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SCHWEIZER GEMEINDE 12 l 2015

12

FINANZEN

als Erträge berücksichtigt. Interpretier-

bar sind hingegen die relativen Unter-

schiede, die sich zwischen Gesamtge-

meinde und den neuerenWohneinheiten

zeigen. Die Analyse weist für die seit

2002 erbautenWohneinheiten nicht nur

höhere Erträge, sondern auch höhere

Aufwände als im kommunalen Durch-

schnitt aus. Vor allem die Schulkosten

liegen deutlich höher. Pro Wohneinheit

resultiert für die Zeit von 2002 bis 2012

im Vergleich zur Gesamtgemeinde ein

um insgesamt 300 Franken grösserer

negativer Saldo.

Unausgewogene Haushaltsstruktur

Die vergleichsweise hohen Bildungskos-

ten der Bevölkerung in den Neubauten

stehen im Zusammenhang mit der

Wohnungsstruktur. Rund die Hälfte der

350 neu erstellten Wohneinheiten sind

Ein- und Zweifamilienhäuser, ein Woh-

nungstyp, der mehrheitlich durch junge

Familien bezogen wird. Dies widerspie-

gelt sich in der Altersstruktur. In den neu-

eren Wohneinheiten leben überwiegend

Personen im Alter zwischen 30 und 54

Jahren sowie Kinder unter 15 Jahren

(siehe Abbildung 2).

Mehrfamilienhäuser werden demgegen-

über deutlich ausgewogener besiedelt.

Nebst Familienhaushalten sind hier auch

gewichtige Anteile an Einpersonen- und

Paarhaushalten anzutreffen. Die Steue-

rerträge dieser kinderlosen Haushaltsty-

pen übertreffen die finanziellen Auf-

wände im Durchschnitt deutlich. Dies

trägt dazu bei, dass für die seit 2002

erstellten Mehrfamilienhäuser insge-

samt ein positiver Saldo resultiert, für

die Ein- und Zweifamilienhäuser hinge-

gen ein stark negativer Saldo (siehe

Abbildung 3). Die Hauptdifferenz macht

die Aufwandseite aus. Unerwartet ist,

dass bei den seit 2002 erbautenWohnein-

heiten die Haushalte in den Mehrfamili-

enhäusern durchschnittlich auch höhere

Steuererträge generieren. Dabei dürfte

es sich um einen vorübergehenden Ef-

fekt handeln. Es ist zu erwarten, dass die

Steuererträge mit zunehmenden Alter

der Mehrfamilienhäuser eher zurück­

gehen.

Langfristige finanzielleWirkung

Bei den Einfamilienhäusern verbessert

sich demgegenüber die finanzielle Wir-

kung vorerst mit zunehmendem Alter

der Gebäude. Der Grund ist klar: Die Kin-

der wachsen allmählich aus dem schul-

pflichtigen Alter heraus, was zu sinken-

den Schulkosten führt. Dies zeigen

weiterführende Untersuchungsergeb-

nisse. Hierfür wurden drei Einfamilien-

hausquartiere separat analysiert, ein

noch junges und zwei etwas ältere Quar-

tiere (siehe Abbildung 4). Während sich

für das junge Quartier ein stark negativer

Saldo zeigt, sind Aufwand und Ertrag in

den älteren Einfamilienhausquartieren

insbesondere aufgrund der tieferen

Schulkosten in etwa ausgeglichen. Ein

positives Ergebnis wie bei den Mehrfa-

milienhäusern bleibt aber in jedem der

untersuchten Fälle unerreicht.

Besser verdichtet bauen

Aus einer finanziellen Perspektive sind

Einfamilienhausquartiere für die unter-

suchte Gemeinde eher als Belastung zu

sehen. Eine positive finanzielleWirkung

geht hingegen von Mehrfamilienhäu-

sern aus. Sie bieten Wohnraum für un-

terschiedliche Haushaltsformen. Der

Mehraufwand bei jungen Familienhaus-

halten lässt sich bereits kurz- und mittel-

fristig durch den Mehrertrag bei den

Einpersonen- und Paarhaushalten sowie

den älteren Familienhaushalten aufwie-

gen. Im Hinblick auf ein künftiges Sied-

lungswachstum müsste somit aus einer

finanziellen Perspektive eher auf eine

qualitativ gute verdichtete Bauweise ge-

setzt werden.

Die Ergebnisse der Pilotgemeinde kön-

nen auch für weitere Gemeinden rich-

tungsweisend sein, wenngleich sie nicht

uneingeschränkt übertragbar sind. Di-

verse Faktoren wie Steuerfuss, das mitt-

lere Einkommensniveau, aber auch die

Urbanität einer Gemeinde beeinflussen

dieWirkungszusammenhänge. Grössere

Abweichungen sind zudem zwischen

den Kantonen zu erwarten, da die Zu-

ständigkeiten für Aufgabenerbringung

und deren Finanzierung unterschiedlich

geregelt sind. Analysen für weitere Ge-

meinden sind deshalb sehr erwünscht,

um die Wirkungszusammenhänge von

neu erstellten Wohnstrukturen und Ge-

meindefinanzen weiter zu erhellen.

Ivo Willimann,

Hochschule Luzern –Wirtschaft

Roberto Frisullo,

LUSTAT Luzern Statistik

Neues Instrument

Die Ergebnisse entstammen einem

standardisierten Analyseinstrument,

das auch weiteren Gemeinden zur

Anwendung angeboten wird. Die

Kosten für eine Analyse betragen

rund 12000 Franken. Kontakt: IvoWil-

limann, Tel. 041 228 42 16

ivo.willimann@hslu.ch

0

3000.– 6000.– 9000.– 12000.–

Ein-

Zweifamilienhaus

Mehrfamilienhaus

Schule pro Kopf Nettokosten Pflegekosten

5564.–

12306.–

7386.–

4463.–

Abb. 3: Bei Gebäuden mit Baujahr 2002–2012 zeigen die Mehrfamilienhäuser im Mittel

hohe Erträge (rot), die Ein- und Zweifamilienhäuser hohe Aufwände.

Einfamilienhaus

Baujahr 2002 – 12

Einfamilienhaus

Baujahr 1977 – 85

Schule pro Kopf Aufwand Pflegekosten

6745.–

Einfamilienhaus

Baujahr 1983 - 97

0

3000

6000

9000

12000

12356.–

6418.–

6525.–

8317.–

8120.–

Abb. 4: Vergleich von Erträgen (rot) und Aufwänden bei Einfamilienhausquartieren

unterschiedlichen Alters.