Blickpunkt Schule 5 2025

auf die Sprachen, die Kulturen und die Geschichte Europas und bildet so einen Großteil des Fundaments unserer heutigen europäischen Gesellschaften und Werte. Die Be schäftigung mit der Antike dient zur kritischen Reflexion auch unserer heutigen (oft unhinterfragten) Denk- weisen und Verhältnisse (‘Das nächste Fremde’). Im Sinne des γνῶθι σαυτόν erkennen sich die Lernenden in ihrer Individualität als Teil einer wertebasierten Welt, die ihre Wurzeln in der griechisch-römi schen Antike hat. Sie erlernen Selbstreflexion und Kritikfähigkeit, um sich in unserer modernen, wis senschaftsorientierten und wand lungsreichen Welt zu orientieren. Mit den antiken Philosophen, ins besondere Platon und Aristoteles, aber auch Cicero und Seneca, the matisieren wir existenzielle Frage stellungen und die Grundlagen der menschlichen Gemeinschaft: der Mensch als vernunftbegabtes Wesen ( ζῷον λ o γικόν /zoon logikon), dessen Vernunftbegabung der (Aus-) Bildung bedarf, und auch als Ge meinschaftswesen ( ζῷον π ολιτι κόν /zoon politikon), das nicht nur zur Gemeinschaft fähig ist, sondern sich erst in der Gemeinschaft indivi duell bestmöglich entfalten kann. Die Beschäftigung mit den mensch lichen Grundfragen: »Was ist das eigentliche Wesen des Menschen? Wie kann er dieses verwirklichen? Wie lassen sich die Bedürfnisse des Individuums mit denen des Gemein wesens in Einklang bringen?« durch ziehen die gesamte griechische Lite ratur und stehen auch im Zentrum der griechischen Tragödie (Antigone, Ödipus u.v.a.). Die Auseinanderset zung mit diesen wirkmächtigen Texten zielt auf eine ganzheitliche und nachhaltige Bildung, die sowohl die intellektuelle, philosophische, literarisch-ästhetische, soziale und ethisch-politische Dimension um fasst. Dies schließt die Vermittlung eines fundierten Allgemeinwissens als auch den kompetenten Umgang mit den modernen Medien und neuen Informationstechnologien mit ein.

wissenschaftsorientierten und wand lungsreichen Welt: Ziel ist es, eine Offenheit für kosmopolitische kultu relle Verständigung zu erreichen, die den Anforderungen in einer globalen Welt gerecht wird. Die alten Sprachen können hierbei einen wesentlichen Beitrag zur Demokratie- und Werte erziehung und zur Stärkung des euro päischen Zusammenhalts leisten. Vielfalt und Diversität betrachten wir als Impuls zur eigenen Weiterentwick lung und Aufgabe zur Integration. Die Lage des altsprachlichen Unter richts und insbesondere der wenigen verbliebenen altsprachlichen Gym nasien, die sowohl Latein ab Klasse 5 als auch Griechisch verlässlich als 3. Fremdsprache anbieten, ist schon lange prekär, zunehmend erreichen uns im Verband auch Hilferufe von Lateinkolleginnen und -kollegen, die um den Verlust des lateinischen Sprachenangebotes als zweite oder dritte Fremdsprache an ihren Schulen bangen. Daher möchten wir als Verband ein Bewusstsein für den Wert von Latein und Griechisch im hessischen Bil dungskanon schaffen und setzen uns für unser Ziel ein, den altsprachlichen Unterricht in der Hessischen Bildungs landschaft auch langfristig zu erhal ten, damit auch kommende Genera tionen von Schülerinnen und Schülern von den Inhalten profitieren und diese selbst als Multiplikatorinnen und Mul tiplikatoren für unseren gesellschaft lichen Zusammenhalt fruchtbar wer den lassen. Gemeinsam mit dem HMKB haben wir eine Initiative entwi ckelt, um Schulen mit altsprachlichem Profil zu stärken. In unserem Vorhaben greifen wir dezidiert den aktuellen Koalitionsvertrag auf, in dem es ins besondere heißt, dass jene Schulen ermutigt und besonders gefördert werden sollen, die sich der europäi schen Mehrsprachigkeit – einschließ lich der alten europäischen Kultur sprachen Latein und Griechisch – wid men. Dabei ist uns wichtig, dass alte und moderne Sprachen nicht gegen einander ausgespielt werden, sondern die Synergieeffekte deutlich werden, von denen alle Seiten profitieren.

Last, but not least veranstalten wir jedes Jahr im November den soge nannten Altphilologentag, einen in tensiven und bei den Kolleginnen und Kollegen sehr beliebten Fachtag: Neben einem akademischem Vortrag bieten wir immer etwa zehn Work shops an mit fachdidaktischen Exper tinnen und Experten aus Universität und Schule, aber auch mit Angeboten von Studierenden und jungen Lehr kräften, denen wir ein Podium bieten, ihre innovativen Unterrichtsideen mit anderen zu teilen. Der Altphilologen tag bietet eine willkommene Gele genheit für die Lehrkräfte der alten Sprachen, sich über die neuesten didaktischen Entwicklungen zu infor mieren und sich mit Fachkolleginnen und -kollegen über alle Belange, die einem am Herzen liegen, austauschen zu können – und natürlich auch, um ehemalige Kommilitoninnen und Kommilitonen aus Studienzeiten wiederzutreffen und bei einem Kaffee ins Gespräch zu kommen. Ziele und Kernthemen des altsprachlichen Unterrichts γνῶθι σαυτόν – erkenne dich selbst! – entfalte dich selbst! Zukunft braucht Herkunft und Inno vation braucht starke Persönlichkei ten. Die humanistische Bildung stellt die individuelle Persönlichkeitsent wicklung, die freie Geistes- und Cha rakterbildung in den Vordergrund, und zwar gerade durch die Beschäftigung mit der Kultur, Literatur und Philoso phie der griechisch-römischen Antike. Das Studium der alten Kultursprachen Latein und Griechisch befähigt – jen seits eines vordergründigen Nützlich keitsdenkens – in besonderer Weise dazu, Zukunft wertebewusst und pro blemlösungsorientiert, kreativ und verantwortungsvoll zu gestalten. Hinterfragen – begründen – weiterentwickeln Die Wiege Europas – die Antike hatte und hat erheblichen Einfluss Bildung – Akkulturation – Persönlichkeitsentwicklung

Fachverbände stellen sich vor

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SCHULE 5|2025

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