

Für viele Patientinnen und Patien-
ten war das Jahr 2015 ein positives
Jahr, da eine Vielzahl neuer Arznei-
mittel die Chancen auf Heilung ih-
rer Erkrankung bzw. Verbesserung
ihres Gesundheitszustandes erhöht
hat. Insgesamt wurden 36 neue
Arzneistoffe auf dem deutschen
Arzneimittelmarkt zugelassen. Der
Schwerpunkt lag erneut auf der Be-
handlung von Krebserkrankungen
(s. Abb. 1). Allerdings standen auch
andere Indikationsgebiete, wie z. B.
die Hypercholesterinämie, chro-
nisch entzündliche Darmerkran-
kungen, Morbus Parkinson oder die
Obstipation im Fokus. Orphan
Drugs, die für Menschen mit selte-
nen Leiden entwickelt wurden,
machten 2015 ein Drittel aller Neu-
einführungen aus. Im Gegensatz zu
den Arzneimitteln, die für gängige
Indikationsgebiete eine Zulassung
beantragen, müssen Orphan Drugs
die frühe Nutzenbewertung nicht
durchlaufen.
Vedolizumab (Entyvio®) – Darmselekti-
ver Antikörper.
Entyvio® steht für die mittelschweren bis
schweren Formen der beiden häufigsten
chronisch entzündlichen Darmerkrankun-
gen (CED) zur Verfügung. Patienten, die
auf konventionelle Therapien oder TNF
α
-
Antagonisten wie Infliximab (Remicade®)
oder Adalimumab (Humira®) unzurei-
chend oder nicht mehr ansprechen oder
Unverträglichkeiten gegen diese aufwei-
sen, können von dem neuen Antikörper
profitieren.
Colitis ulcerosa (CU) und Morbus
Crohn (MC) sind die zwei häufigsten CED.
Schätzungen zufolge leiden in Deutsch-
land rund 530.000 Patienten an einer
CED. Die Tendenz ist steigend. CU und
MC können in jedem Lebensalter auftre-
ten, jedoch erkranken insbesondere junge
Erwachsene im Alter von 15 bis 35 Jah-
ren daran. Während bei MC der gesamte
Gastrointestinaltrakt von der chronischen
Entzündung betroffen ist (Durchfälle
ohne Blut), manifestiert sich eine CU im
Bereich des Dickdarms (blutig-schleimige
Durchfälle). Der Dünndarm ist hier nicht
betroffen. Der Lebensalltag bei CU und
MC wird neben häufigen Durchfällen
durch Beschwerden, wie beispielsweise
krampfartigen Schmerzen imUnterbauch,
Die
neuen Arzneimittel 2015 –
ein pharmazeutischer Jahresrückblick
Dr. HenrikMüller
(Haan) ist Director Packaging Operations
by Aesia Pharmaceuticals.
Dr. Henrik Müller
13
5
5
3
2
2
2
2
1 1
Krebserkrankungen
Infektionskrankheiten
Herz-Kreislauf-
Erkrankungen
Haut- bzw.
Entzündungskrankheiten
Atemwegserkrankungen
Augenkrankheiten
Krankheiten des ZNS
Stoffwechselerkrankungen
Diabetes Mellitus Typ 2
Schmerzen
Abb.1
ABBILDUNG 1:
Indikationsgebiete der Arzneimittelinnovationen 2015 nach VfA (Ver-
band forschender Arzneimittelhersteller e.V.)
FRÜHE NUTZENBEWERTUNG
GEMÄSS AMNOG:
Der Preis für Arzneimittelinnovatio-
nen ist seit Inkrafttreten des AMNOG
nicht mehr frei kalkulierbar, sondern
unterliegt einem Bewertungsverfah-
ren und richtet sich in indirekter Form
nach dem Ausmaß des Zusatznutzens.
Ist der Zusatznutzen „nicht quanti-
fizierbar“, „fehlt“ oder ist „geringer“
als bei der zweckmäßigen Vergleichs-
therapie führt diese Einschätzung
dazu, dass das neue Arzneimittel auf
Basis der eingereichten Daten kei-
nerlei Mehrwert für die Therapie des
Patienten beinhaltet und damit im
Rahmen der frühen Nutzenbewer-
tung durchfällt. Neue Arzneimittel
mit fehlendem Zusatznutzen werden
in eine bestehende Festbetragsgruppe
einsortiert.
AKWL Fortbildung Aktuell – Das Journal /
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DR. HENRIK MÜLLER