Blickpunkt Schule 5 2025

Im Sinne der zuvor skizzierten Erweiterung des schulischen Reper toires über agile Handlungs- und Entscheidungsstrukturen hinaus, sehe ich die Etablierung einer konstruktiven Fehlerkultur als ein weiteres Merkmal im ‘Gymnasium der Zukunft’. ‘Fehler’, hier im organisatorischen Sinne verstanden, zeigen sich als »eine Handlung oder ein Unterlassen, bei dem eine Abweichung vom Plan bzw. von bestehenden Verabredungen, ein falscher Plan oder kein Plan vor liegt (vgl. Rami 2021)«, werden im ‘Gymnasium der Zukunft’ zu einer re levanten Ressource und damit zu Be standteilen einer lernenden und sich entwickelnden Organisation. Dabei zeigt sich eine konstruktive Fehler kultur sowohl im schulischen Tages geschäft, in der schulischen Mitarbei terführung und Personalentwicklung als auch in Schulentwicklungsprozes sen und charakterisiert sich unter an derem durch folgende Merkmale (un ter anderem nach Rami/Euler 2016; Lévesque 2020, 25): Fehler dienen als relevante Weg weiser (und nicht als ‘Sackgasse’) und haben somit eine gleichwer tige Bedeutung wertvoller Be standteile des eigenen Organisa tionswissens. Fehler werden erkannt, benannt und als hilfreich anerkannt, so dass sie von allen Beteiligten und dem System selbst zukünftig vermieden werden können. Bei Fehlern fällt der suchende Blick auf strukturelle Ursachen und nicht auf individuelles Unver mögen oder individuelle Schuld. Die Arbeit an und mit Lösungen bestimmt das organisatorische Handeln gleichermaßen wie die Personalführung und -entwick lung als zentrale Aufgaben der Schulleitung. Ein Denken in »richtig vs. falsch« und in »gut vs. schlecht« wird ersetzt durch lösungsorientierte Herangehensweisen. Die Schulleitung zeigt und fördert Offenheit für Neues. → → → → → →

Titelthema

Foto: RajuKumar|AdobeStock

Die Schulleitung ermutigt dazu, eigene und geteilte Ideen aus- zuprobieren. Die Schulleitung ermutigt dazu, individuell und gemeinsam Verantwortung zu übernehmen. Gelungenes wird gesehen, wahrgenommen, geteilt und wertgeschätzt. In einem Umfeld konstruktiver Fehlerkultur wird Kommunikation zwischen allen Personengruppen, Gremien und über Hierarchie ebenen hinweg immer relevanter und notwendiger. Statt eines Resümees Lassen Sie uns abschließend noch mals in die eingangs skizzierte akade mische Abiturfeier eintauchen. Der offizielle Teil ist zu Ende, der Empfang in vollem Gange. Etwas abseits hat sich eine kleine Runde mit je einer Vertreterin bzw. einem Vertreter aus der Schulleitung, der Schülervertretung, der Ehemaligengemeinschaft, der Elternvertretung, aus der Bildungs verwaltung und von regionalen Part nerinnen und Partnern aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft zusammengefunden. Man kennt sich, schätzt sich, trifft sich in diesem Setting ohnehin regelmäßig und teilt somit zu jedem Zeitpunkt ein großes Interesse an der jeweiligen Schule als → → → →

ZUR AUTORIN

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Foto: privat

Dr. Annette Petri, Schulleiterin der Internatsschule Schloss Hansenberg und Mitglied im Schulleiterbeirat Sekundarstufe.

für die Region ungemein wichtigem und Identität stiftendem Ort. Während in den regelmäßig zwischen benannter Personengruppe stattfindenden Runden im Sinne der Sache und des demokratischen Diskurses stets leidenschaftlich gestritten wird, steht heute einzig die Freude über eine nächste Generation Abiturientinnen und Abiturienten im Mittelpunkt des Austauschs. Mit der geteilten Feststel lung »Wenn wir uns unsere Absolven tinnen und Absolventen so anschauen, dann braucht uns ob der Zukunft weder Angst noch Bange sein und wir können festhalten: Das hat die Schule gut ge macht!«, nimmt auch für diese Gruppe der Übergang in den informellen Teil der Veranstaltung seinen Anfang.

SCHULE 5|2025

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