21 Abs. 3, Abs. 5 Nr. 2 WEG ist ausschließlich die Eigentümerversamm- lung und nicht der einzelne Wohnungs- eigentümer berechtigt, über zu Lasten der Gemeinschaftskasse auszuführende Instandsetzungsmaßnahmen am gemein- schaftlichen Eigentum zu entscheiden. Aus diesem Grund kann man die Haltung einnehmen, dass „Alleingänge“ einzelner Eigentümer nicht dadurch belohnt werden dürfen, dass diese eine Erstattung ihrer Aufwendungen verlangen können. Ande- rerseits kann man es als unbillig ansehen, dass derjenige Eigentümer, der gutgläubig und im bestenWillen bei tatsächlich vor- liegendem Instandsetzungsbedarf ohne Beschluss Gemeinschaftseigentum re- pariert, auf seinen Kosten sitzenbleibt, zumal er der Gemeinschaft schließlich die von dieser aufzuwendenden Kosten erspart hat. 3. Die Entscheidung des BGH Der BGH ändert seine bisherige Recht- sprechung, verfolgt nun eine harte Linie gegenüber solchen Eigentümern, die ohne Beschluss Gemeinschaftseigentum instand setzen und versagt ihnen jeglichen Er- stattungsanspruch. a) Zwar ist ein Wohnungs-/Teileigentümer gem. § 21Abs. 2WEG berechtigt, Ersatz seiner Aufwendungen für eine ohne vor- herigen Beschluss der Eigentümerver- sammlung veranlasste Instandsetzung gemeinschaftlichen Eigentums zu ver- langen, dies setzt jedoch voraus, dass er inAusübung der sog. Notfallkompetenz aufgrund einer Not- bzw. Gefahrenlage handelt, um einen dem Gemeinschafts- eigentum unmittelbar drohenden Schaden

Vielfach führen einzelne Wohnungs- eigentümer Maßnahmen der Instandhal- tung und Instandsetzung am gemeinschaft- lichen Eigentum durch und verlangen sodann von der Wohnungseigentümerge- meinschaft eine Erstattung ihrer diesbe- züglichenAufwendungen (BEIRATaktu- ell berichtete). Dabei sind solche „Allein- gänge“ oftmals nicht von bösem Willen getragen und erfolgen in schlichter Ver- kennung der Sach- und Rechtslage, weil Bauteile fälschlich dem Sondereigentum zugeordnet werden oder die Wohnungs- eigentümergemeinschaft solche Fälle gewohnheitsmäßig so handhabt. Zur Fra- ge, ob diesen Wohnungseigentümern Erstattungsansprüche zustehen, hat der BGH aktuell ein „Machtwort“ gesprochen und diese Ansprüche grundsätzlich ab- gelehnt (BGH, 14.6.2019 –V ZR 254/17). 1. Der Fall Wohnungseigentümer W lässt die zum Balkon seiner Eigentumswohnung füh- rende Fenster-/Türanlage durch einen Fachhandwerker zu Kosten von 3.500,00 EUR reparieren, weil er der Auffassung ist, dies gehöre zu seinen Pflichten als Sondereigentümer. Nachdem W erfährt, dass es sich tatsächlich umGemeinschafts- eigentum handelt, wendet er sich an die Gemeinschaft und bittet um Erstattung seiner Aufwendungen mit der (zutreffen- den) Begründung, dass Reparaturbedarf zu diesen Kosten vorlag und für den Fall, dass W einen entsprechenden Antrag zur Eigentümerversammlung gestellt hätte, die übrigen Eigentümer den Beschluss hätten fassen müssen, die Balkontür-/ Fensteranlage instand zu setzen. Somit habe er der Gemeinschaft diese Ausgabe erspart und sei berechtigt, eine Kostener- stattung zu verlangen.

abzuwenden. DieseVoraussetzungen der sog. Notfallkompetenz liegen typischer- weise in den seltensten Fällen vor. Ins- besondere diente im vorliegenden Fall die Instandsetzung der Fenster nicht einer dringend erforderlichen Gefahren- abwehr. b) Abgesehen davon stehen einem Woh- nungseigentümer, der, auch wenn gege- benenfalls irrtümlich oder in guten Glau- ben, gemeinschaftliches Eigentum ohne Beschluss der Eigentümerversammlung selbst und auf eigene Kosten instand setzt, keinerlei diesbezügliche Erstattungsan- sprüche zu, und zwar weder wohnungs- eigentumsrechtlich begründete Aufwen- dungsersatzansprüche, noch solche aus berechtigter Geschäftsführung ohneAuf- trag gem. §§ 682, 670 Abs. 2 BGB oder gar bereicherungsrechtliche Kostenerstat- tungsansprüche aus unberechtigter Fremd- geschäftsführung gem. §§ 687 Abs. 1, 812 ff. BGB zu (vgl.: BGH, Urt. v. 14.6.2019 – V ZR 254/17). c) Soweit nach der bisherigen Rechtspre- chung des (vgl.: BGH, Urt. v. 25.9.2015 - V ZR 246/14) ein Erstattungsanspruch unter bereicherungsrechtlichen Gesichts- punkten bestehen konnte, sofern die ei- genmächtig durchgeführte Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums dringend notwendig war und von der Eigentümer- versammlung im Falle deren vorheriger Befassung ohnehin positiv hätte entschie- den werden müssen, so hat der BGH diese Rechtsprechung in seiner aktuellen Entscheidung ausdrücklich aufgegeben. Dies mit der Begründung, dassWohnungs- eigentümer zwar stets damit rechnen

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BEIRAT AKTUELL 52/III-19

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