sic! 06/2017

Der Verfügungsantrag im Kartellverwaltungsverfahren

Amtsgeheimnisses sichergestellt. Es handelt sich folglich um eine ver­ fahrensleitende Verfügung, welche in die gemeinsame Zuständigkeit des Sekretariats und eines Präsidiumsmit- glieds der WEKO fällt 116 . Die Geheimhaltungsverpflichtung wäre nach dem Vorbild der Verwen- dungsbeschränkung zum Schutz von Selbstanzeigeakten auszugestalten 117 . Die am Verfahren Beteiligten 118 wären demgemäss zu verpflichten, den Ver­ fügungsantrag ausschliesslich für die Zwecke ihres rechtlichen Gehörs in der betroffenen Untersuchung zu ver­ wenden, und es wäre ihnen die Weiter- gabe an Dritte 119 zu untersagen. Soweit 116 Die Zustellung des Verfügungsantrags an die am Verfahren Beteiligten gemäss Art. 30 Abs. 2 S. 1 KG ist als Teil der Untersuchung insoweit von der Publikation der Endver­ fügung gemäss Art. 48 Abs. 1 KG nach Abschluss der Untersuchung zu unterschei- den. 117 Vgl. Merkblatt und Formular des Sekretariats der WEKO. Bonusregelung (Selbstanzeige) BBI 2015, 3346, 3354, Rz. 51 2. Spiegel- strich. 118 Soweit die Untersuchung nur gegen ein ein- zelnes Unternehmen geführt wird und keine weiteren Unternehmen verfahrensbeteiligt sind, kann auf eine Geheimhaltungsver- pflichtung verzichtet werden. 119 Dazu gehört nicht nur die verfahrensunbe- teiligte Öffentlichkeit, sondern auch Verfah- rensbeteiligte, welchen der Verfügungsan-

die amVerfahren Beteiligten den Verfü- gungsantrag Beauftragten, insbeson- dere ihren Rechtsvertretern, zugänglich machen, sind sie auch insoweit zu ver- pflichten, durch geeignete Massnah- men die Befolgung dieser Pflichten sicherstellen. Allfällige Widerhandlun- gen gegen eine solche Geheimhaltungs- verpflichtung wären gemäss Art. 50 und Art. 54 KG sanktionsbewehrt. Für die Veröffentlichung des Verfügungs­ antrags bedarf es einer gesetzlichen Grundlage, da dieser eine Vielzahl per­ sonenbezogener Daten enthält. An einer solchen fehlt es indes gerade, weshalb von einer Veröffentlichung des Verfügungsan­ trags abzusehen ist. Auch im Rahmen der allgemeinen Informationstätigkeit der Wettbewerbs­ behörden nach Art. 49 KG darf die Öffent­ lichkeit aufgrund der Unschuldsver­ mutung sowie der Wahrung des An­ spruchs auf ein faires Verfahren nur in engen Grenzen über den Verfügungs­ antrag orientiert werden. Dritten ohne Parteistellung kann der Verfügungsantrag zwar grund­ sätzlich zugestellt werden, doch ist stets Zusammenfassung

eine Abwägung zwischen den öffentlichen und den privaten Interessen vorzu­ nehmen. Schliesslich haben die Wett­ bewerbsbehörden die Weitergabe des Verfügungsantrags an die Öffentlichkeit zu verhindern, indem die Empfänger des Verfügungsantrags zur Geheimhaltung verpflichtet werden.

Résumée

La publication de la proposition doit repo­ ser sur une base légale car elle contient un grand nombre de données caractère personnel. En l’absence d’une réglemen­ tation spécifique, il convient de renoncer une telle publication. En raison de la présomption d’inno­ cence et du droit un procès équitable, le public ne doit être informé que dans des limites très strictes de la proposition, même dans le cadre de l’information au sens de l’art. 49 LCart des autorités en matière de concurrence. En principe, la proposition peut être notifiée aux tiers qui n’ont pas la qualité de partie. Toutefois, une pesée complète de tous les intérêts privés et publics est nécessaire. Finalement, les autorités en matière de concurrence sont tenues de prévenir la dissémination de la proposi­ tion au public, en obligeant les destina­ taires de respecter l’obligation de confi­ dentialité.

trag von den Wettbewerbsbehörden nicht zugestellt wurde.

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