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Kuschelzonen

auf demGolfplatz

D

ie Kastanienbäume blühten, die

Bienen summten und auf dem

Platz tobte die Schlacht. Ich saß

am Stammtisch des „Golfthera-

peutischen Pflegediensts“ und

sammelte Kraft, um den Ver-

zweifelten nach dem Turnier Trost spenden zu

können. Erfreut beobachtete ich, wie Präsident

Fahrenbach mit elastischen Schritten freundlich

lächelnd an mir vorbeifederte.

Er wirkte fröhlich, was nach seiner Wieder-

wahl zum Präsidenten, offensichtlicher Entspan-

nung an der Ehe-Front und achtzehn (!) neuen

Mitgliedern in zwei Monaten kein Wunder war.

Nur beim Verbandstag war Visionär Fahrenbach

mit delikaten Vorschlägen zur Neugewinnung

von Mitgliedern wie üblich ausgebremst worden.

Delikat insofern, als er das Thema Sex ansprach,

was ich erläutern sollte: Die spöttische Frage von

Nichtgolfern, ob man noch Sex habe, wird unter

Golfern allgemein als so lächerlich wie lästig

empfunden. Natürlich haben wir! – zumindest

bis wir uns ernsthaft um ein einstelliges Handi-

cap bemühen. Wo sollen die kleinen Golfer denn

sonst herkommen, die mancher Golfclub so

dringend braucht? Während die Werbekampagne

des DGV über drei Jahre und mit ungewissem

Ausgang ausgetragen wird, liefert Mutter Natur

bereits nach neun Monaten!

Der glückliche Umstand, dass der spanische Pro

José seine Golfer-Gene im Umfeld der Damen-

mannschaft gestreut hatte, bescherte dem Golfclub

Bauernburg immerhin drei Kinder mit Medaillen-

hoffnungen für die Olympischen Spiele 2036.

Auf dem Verbandstag empfahl unser Präsident

deshalb, die Vermehrung aus eigenem Bestand

zu forcieren. „Wir Golfer haben nicht nur ein

Imageproblem, auch unsere Paarungsbereitschaft

wird ständig hinterfragt. Natürlich haben wir

noch Sex!“, dröhnte Fahrenbach, den seine Gattin

nach anderthalb Jahren Trennung offensichtlich

zu schnell entkorkt hatte.

Sein Antrag, der Verband möge Kuschelzonen

auf dem Golfplatz empfehlen, wurde jedoch mit

dem Einwand abgelehnt, dass dies zu noch mehr

Spielverzögerungen führen würde. Obwohl sich

mancher alte Knurrhahn im Plenum durchaus

an flotte Dreier unter vier Stunden inklusive

Quickie erinnern konnte, stieß Fahrenbach mit

seiner Forderung nach Steigerung der Mitglieder-

zahlen durch Selbstvermehrung auf Granit. Auch

sein Vorschlag, Golferinnen ab dem 3. Kind mit

einer Auszeichnung in Form gekreuzter Golf-

schläger (unter einem hübschen Wappen) zu

ehren, wurde aus historischen Gründen abge-

lehnt. Golfer in Deutschland wären durch Medien-

Kampagnen zu generieren, hieß es auf Fahren-

bachs Frage, wie man der Nachwuchs-Misere

sonst begegnen wolle.

Kurz darauf kippte die Stimmung in Richtung

Sexismus-Debatte und zwei Präsidentinnen

beantragten prompt, jegliche Form von Sexismus

im Golfsport zu ächten. Vermutlich aus Angst

vor Entlarvung hob mancher Chauvi daraufhin

die Schwurhand und stimmte einer selbst-

mörderischen Gebührenordnung zu, von der nur

die Präsidentinnen und einige vom Feminat

domestizierte Sitzpinkler wirklich begeistert

waren. Dass die deftigsten „Herrenwitze“ an

Damennachmittagen erzählt werden, blieb

unerwähnt. Fahrenbach, vom Ausgang der

Diskussion frustriert, reiste frühzeitig ab. Kaum

zurück, vereinbarte er mit Prof. Klausthaler, das

Club-Marketing wieder selbst in die Hand zu

nehmen.

Um den Lust-Faktor beim Golfen deutlicher

herauszuarbeiten, bewarb der Golfclub Bauern-

burg seine Liegewiesen kurz darauf mit groß-

formatigen Aufstellern an der Landstraße und

in Anzeigen der Regionalpresse. Der Erfolg des

Slogans: „Wir machen’s in der Natur!“ war ver-

blüffend: Bereits nach zwei Monaten konnten

wir achtzehn Vollzahler, darunter sieben fesche

Damen, begrüßen. Und wie viele kleine Golfer

die für Herbst geplante Turnierserie „Lust im

Laub“ bringen wird, ist noch gar nicht abzu-

sehen. Kein Wunder also, wenn Fahrenbach

lächelt!

GT

»Die spöttische

Frage von Nicht-

golfern, ob man

noch Sex habe,

wird unter

Golfern allgemein

als so lächerlich

wie lästig

empfunden.

Natürlich haben

wir!«

EUGEN PLETSCH

Jahrgang 1952, Autor von

fünf satirischen Büchern

(z. B. „Der Weg der weißen

Kugel“, KOSMOS-Verlag 2015),

lebt als Schriftsteller bei Gießen.

Legendär sind seine Lesungen in

Golfclubs, wo er als Mit-

arbeiter des „Golftherapeutischen

Pflegediensts“ live aus der

Grünen Hölle berichtet.

Kontakt:

home@cybergolf.de

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