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SCHWEIZER GEMEINDE 10 l 2016

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GESUNDHEIT

langfristig gelebt werden kann. In der

Kombinationmit der individuellen Eigen-

verantwortung stärkt es Mitarbeitende

und Unternehmen gleichermassen. Denn

gesunde und motivierte Mitarbeitende

könnenmit den hohenAnforderungen im

Berufsalltag besser umgehen und sind

so weniger krankheitsanfällig. Dies re-

duziert die Absenzenrate und spart Kos-

ten. So beträgt der durchschnittliche

Kosten-Nutzen-Vergleich von BGM-Mass-

nahmen 1 zu 3 – ein investierter Franken

in präventive Massnahmen führt zu Min-

derausgaben in Höhe von drei Franken.

Vorsicht vor Vorurteilen

In öffentlichen Verwaltungen – sei es

kommunal, kantonal oder eidgenös-

sisch – arbeiten in der Schweiz rund

360000 Beschäftigte. Die öffentlichen

Verwaltungen sind somit ein wichtiger

Arbeitgeber und sollten auch im Bereich

BGM eine Vorbildfunktion in der Gesell-

schaft wahrnehmen. Anders als der pri-

vate Sektor, sieht sich die öffentliche

Verwaltung jedoch mit unterschiedliche-

ren, vielleicht sogar komplexeren Her-

ausforderungen konfrontiert, sobald sie

ein BGM implementieren möchte. Eine

öffentliche Organisation kann nicht un-

abhängig von politischen Akteuren Än-

derungen veranlassen. Im Vorfeld muss

deshalb genauestens überdacht werden,

wie das Vorhaben umgesetzt, wer mit-

einbezogen und wie kommuniziert wer-

den muss. Die Gefahr besteht, dass Me-

dien und die Öffentlichkeit kritisieren,

dass die angeblich angenehmenArbeits-

bedingungen der Angestellten im öffent-

lichen Dienst auf Kosten der Steuerzah-

lenden weiter ausgeweitet werden.

Solche Reaktionen können die Politik

schnell erreichen und wiederum einen

Imageverlust verursachen, was unvor-

teilhafte Auswirkungen auf die Realisie-

rung eines BGM in der öffentlichen Ver-

waltung hätte.

Eine weitere Herausforderung des öf-

fentlichen Sektors – und somit auch des

BGM in öffentlichen Verwaltungen – ist

die breite Palette von Zielen mit gleich

hoher Priorität. Im Gegensatz zu priva-

ten Betrieben, bei denen die meisten

Handlungen das Ziel der Gewinnmaxi-

mierung anstreben, muss eine öffentli-

che Organisation mehrerenAnsprüchen

genügen, ohne diese unbedingt priori-

sieren zu können. Das Ziel, das BGM zu

integrieren, kann dann fälschlicherweise

als zusätzliche «Last» empfunden wer-

den. Betriebliches Gesundheitsmanage-

ment soll aber weder als weiterer Auf-

trag der Verwaltung wahrgenommen

werden noch in Konkurrenz zu anderen

Zielen der Verwaltung stehen. Das BGM

soll als eine notwendige Unterstützung

fungieren, die es ermöglicht, die schon

verfolgten Ziele gesünder und schonen-

der zu erfüllen.

Stressbarometer als Basis

Eine öffentliche Verwaltung ist ein Ar-

beitgeber wie viele andere auch. Auch

hier gilt es, den Arbeitsplatz und die Ar-

beitsbedingungen für die Mitarbeitenden

so optimal wie möglich zu gestalten. Um

eine erste Istanalyse durchzuführen, eig-

net sich beispielsweise das Stressbaro-

meter S-Tool von Gesundheitsförderung

Schweiz. Es handelt sich um einen inter-

netbasierten Fragebogen, der mit wenig

Aufwand einen detaillierten Überblick

über das Stressgeschehen imUnterneh-

men, also auch in einerVerwaltung, wie-

dergibt. Betriebe erfahren mehr über die

subjektiv erlebten Belastungen und Res-

sourcen sowie über das momentane Be-

finden der Mitarbeitenden. S-Tool liefert

automatisch generierte Ergebnisse auf

Team-, Abteilungs- und Unternehmense-

bene. Dadurch können gesundheitsför-

dernde Massnahmen zielgerichtet um-

gesetzt werden und eine raschere und

höhere Wirkung erzielen. Die Mitarbei-

tenden erhalten unmittelbar nach dem

Ausfüllen des Fragebogens ihre indivi-

duellen Ergebnisse als Tipps zum Um-

gang mit Stress im Arbeitsalltag. Durch

wiederholte Befragungen mit S-Tool

kann das Unternehmen die betriebliche

Entwicklung überprüfen.

Die Praxiserfolge im BGM zeigen, dass

es einfache und gleichzeitig vielseitige

Möglichkeiten gibt, die Belastung der

Arbeitnehmenden ausgeglichen zu ge-

stalten. Für den Erfolg ist es deshalb

entscheidend, dass die Massnahmen auf

die Interessen der Beschäftigten und der

Verwaltung zugeschnitten sind. Zentral

ist auch, dass das Engagement der Füh-

rungskräfte über die nachhaltige Etablie-

rung entscheidet. Denn einerseits sind

Kaderleute Vorbild und sollten in erster

Linie auf ihre eigene Gesundheit achten,

damit sie dasThema den Mitarbeitenden

gegenüber glaubhaft vermitteln können.

Nur dann wirken sich BGM-Massnah-

men positiv auf die gesundheitsrelevan-

ten Faktoren im gesamten Betrieb aus.

Philippe Haeberli,

Gesundheitsförderung Schweiz

Informationen:

www.gesundheitsfoerderung.ch

Gesundheitsförderung

Schweiz

Gesundheitsförderung Schweiz mit Sitz in

Bern und Lausanne ist eine privatrechtli-

che Stiftung, die von Kantonen und Versi-

cherern getragen wird. Mit gesetzlichem

Auftrag initiiert, koordiniert und evaluiert

sie Massnahmen zur Förderung der Ge-

sundheit (Krankenversicherungsgesetz,

Artikel 19). Die Stiftung fokussiert auf drei

Schwerpunkte:

gesundes Körpergewicht bei Kindern

und Jugendlichen

psychische Gesundheit/Stress

Gesundheitsförderung und Prävention

Tagung für das

Gemeindepersonal

Am 7. Dezember organisiert der Schweize-

rische Gemeindeverband (SGV) erstmals

eineTagung speziell für das Personal von

Städten und Gemeinden – als Dank für die

wertvolle Arbeit und das grosse Engage-

ment. Die Tagung mit demTitel «Das Ar-

beitsumfeld zwischen Beständigkeit und

Innovation» findet im Kongresshaus in

Biel statt. Das Programm beinhaltet Refe-

rate, Workshops, einen Apéro riche und

einen Poetry Slam. Anmeldungen unter

www.chgemeinden.ch.

Gesunde und motivierte Mitarbeitende

leisten mehr.

Bild: Gesundheitsförderung Schweiz/Peter Tillessen