sic! 06/2017

3. Persönlichkeits- und Datenschutzrecht  |  Protection de la personnalité et protection des données

heit zur Beantwortung dieser offenen Fragen an die Vorinstanz zurückweist.] […] Re Anmerkung: Am 21. Dezember 2016 hat der Bundes­ rat einen Vorentwurf für ein totalrevidier­ tes Datenschutzgesetz veröffentlicht. Vor­ liegend besonders relevant ist, dass der Geltungsbereich des DSG (Art. 2 VE-DSG) im Vergleich zum geltenden DSG auf die Bearbeitung von Daten natürlicher Per­ sonen eingeschränkt werden soll. Die Bearbeitung von Daten über juristische Personen wäre damit nicht mehr durch das Datenschutzgesetz erfasst. Im vor­ liegenden Fall hätte sich damit die Be­ schwerdeführerin, bei der es sich um ein Unternehmen handeln dürfte, nicht mehr auf einen datenschutzrechtlichen Aus­ kunftsanspruch stützen können. Diese Änderung wird mehrheitlich begrüsst, wobei unklar ist, ob sich alle Interessierten der Auswirkungen voll­ ständig bewusst sind. Begründet wird der Wegfall des Schutzes von juristischen Personen damit, dass andere Gesetze, z.B. der Persönlichkeitsrechtsschutz in Art. 27 ff. ZGB, Daten von juristischen Personen genügend schützen. Konsequent und systematisch korrekt ist diese Strei­ chung allerdings nicht. Zweck des Daten­ schutzgesetzes ist der Schutz der Per­ sönlichkeit bei der Bearbeitung von Da­ ten. Das Datenschutzgesetz konkretisiert damit Art. 28 ZGB. Es ist dabei aner­ kannt, dass auch juristische Personen Persönlichkeitsschutz geniessen. Der Weg­ fall lässt sich daher dogmatisch nur schwer erklären. Begrüsst wird der Wegfall von Daten juristischer Personen aus dem Geltungs­

Publikationsverfügung (und der an­ schliessenden Beschwerdeverfahren), ebenso wenig eine Sperre der Auskunft Dritter über ihre eigenen Personenda- ten. Über diese Fragen wird denn auch in den Beschwerdeverfahren nicht ent- schieden werden. Aus der aufschieben- den Wirkung in den Verfahren betref- fend die Publikationsverfügung folgt damit nichts für die Frage der Auskunft gemäss Art. 8 DSG. Als berechtigtes Interesse, das ge- gen eine Auskunft sprechen könnte, fallen vorliegend einzig Geheimhal- tungsinteressen der von der Unter­ suchung betroffenen Unternehmungen in Betracht. Die Frage, wie diesen ge- recht werden kann, stellt sich nach Rechtskraft der Entscheide über die Publikationsverfügung gleichermassen wie bereits jetzt. Um diesen Interessen gerecht zu werden, ist ein Aufschub der Auskunft somit kein geeignetes Mittel. Es ist das das Auskunftsrecht am we- nigsten einschränkende Vorgehen zu wählen. Die Frage, wie den Interessen weiterer Beteiligter begegnet werden kann – ob mit einer inhaltlichen Ein- schränkung oder mit der Gestaltung der Auskunft (insb. auch bezüglich der An- gaben gemäss Art. 8 Abs. 2 lit. b DSG) und auch, ob diese im Verfahren sich vernehmen lassen müssen –, ist damit unmittelbar, ohne weiteren Aufschub, zu klären. 5.4 Die Einschränkung der Auskunft in der gewählten Form des Aufschubes ist folglich aufzuheben. 6. [Die Modalitäten der Auskunfts- erteilung, insbesondere die Frage der Anordnung von Einschränkungen zur Wahrung von Drittinteressen, sind of- fen, weshalb das BVGer die Angelegen-

bereich des Datenschutzgesetzes gerade deshalb, weil damit dem Missbrauch des Auskunftsrechts nach Art. 8 DSG bei Un­ terlagen über juristische Personen Einhalt geboten werde (vgl. D. R osenthal , Der Vorentwurf für ein neues Datenschutzge­ setz: Was er bedeutet, in: Jusletter 20. Fe­ bruar 2017, 3 f.). Das Auskunftsrecht wurde regelmässig selbst dann von den Gerichten gestützt, wenn es offensichtlich um die Beweisbeschaffung für Prozesse oder andere datenschutzfremde Zwecke ging (statt vieler BGE 138 III 425). Der teilweise Missbrauch des Aus­ kunftsrechts nach Art. 8 DSG ist unbe­ stritten. Das Auskunftsrecht kann in sei­ ner Auswirkung einer «Fishing Expe­ dition» gleichkommen. Dies, obwohl sich der schweizerische Gesetzgeber im Zu­ sammenhang mit dem Erlass der schwei­ zerischen Zivilprozessordnung gegen umfangreiche Pre-Trial Discoveries im Sinne des angelsächsischen Rechts ent­ schieden hat. Der vorliegende Fall zeigt jedoch, dass es durchaus ein berechtigtes Interesse – auch von juristischen Perso­ nen – amAuskunftsrecht geben kann. Die Beschwerdeführerin als nicht verfahrens­ beteiligte Dritte kann kein Aktenein­ sichtsrecht nach VwVG geltend machen. Ohne das datenschutzrechtliche Aus­ kunftsrecht hätte sie keine Möglichkeit auf Einsicht in die Publikation der Sank­ tionsverfügung. Sie hätte damit auch nicht verhindern können, dass sie na­ mentlich genannt oder mit den beanstan­ deten Verhaltensweisen in Verbindung gebracht wird. Die Nennung wäre erfolgt, ohne dass die Beschwerdeführerin, da nicht verfahrensbeteiligt, hätte Einfluss nehmen und sich äussern können. Dr. Michael Reinle, Rechtsanwalt, Zürich

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