CellitinnenForum 4_2019_

Glasfenster im Seniorenhaus Hermann-Josef-Lascheid

Spirituelle Räume gestalten Sakralbauten stellen besondere Anforderungen an den Gestalter

Architektur, die Spiritualität und Transzendenz freisetzen will, hat eine schwierige Aufgabe. Einge- bettet in religiöse Traditionen muss sie neue Impulse setzen, die das Bedürfnis der Menschen nach Gott wiedererwecken soll. Der Künst- ler Egbert Verbeek gestaltet sol- che Räume. Das CellitinnenForum sprach mit ihm. Wir kennen romanische, gotische oder barocke Kirchen. Gibt es eine Stilrichtung, wonach Kirchen oder Räume der Stille heute gebaut und eingerichtet werden? Seit Ende des Historismus hat sich ein neuer Stil durchgesetzt: Weni- ger ist mehr. Es wurden Formen und Materialien verknappt, radikal

auf Ornament verzichtet. Leider versiegte weitgehend dabei auch das reiche Quellgebiet an Inhalten, Darstellungen von Legenden und Symbolen. Übrig geblieben ist das Kreuz, oft nur noch als Zeichen. Doch ist es möglich, über den Bruch der Moderne, Vergangenes in die Zukunft zu retten. Herr Verbeek, was reizt Sie an der Gestaltung von Kapellen und anderen spirituellen Räumen wie den Erinnerungsgarten der Ursulinen in Hersel? Ein Friedhof ist auch ein Ort der Begegnung. Um das zu betonen, sind die Schwestern der Ursulinen in Hersel einen mutigen Weg ge- gangen: Die Neugestaltung des al-

ten Friedhofs in einen Erinnerungs- garten mit einem zentralen Platz erleichtert die Begegnung von Alt und Jung, benachbartem Senioren- haus und Schule, oder gibt dem Einzelnen die Möglichkeit, einfach auf einer Bank innezuhalten. Ich freue mich schon auf das kom- mende Frühjahr, wenn hoffentlich dutzende Narzissen blühen, deren Zwiebeln wir gerade in den Boden gelegt haben. Ich bin froh, dass ich immer wieder die Chance bekam, spirituelle Räu- me zu gestalten. Denn existenzielle Fragestellungen stehen hier im Vor- dergrund: Das Warum, Woher und Wohin. Eine Perversion stellt daher die ausschließliche Frage nach dem

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