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SCHWEIZER GEMEINDE 1 l 2017

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LITTERING UND VANDALISMUS

Kontrolle ist wahrscheinlicher, wenn

keine Anonymität vorliegt und die An-

wohner sich gegenseitig kennen. Ästhe-

tik, Ambiente, Begrünung und Material-

qualität haben einen Einfluss auf die

Werthaltung, die Personen einem be-

stimmten öffentlichen Raum geben.» Im

Handbuch «Littering – Praxishilfe zur

Entwicklung von Massnahmen gegen

Littering» von T. Berger, A. Staub und

J. Heeb aus dem Jahre 2008 wird emp-

fohlen, übersichtliche und transparente

öffentliche Räume zu schaffen, die auch

in der Nacht gut beleuchtet sind. So

zeigte sich beispielsweise in der Litte-

ringbeobachtungsstudie der Universität

Basel von 2005, dass hauptsächlich Ab-

fall liegen gelassen wurde, wenn die

soziale Kontrolle fehlte. Mit gestalteri-

schen Mitteln lassen sich – so Alexandre

Mueller – Territorialsysteme definieren

und voneinander abgrenzen, zum Bei-

spiel mithilfe von einem andersartig ge-

stalteten Bodenbelag, einem Torbogen

oder einer Abschrankung mit geringer

Höhe. «Ziel dieser symbolischen Barrie-

ren ist es, die Zugehörigkeit, die Ein-

flussnahme und die Überschaubarkeit

zu erhöhen und die Umwelt unter die

Kontrolle der Anwohner zu bringen.»

Dadurch werde ein Niemandsland ver-

mieden, für das sich niemand verant-

wortlich fühlt und wo Vandalismus und

Littering gedeihen können. Die ge-

mischte Nutzung von Gebäuden und

Quartieren mitWohneinheiten, Kleinbe-

trieben, Restaurants und öffentlichen

Plätzen nehme einem Gebiet die Anony-

mität, sorge für Belebung und erhöhe

dadurch ebenfalls die soziale Kontrolle.

Graffiti bewusst Raum geben

StrukturelleVeränderungen können aber

ebenso auf der Materialebene zu einem

veränderten Verhalten führen. Um ge-

wissen Materialien wie Beton die «bru-

talistische Wirkung» zu nehmen, emp-

fiehlt David Keist, die Betonoberflächen

beispielsweise mitTexturen zu veredeln.

Eine weitere Möglichkeit imUmgang mit

Graffiti ist laut David Keist das bewusste

Zulassen von Sprayereien, so gesche-

hen etwa bei den «Sugus-Häusern» im

Zürcher Kreis 5. Diese wurden immer

wieder von Sprayern heimgesucht,

nachdem die Fassaden zuvor im Rah-

men des Anti-Graffiti-Abos bei der Stadt

Zürich einen neuen Anstrich erhalten

hatten. Dann wurde es dem Immobilien-

eigentümer zu dumm. Anstatt die Fas-

sade immer wieder neu zu streichen,

liess man sie vom Streetartisten Redl mit

Graffiti bemalen. Auch die Kirchge-

meinde Wipkingen hatte jahrelang ein

Sprayerproblem, bis sie dieWände von

zwei Brüdern unter dem Motto «Ge-

meinsam stark» gestalten liess. Resultat:

Die anderen Sprayer respektieren das

Kunstwerk und übersprayen es nicht.

Studienarbeiten zu Farben im öffentlichen Raum, realisiert im Haus der Farbe in Zürich.

Bild: Fabrice Müller