sic! 06/2017

«Kernkraftwerk» – Bundesverwaltungsgericht vom 14. Dezember 2016

gung und des Abbruchs ausgedienter Kernanlagen sowie der Entsorgung der daraus entstehenden Abfälle sicherzu- stellen, während der Entsorgungs- fonds die Finanzierung der Entsorgung radioaktiver Betriebsabfälle und abge- brannter Brennelemente nach Ausser- betriebnahme der Kernanlage sicher- zustellen habe. Hierfür erheben sie Beiträge von den Eigentümern der Kernanlagen, wobei diese gestützt auf alle fünf Jahre erstellte Kostenstudien berechnet werden. Die Parameter für die Beitragserhebung seien abschlies­ send durch das öffentliche Recht defi- niert, insbesondere Art. 8 der Verord- nung über den Stilllegungsfonds und den Entsorgungsfonds für Kernanla- gen vom 7. Dezember 2007 (SEFV, SR 732.17). Davon zu unterscheiden sei die Bilanzierung der Ansprüche gegen den Fonds durch die Anlagenbetreibe- rinnen, dies sei eine rein zivilrecht­ liche Buchführungsfrage, die den Auf- gabenbereich der Fonds nicht be- schlage. Seitens der Fonds gebe es keine Kontrollmechanismen oder Auf- sichtsrechte über die Rechnungslegung der Betreibergesellschaften der Kern- kraftwerke und es bestehe keine ge- setzliche oder vertragliche Pflicht zur Herausgabe dieser Dokumente an die Vorinstanz. 4.2 Die Beschwerdeführerin entgeg- net, die Dokumente dienten der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe. Der Präsident der Verwaltungs­ kommission sei aufgrund seiner Rolle und seines Pflichtenhefts gehalten gewesen, der Bilanzierungspraxis der Beschwerdegegnerinnen nachzuge- hen, und diese hätten die Angaben nicht freiwillig übermittelt. Selbst ein freiwillig übermitteltes, privates Do­ kument werde zum amtlichen, wenn es zur Ausübung einer öffentlichen Aufgabe verwendet werde. Dies treffe hier zu, der Präsident der Verwal- tungskommission habe das Dokument zur Meinungsbildung im Hinblick auf die Wahrnehmung seiner öffentlichen

AKW-Bilanzen, die Bewertung der Wertschriften des Stilllegungs- und Ent- sorgungsfonds und um die Aktivierung von Kosten für Stilllegung und Entsor- gung imZeitraum von Oktober 2012 bis Mai 2015. Zugang gewährt werden sollte einerseits zur diesbezüglichen Korrespondenz zwischen demBFE und der Kernkraftwerk Gösgen-Däniken AG bzw. der Kernkraftwerk Leibstadt AG und deren Revisionsgesellschaften, andererseits zu Berichten, Gutachten und Stellungnahmen des BFE bzw. der Verwaltungskommission Stilllegungs- und Entsorgungsfonds zu dieser The- matik. Das BFE erachtete die Ver­ waltungskommission der Stilllegungs- und Entsorgungsfonds für Kernanlagen (STENFO) bzw. deren Geschäftsstelle als Erstellerin bzw. Hauptadressatin der Dokumente und leitete die beiden Gesuche Ende Mai 2015 entsprechend weiter. Mitte Juni 2015 teilte die Ge- schäftsstelle STENFO Greenpeace Schweiz zunächst mit, sie sei bereit, den Zugang zu gewähren. Nach Anhörung der betroffenen Kernkraftwerkbetreiber verweigerte die Geschäftsstelle STENFO jedoch Anfang Juli 2015 den Zugang zu den verlangten Dokumenten, worauf Greenpeace Schweiz mittels Schlich- tungsantrag beim Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbe­ auftragten (EDÖB) den Zugang zu den fraglichen Dokumenten und die Ver­ einigung der beiden Gesuche verlangte. Trotz gegenteiliger Empfehlung des EDÖB verweigerte die Geschäftsstelle STENFO Mitte Februar 2016 den Zu- gang zu den nachgefragten Informa­ tionen. Gegen diese Verfügung erhob Greenpeace Schweiz (Beschwerdefüh- rerin) imMärz 2016 Beschwerde an das BVGer und beantragte die Aufhebung der Verfügung der STENFO (Vorins- tanz) und die Gewährung des Zugangs zur Korrespondenz zwischen dem BFE und der Kernkraftwerk Gösgen-Däniken AG bzw. der Kernkraftwerk Leibstadt

AG (Beschwerdegegnerinnen) sowie deren jeweiliger Revisionsgesellschaft betreffend angewendete Rechnungsle- gung in den AKW-Bilanzen, Bewertung vonWertschriften des Stilllegungs- und Entsorgungsfonds und Aktivierung der Kosten für Stilllegung und Entsorgung im Zeitraum von Oktober 2012 bis Mai 2015. Ferner verlangte sie Zugang zu Berichten, Gutachten, Stellungnahmen des BFE bzw. der Vorinstanz betreffend angewendete Rechnungslegung in den entsprechenden AKW-Bilanzen, Be­ wertung von Wertschriften des Stillle- gungs- und Entsorgungsfonds und Aktivierung von Kosten für Stilllegung und Entsorgung imZeitraum von Okto- ber 2012 bis Mai 2015. Gemäss Art. 5 Abs. 1 BGÖ gilt als amtliches Dokument jede Information, die auf einem beliebigen Informations- träger aufgezeichnet ist (lit. a), sich im Besitz einer Behörde befindet, von der sie stammt oder der sie mitgeteilt wor- den ist (lit. b), und die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe betrifft (lit. c). Während die ersten beiden Voraus­ setzungen vorliegend unstreitig und offensichtlich erfüllt sind, ist umstrit- ten, ob die Dokumente die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe betreffen. 4.1 Die Vorinstanz macht geltend, das Gesuch beziehe sich im Wesent­ lichen auf Erläuterungen der beiden Revisionsgesellschaften zur Bilanzie- rungspraxis der Beschwerdegegnerin- nen. Diese würden keine öffentliche Aufgabe betreffen. Werde ein privates Dokument zur Ausübung einer öffent- lichen Aufgabe benötigt, sei der Ge- brauch ausschlaggebend. Also etwa wenn die Behörde es für die Erteilung einer Bewilligung oder im Rahmen eines anderen Entscheidprozesses ver- lange. Die Aufgaben der Fonds seien in Art. 77 ff. des Kernenergiegesetzes vom 21. März 2003 (KEG, SR 732.1) festgelegt. Dem Stilllegungsfonds ob- liege es, die Finanzierung der Stillle- Aus den Erwägungen: 4.

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