CF_04_2022

KOMPETENZ

sind besonders in gemischten Teams ein Problem. Viele spie len daher mit dem Gedanken, den Arbeitgeber zu wechseln. Gerade die jüngeren Kollegen. Was könnte die Pflege attrakti ver machen? Mehr Geld, mehr frei? Oder kommt die Rettung aus dem Ausland? Krey: Nach dem letzten Streik der Unikliniken in NRW wurde tariflich vereinbart, dass Pflege mitarbeiter ‚Belastungspunkte‘ sammeln, wenn in einer Schicht zu wenig Pflegekräfte einge setzt sind. Diese Punkte werden in Urlaubstage umgewandelt, was bedeutet: maximal 18 wei tere freie Tage ab dem dritten Jahr der Umsetzung. Das hört sich toll an, aber wer soll denn an den zusätzlichen freien Ta gen die Arbeit übernehmen? Da beißt sich doch die Katze in den Schwanz. Scholven: Die Zeitzuschläge müssen dringend angepasst werden, um mit den Zeitarbeits firmen mithalten zu können. Müller: Ausländische Arbeits kräfte ins Land zu holen hilft, doch es löst das Problem nicht. Die bürokratischen Hürden sind zu hoch. Hinzu kommt, dass die Leistungen aus den Heimatlän dern von Bundesland zu Bun desland, sogar von Stadt zu Stadt unterschiedlich anerkannt werden. Gibt es Lösungen? Müller: Die Politik muss sich Ursache und Wirkung genauer

diese auf andere Berufsgrup pen delegieren, würde das den Beruf aufwerten. Müller: Wir Pflegende jammern oft zu viel, ohne die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Statt die Pflegekammer zu boykottieren, sollten wir sie zu einem durch setzungsfähigen Instrument unserer Interessen ausbauen. Das geht, wie in anderen Be rufsgruppen auch, nicht ohne Mitgliedsbeiträge. Schneider: Im Verbund sind Stationsleitungen und Oberärz te auf einer gleichen Ebene, was ich sehr begrüße. Wenn wir es jetzt auch noch schaffen wür den, gemeinsame Fortbildun gen für (Chef-)Ärzte und Pflege anzubieten, würde das die Au genhöhe noch unterstreichen. Krey: In den USA war der Pfle geberuf Ende der Neunziger Jahre ähnlich verpönt wie heute in Deutschland. Dann setzte ein Umdenken ein. Berufe, in denen sich Menschen für andere ein setzen, wurden wieder attraktiv und sind es bis heute. Gesell schaftliches Bewusstsein kann sich ändern, was ich mir spe ziell für die Pflege und generell für Ausbildungsberufe wünsche. Wer weiß, vielleicht sind es in 20 Jahren genau diese Berufe, die den Menschen ein Top-Gehalt und einen anerkannten, siche ren Job bieten, während der Ar beitsmarkt mit der Flut der Aka demiker nichts anzufangen weiß.

Mehr als zuvor sind wir auf Kooperation mit Zeitarbeitsfirmen angewiesen. Das bringt Unruhe in die Teams.

anschauen. Die DRGs regten dazu an, Mitarbeiter in der Pfle ge einzusparen. Der (politische) Fokus liegt in den Krankenhäu sern seither auf den Ärzten. Das muss sich ändern. Das Pflege budget war eine gute Idee, aber die Diskussionen von fachfrem den Dritten darüber, was Pflege ist, muss dringend aufhören, um nicht wieder zusätzliche Belas tungen im Alltag zu provozieren. Aber vor allem: Pflege muss zu einem gesellschaftlichen Thema werden. Nur Klatschen wie 2020 ist zu wenig. Solange auf den Berufsmessen Eltern den Nachwuchs von unserem Stand wegziehen mit den Wor ten: „Nein Kind, bloß keine Pfle geausbildung!“, werden sich die Probleme in den Krankenhäu sern und Pflegeeinrichtungen weiter verschärfen. Schneider: Wir müssen die Aufgabenfelder überdenken. Wenn wir die Pflegefachkräfte noch mehr von vorbereitenden Pflegetätigkeiten befreien und

Vielen Dank für das Gespräch. (S.St.)

CellitinnenForum 04 | 2022

43

Made with FlippingBook Ebook Creator