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Seite 4

Arbeitsschutz-REPORT

Bei der Fra-

ge nach der

Verantwor-

tung für den

Schutz

vor zu

intensiver

UV-Einstrah-

lung darf

nicht allein

auf den

Arbeitgeber

verwiesen

werden. Hier

sind praxis-

taugliche

Lösungen und

die Eigen-

verantwor-

tung der

Arbeitnehmer

ebenso

gefordert.

Alle Jahre wieder werden am letz-

ten Wochenende im März die Uhren

auf Sommerzeit umgestellt. Und auch

die Forderungen der Gewerkschaften

zur Sommerzeit werden wieder laut.

Natürlich hat der Schutz der Gesundheit

der Arbeitnehmer höchste Priorität. Doch

Arbeitsschutz muss auch in der Praxis um-

setzbar sein – und der Schutz vor gesundheit-

lichen Risiken darf nicht allein „Chefsache“

werden. Auch eine Portion Eigenverantwor-

tung gehört dazu.

So fordert die IG Bauen-Agrar-Umwelt

alljährlich zu Beginn der Sommerzeit völlig

zu Recht, dass Arbeitnehmer, die vorwiegend

unter freiem Himmel arbeiten, vor der UV-

Strahlung geschützt werden. Es gibt wohl

keinen Arbeitgeber, der dem widersprechen

würde.

Bereits 2004 wurde ein von der Bundes-

anstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin

geförderter Forschungsbericht veröffentlicht,

in dem Berufsgruppen aufgelistet wurden, die

hoher UV-Strahlung bei Arbeiten im Freien

ausgesetzt sind. Danach rangieren Dachde-

cker, Zimmerer und Gerüstbauer auf Platz 5.

Die Spitze bilden land- und forstwirtschaftli-

che Berufe, Gartenbauer, Steinbearbeiter,

Maurer und Betonbauer.

Die Forderung, Arbeiten unter freiem

Himmel in die frühen Morgen- oder späteren

Abendstunden zu verlegen, dürfte aber –

selbst bei Zustimmung der Arbeitgeber – oft

an der Realität scheitern. Welcher Betriebsin-

haber hat nicht schon einmal die Erfahrung

gemacht, dass der Nachbar des Bauherren

zur Notrufnummer 110 greift, wenn Dach-

decker morgens um 6:00 Uhr mit dem Ab-

decken des Daches beginnen? Und für eben-

so viel Zündstoff wie der Biergartenbetrieb

am Abend sorgt auch schon das Geräusch

eines Akkuschraubers nach 20:00 Uhr auf der

nachbarlichen Baustelle.

Da hilft auch der zwar sachlich richtige,

aber praxisferne Expertenrat, man solle sich

ein Beispiel an südlichen Ländern nehmen, in

denen zur Zeit der Mittagssonne einfach Sies-

ta gehalten wird, nicht weiter. Manchmal

scheitert die Realität an der Mentalität. Darü-

ber hinaus ist das bestehende Auftragspoten-

zial ohnehin kaum in der regulären Arbeits-

zeit zu bewältigen.

Ganz klar sind die Pflichten des Arbeit-

gebers im Arbeitsschutzgesetz §3 definiert:

„Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erfor-

derlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes

unter Berücksichtigung der Umstände zu

treffen, die Sicherheit und Gesundheit der

Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Er

hat die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu

überprüfen und erforderlichenfalls sich än-

dernden Gegebenheiten anzupassen“.

Weiter heißt es in §4 ArbSchG: „Der

Arbeitgeber hat bei Maßnahmen des Arbeits-

schutzes von folgenden allgemeinen Grund-

sätzen auszugehen:

1. Die Arbeit ist so zu gestalten, dass eine

Gefährdung für das Leben sowie die physi-

sche und die psychische Gesundheit mög-

lichst vermieden und die verbleibende Ge-

fährdung möglichst gering gehalten wird...“

Allerdings sind nicht nur die Arbeitgeber

in der Pflicht, wie §15 ArbSchG verrät: „Die

Beschäftigten sind verpflichtet, nach ihren

Möglichkeiten sowie gemäß der Unterwei-

sung und Weisung des Arbeitgebers für ihre

Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit

Sorge zu tragen...“.

Der Schutz vor den Gefahren von Hitze

und UV-Einstrahlung liegt natürlich im Inte-

resse von Arbeitgebern, um die Arbeitskraft

ihrer Mitarbeiter zu erhalten. Es liegt aber

genauso im Interesse der Arbeitsnehmer, ge-

sundheitliche Risiken für sich selbst zu ver-

meiden und vermeiden zu helfen.

Ein Beharren auf Paragrafen schützt

weder vor Hitzschlag noch vor Hautkrebs.

Aber bitte mit Creme

Arbeitsschutz ist wichtig – aber muss auch realitätsnah sein

20 Jahre aktuell

Fotos: Fotolia