Blickpunkt Schule 1 2025

Die Bedeutung von Werteleben und Werte vorleben in der Erziehung

Bildung und Indoktrination. Allerdings haben die Lehr kräfte gerade bei Fragen des Grundgesetzes und der Verfassung keine uneingeschränkte Neutralität zu wahren, sondern müssen hier klar Stellung beziehen. So heißt es in der Hessischen Verfassung (Art. 56,5): »Nicht zu dulden sind Auffassungen, welche die Grundlagen des demokratischen Staates gefährden.« Das Demokratieprinzip und die Menschenwürde (Art. 1 GG; Art. 3 HV) sind in unserer Gesellschaft unveräußer lich und nicht verhandelbar. Und diese beiden Prinzi pien sind letztlich der Kern der hessischen Initiative zur Wertevermittlung. Bei der Ausgestaltung der Wertevermittlung an den Schulen gilt es, hier jeweils die ganze Schulgemeinde miteinzubeziehen: Lehrkräfte, Schülerschaft und Eltern müssen sich über die gemeinsamen Werte und deren Umsetzung verständigen. Es geht im Rahmen dieser Ini tiative eben nicht nur um ein Sichtbarmachen bereits gelebter und umgesetzter Elemente, sondern es geht darüber hinaus um die Entwicklung einer gemeinsamen Haltung, für deren Umsetzung und Bewahrung man sich gemeinsam auf den Weg macht. Vor allem die Schüle rinnen und Schüler sind hier gefragt, sich einzubringen. Denn diese Themen dürfen gerade nicht ‘von oben’ ver ordnet werden, sondern sie sollten auch einen Lebens weltbezug für die Schülerinnen und Schüler haben und ihren Interessen und Bedürfnissen entsprechen. Für die konkrete Umsetzung der Werteinitiative gibt es dann an den Schulen neben dem Unterricht auch Projekte und Programme, die dies fördern. Hier ist die Bandbreite groß, sind die Möglichkeiten vielfältig. Bei spiele hierfür sind unter anderem Theateraufführun gen, Debattierwettbewerbe oder Thementage. Auch Streitschlichter- und Mentorenprogramme oder Kurse zum kritischen und ethischen Umgang mit digitalen Medien und vieles andere mehr sind in diesem Zusam menhang wertvoll. Das Hessische Ministerium für Kultus, Bildung und Chancen (HMKB) und die Staatlichen Schulämter sam meln aktuell schon aufgrund von Rückmeldungen aus den Schulen Best-Practice-Bespiele und stellen sie an deren Schulen zur Verfügung. Die bereits bestehenden Hinweise auf Materialien (auch zum Download) werden ebenso ausgebaut werden, wie das Fortbildungsange bot zum Thema. Und nicht zuletzt werden sich Schulen vernetzen und im Austausch gegenseitig unterstützen. Diese Initiative zur Wertevermittlung ist ein Prozess, der sich stetig weiterentwickelt und weiter verbessert. Vom HMKB bis zur kleinsten Schule wird das gesamte hessi sche Schulwesen an dieser Initiative arbeiten und da durch – so sind wir überzeugt – wird sie ein Erfolg, ein Erfolg für unsere Schulen, für unseren Staat und für unsere Gesellschaft. OStD Dr. Alexander Begert, Schulleiter des Gymnasiums Oberursel, abgeordnet an das Hessische Ministerium für Kultus, Bildung und Chancen (HMKB) Abteilung III

Titelthema

DIE AUTORIN

M it Schreiben vom 6. September 2024 hielt das Hessische Ministerium für Kultus, Bildung und Chancen alle Schulen an, unsere Wertvorstellungen »wieder vermehrt ins Bewusstsein« zu rücken und zwar nicht nur »in Appellen und mit Ermahnungen« mit dem Ziel, »ein respektvolles, höfliches und freundliches Zusammenleben zu er- halten oder wieder neu zu schaffen«. In einer zunehmend kom plexen und vielfältigen Ge sellschaft ist es von großer Bedeutung, wie Werte ver mittelt und gelebt werden. Ein friedliches und freundliches Miteinander kann unsere Gesellschaft nur dann prägen, wenn ein gemeinsames Werte- und Demokratieverständnis grundlegende Vorausset zung für ein Demokratiele ben und ein Werteleben ist. Es reicht nicht aus, Wis sen über kulturelle und so ziale Normen zu vermitteln; vielmehr müssen diese Werte in das tägliche Han deln integriert werden. Dies geschieht maßgeblich und vor allem durch Vorbilder, besonders Eltern und Lehr kräfte, die durch ihr Verhal ten und ihre Haltung die

Ute Moldenhauer, Schulfachliche Auf sichtsbeamtin am Staatlichen Schulamt für den Landkreis und die Stadt Kassel

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Werte, die sie vermitteln möchten, verkörpern. Wissen und Handeln Wissen bildet die Grund- lage für gegenseitiges Ver ständnis. In vielen Kulturen gibt es spezifische Normen und Verhaltensweisen, die respektiert werden müssen. Ein Beispiel dafür ist die Er wartung in einigen islami schen Kulturen, dass Schü lerinnen und Schüler nicht direkt in die Augen ihrer Lehrkräfte schauen, wäh rend diese sprechen. Sol ches Wissen ist wichtig, da es zur Sensibilisierung ge genüber kulturellen Unter schieden beiträgt. Doch Wissen allein reicht nicht aus. Es muss im Handeln umgesetzt werden, um ei nen echten Einfluss auf das Verhalten der Kinder und Jugendlichen zu haben. Lehrkräfte müssen sich ihrer Vorbildfunktion be

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