Blickpunkt Schule 5/2019

40. VhU-Bildungsforum

Blickpunkt universitäre Lehrerausbildung Mit dem Titel ’Reform der universitären Lehrerausbil- dung – Herausforderungen – Chancen – Grenzen’ fand am 4. November 2019 das 40. VhU-Bildungsforum in Frankfurt statt. Die Vereinigung der hessischen Unter- nehmerverbände (VhU) hatte Prof. Dr. Verena Dolle von der Justus-Liebig-Universität Gießen eingeladen, zum Tagungsthema zu sprechen. J örg E. Feuchthofen, der Geschäftsführer Bildungs- und Gesell- Foto: Edith Krippner-Grimme

Berichte

schaftspolitik der VhU, begrüßte die Anwesenden zum 40. Bildungsforum und stellte fest, dass die Veranstaltungsreihe in den vergangenen Jahren durch eine Vielfalt von Themen und eine große Anzahl namhafter Referenten geprägt gewesen sei. Er richtete seinen Dank an die Abgeordneten des Hessischen Landtages, die durch ihre regelmäßige Präsenz dazu beitrugen, das VhU-Forum zu einem Stück politische Meinungsbildung zu machen. Feuchthofen erinnerte daran, dass vor zehn Jahren be- reits das Thema Lehrerausbildung im Mittelpunkt des damals 13. Bildungsforums gestanden hatte. Man greife das Thema aus ak- tuellem Anlass wieder auf und freue sich, mit Prof. Dr. Verena Dolle die Vizepräsidentin für Studium und Lehre sowie das vorsit- zende Mitglied des Direktoriums Zentrum für Lehrerausbildung der Justus-Liebig-Universität Gießen und damit eine ausgewiese- ne Expertin als Referentin gewonnen zu haben. Vor zehn Jahren sei von Universitäten und auch von der VhU eine Veränderung der Struktur der ersten Phase der Lehrerausbildung hin zum Sys- tem des Bachelor-/Master-Abschlusses (BA/MA) gefordert wor- den. Dies sei aber in Hessen mit wenig Begeisterung aufgenom- men worden. Mittlerweile sei von der Regierungskoalition ein neuer Entwurf eines Lehrerbildungsgesetzes angekündigt. Prof. Dr. Verena Dolle stellte zunächst das ’Liebig-Konzept’ der Universität Gießen vor, die alle Lehramtsstudiengänge anbiete und von deren Studierendenschaft 25 Prozent zu diesem Bereich ge- hörten. Das Ziel der Ausbildung sei die Professionalisierung kom- petenter Lehrkräfte, die mit den Aspekten Bildungssystem, Gesell- schaft, demokratische Haltung und Gewinnung von Lehramtsstu- dierenden in einer Kreisbeziehung stehe. Trotz aller Reformen ge- be es immer noch, außer im beruflichen Bereich, die 1. Staatsprü- fung, bei der zu hinterfragen sei, ob sie angesichts der jeweils mit einer Prüfung abzuschließenden Module noch notwendig sei. Für Theorie und Praxis, so die Referentin, gebe es in der 1. und 2. Phase unterschiedliche Schwerpunkte. Zum Zweck der Erprobung unterschiedlicher Modelle hätten sich die hessischen Universitäten aufgeteilt. Als sogenannte Querschnittsthemen nannte sie Inklusion, die Gewichtung von Fach- und Grundwis- senschaften sowie Digitalisierung. Bei dieser seien sechs Aspek- te als Herausforderung anzusehen: Suchen und Filtern, Produzie- ren und Präsentieren, Problemlösen und Handeln, Kommunizie- ren und Kooperieren, Schützen und sicher Agieren sowie Analy- sieren und Reflektieren. Sie sprach den Digitalpakt im Bereich Schule und Hochschule, das Projekt DigLL (Digital gestütztes Leh-

ren und Lernen) der Universität Gießen sowie den von der SPD- Fraktion vorgelegten Entwurf des Hessischen Lehrkräftebildungs- modernisierungsgesetzes und dessen Anhörung im kulturpoliti- schen Ausschuss des Landtages an. Dabei betonte sie, Medien- kompetenz müsse mit Fachdidaktik verknüpft werden. Das von Prof. Dr. Dolle vorgestellte Modell für die 1. Phase der Lehrkräfteausbildung umfasst zehn Semester für alle Lehrämter, wobei das Element der Polyvalenz in den ersten sechs Semestern für eine Flexibilisierung sorgen soll. An deren Ende steht ein Ba- chelor of Science oder ein Bachelor of Education. Im 4. Semester ist ein begleitetes Praktikum vorgesehen, das auch Beratung und Eignungsabklärung enthält. Die Zwischenprüfung entfällt. Nach dem 6. Semester erfülle dieses System eine sogenannte ’Gabel- funktion’. Die Semester 7 bis 10 sollen dann der Profilierung die- nen und mit einem Master oder dem 1. Staatsexamen abgeschlos- sen werden, wodurch ein direkter Promotionszugang gewährleis- tet ist. Als Vorteil nannte die Referentin die Flexibilität. Grenzen seien unter anderem durch zeitliche Vorgaben, Finanzierung, Tradi- tionen sowie Erwartungs- und Erfolgsdruck gegeben. Unter dem Stichwort ’Ausblick’ nannte sie: Gewinnung geeigneter Lehramts- studierender, Imageverbesserung, höhere Wertschätzung. In der vom Geschäftsführer der LAG Schule-Wirtschaft, Matthi- as Rust, moderierten Diskussion wurde der richtige Zeitpunkt des Praktikums kontrovers gesehen. Außerdem wurde unter an- derem die Bedeutung des Fachstudiums für Gymnasiallehrkräfte (Wissenschaftspropädeutik in der Gymnasialen Oberstufe) ange- sichts der in den vergangenen Jahren immer stärker ausge- dehnten Grundstudium-Anteile angesprochen. Im Anschluss wurde den anwesenden Politikern Christoph De- gen (SPD), Rolf Kahnt (AfD), Elisabeth Kula (Die Linke), Daniel May (Bündnis 90/Die Grünen), Moritz Promny (FDP) und Armin Schwarz (CDU) die Gelegenheit gegeben, zum Thema ein kurzes Statement abzugeben. Hierbei wurde vor allem in den Beiträ- gen von Christoph Degen und Elisabeth Kula die Tendenz ihrer Fraktionen zu mehr Polyvalenz und zum BA/MA deutlich. Die Vertreter der Regierungsfraktionen, Armin Schwarz und Daniel May, betonten dagegen, dass aus guten Gründen am 1. Staats- examen festgehalten werden solle. Sie kündigten die Vorlage eines Konzepts spätestens Anfang 2020 an. Angelika Kiene-Bock, Referat Gymnasium-Wirtschaft des HPhV

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