Blickpunkt Schule 3/2020

Listen zu erstellen, die wie ein Da- moklesschwert über den Schulen und den Lehrkräften schweben, sind ein denkbar schlechter Weg, das Problem zu lösen. Die Arbeitszufriedenheit wird bei Zwangsabordnungen sicher nicht erhöht werden. Da mir nicht bekannt ist, welche Fä- cher in welchem Umfang benötigt werden, kann ich auch nicht sagen, ob mir dies trotz aller Bemühungen ge- lingen wird. Wirth: Ja, meine Schule soll im Um- fang einer halben Stelle die Fächer Englisch und Sport an eine benach- barte Grundschule abordnen. Ich ha- be bereits ein erstes Gespräch mit der Schulleiterin der Grundschule ge- führt. ?? Wurden nach Ihrer Kenntnis in Ihrem Schulamtsbezirk bzw. im Bereich Ihres Schulträgers bei den Grundschulen die Bedarfszahlen erhoben und die zuständigen Personalräte beteiligt? Hartung: Der Dezernent teilte mir mit, dass der Bedarf der Grundschu- len erhoben werden soll. Eine Beteili- gung der Personalräte erfolgte nach meiner Kenntnis nicht. Ganß: Diese Aspekte wurden schon weiter oben angesprochen. Wirth: Die Bedarfszahlen wurden er- hoben, über die Beteiligung der Per- sonalräte bin ich nicht informiert. ? Fazit? Hartung: Die Vorrangeinstellung neuer Lehrkräfte ist ein interessantes Instrument, mit welchem wir als Gym- nasien den Grundschulen helfen kön- nen. Eine Abordnung ohne Zustim- mung der Lehrkräfte ist ein Unding! Für freiwillige Abordnungen kann man gerne werben, aber nur, wenn die Fä- cher an der eigenen Schule durch Neueinstellung oder Überhang ent- behrlich sind. Ganß: Die vorrangige Einstellung könnte ein interessantes Instrument zur Personalgewinnung sein und

gleichzeitig die Grundschulen unter- stützen. Dies gilt aber nur, wenn die Einstellungen auf Beamtenstellen er- folgen, die den jungen Kolleginnen und Kollegen Sicherheit geben. Zwangsabordnungen erscheinen mir problematisch und letztlich untaug- lich. Bei entsprechendem Ersatz sind freiwillige Abordnungen durchaus denkbar. Zuerst benötigen wir aber ei- nen Überblick über den tatsächlichen Bedarf. Wirth: Die Vorrangeinstellung neuer Lehrkräfte ist ein interessantes In- strument, es ist für die Gymnasien in- teressant und hilft den Grundschulen. Nach den Vorstellungen des Hessi- schen Kultusministeriums soll im Bedarfsfall, solange im Ranglisten- verfahren noch ausreichend Bewer- berinnen und Bewerber von Gymna- siallehrkräften in einem Schul- amtsbereich vorhanden sind, die verpflichtende Abordnung von Gymnasiallehrkräften an Grund- schulen die Versorgung der Grund- schulen unterstützen. Neben vielen Problemen praktischer, menschli- cher und organisatorischer Art ist diese Maßnahme auch in Anbe- tracht der unterschiedlichen Studi- endauer, Ausbildung und Besoldung der Lehrkräfte an Grundschulen und Gymnasien rechtlich nicht un- umstritten. In der Konsequenz führt dies zu einem Einheitslehrer mit gleicher Ausbildung und Besoldung, wie einige Verbände es schon seit Jahren fordern. Aktuell aber gibt es die Unterschiede und unter Berück- sichtigung dieser wird die Befähi- Lehramt am Gymnasium, erworben. Das Studium für Grundschullehr- kräfte dauert mindestens sechs Se- mester zzgl. in der Regel eines Prü- fungssemesters. Es sind die Fächer Deutsch und Mathematik sowie ein weiteres Fach zu wählen. Daneben umfasst das Studium Erziehungs- und Gesellschaftswissenschaften, Didaktik der Grundschule sowie gung zum jeweiligen Lehramt, Lehramt an Grundschulen oder

Hier ist wichtig, dass die Stammschule das Gymnasium ist und der Abord- nungsumfang so geregelt wird, dass die Besoldung nach A13 erfolgt. Eine Abordnung ohne Zustimmung der Lehrkräfte könnte zu Schwierigkeiten führen. Für freiwillige Abordnungen werbe ich gerne, aber nur, wenn der Bedarf in den abgeordneten Fächern durch Neueinstellung an der eigenen Schule ausgeglichen werden kann oder ein Überhang besteht. In dieser sehr schwierigen Zeit ist das Solidari- tätsprinzip von ganz besonderer Be- deutung, ohne Solidarität lassen sich die Folgen von Corona nicht bewälti- gen. musisch-ästhetische Bildung und Bewegungserziehung. Das Studium für Gymnasiallehrkräfte dauert mindestens acht Semester und um- fasst neben dem erziehungs- und gesellschaftswissenschaftlichen Studium das fachwissenschaftliche Studium mit fachdidaktischen An- teilen für (mindestens) zwei Unter- richtsfächer. Die Einstellung einer Grundschullehrkraft erfolgt im ge- hobenen Dienst (§ 22 HBG) in der Besoldungsgruppe A12. Eine Gym- nasiallehrkraft wird im höheren Dienst (§ 23 HBG) in der Besol- dungsgruppe A13 eingestellt. Das Hessische Lehrerbildungsgesetz sieht in § 58 Abs. 3 vor, dass die Be- fähigung zum Lehramt an Gymna- sien auch zum Unterricht in den Hauptschulen und Realschulen so- wie zum Unterricht in den allge- meinbildenden Fächern der berufli- chen Schulen berechtigt. Eine Tä- tigkeit an einer Grundschule scheint somit nicht vorgesehen zu sein. Die- se Unterschiede machen eine ver- pflichtende Abordnung von Gymna- siallehrkräften an Grundschulen für rechtlich hinterfragbar. Der hphv wird sich gemeinsam mit den Juris- ten im dbb beraten, ob von Abord- nung betroffene Gymnasiallehr- kräfte rechtlich unterstützt werden. Stephan F. Dietz, Justiziar des hphv

22 BLICKPUNKT Schule Klartext

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