68
GOLF TIME
|
2-2016
www.golftime.deAlle Schläger
gleich
I
n den letzten Monaten geistert immer
wieder ein Name durch die Golfgazetten:
Bryson DeChambeau. Der junge Mann
hat noch Amateurstatus und war einer
der wenigen Golfer, die es geschafft
haben, die US Amateurmeisterschaften
und die NCAA Einzelmeisterschaft zu gewinnen.
Er ist der erste absolute Topgolfer, der sich an
das Konzept der sog. Single Length Eisen her-
angetraut hat, um eine höhere Zuverlässigkeit in
seinem Golfspiel zu erzielen. Doch was bedeutet
„Single Length“ in diesem Zusammenhang und
welche Auswirkungen hat das auf die Konstruk-
tionsweise von Eisensätzen?
GLEICHES SET-UP
Single Length heißt übersetzt
in diesem Zusammenhang nichts anderes als
„einheitliche Länge“. Im Satz von DeChambeau
sind also alle Eisen gleich lang – das Eisen 4 so
lang wie seine Wedges. Auch der Liewinkel ist
immer identisch. Das ermöglicht ihm, immer aus
dem exakt gleichen Set-up heraus, den exakt
gleichen Bewegungsablauf zu trainieren.
Von der technischen Seite gibt es hierfür sehr
wichtige Voraussetzungen. Alle Schlägerköpfe
müssen gleich schwer sein, was bei einem tradi-
tionell gebauten Satz mit Längenunterschieden
von 0,5 Inch zwischen den Eisen nicht der Fall
ist. Normal ist eine Gewichtsprogression von
7 Gramm von Eisen zu Eisen. Die langen Eisen
sind also leichter als die kurzen, um
eine harmonische Balance zwischen
den Schlägern zu erreichen (gleiches
Schwunggewicht).
Man braucht also eine Sonder-
anfertigung, um dieses Ziel zu errei-
chen, was in diesem Fall von einem
kleinen Unternehmen namens Edel
Golf gefertigt wurde. Lange Eisen
wurden mit Wolframplugs schwer
gemacht, kurze Eisen wurden mit
Löchern versehen (portiert), um
Gewicht zu verringern.
So neu, wie es nun aber in den
Golfmedien dargestellt wird, ist
das Thema allerdings nicht. Den
ersten Versuch in diesem Segment
machte Ende der 1980er-Jahre das
Unternehmen Tommy Armour (TA); man
scheiterte an der Akzeptanz in der Golferwelt.
Inzwischen gibt es wieder einige Anbieter, die sich
mit Single Length Eisen versuchen und natürlich
vom derzeitigen Hype durchaus profitieren. Zum
einen ist da die Firma 1-Iron Golf, zum anderen
ValueGolf mit den Pinhawk SL Eisen und für 2016
wird auch Tom Wishon Golf Technology einen
solchen Satz im Programm haben.
Doch das Konzept – so charmant es auf den
ersten Blick auch erscheinen mag – stellt einige
Herausforderungen an das Design der entspre-
chenden Eisen. Durch die fehlende Längen-
progression innerhalb des Satzes fehlt auch der
Zu- wachs an Schlägerkopfgeschwindigkeit
innerhalb des Eisensatzes. Die langen Eisen wer-
den also tendenziell langsamer bewegt und die
kurzen tendenziell schneller. Das führt bei gleich-
mäßigen Loftsprüngen innerhalb des Satzes zu
ungleichmäßigen Distanzlücken zwischen den
Eisen. Um das zu kompensieren, müssen also die
Loftunterschiede zwischen den Eisen angepasst
werden, was dazu führen kann, dass die kurzen
Eisen zu hoch fliegen und die langen Eisen zu
flach. Also muss auch noch die Platzierung des
CoG (Center of Gravity) innerhalb des Satzes
variieren. Bei den kurzen Eisen muss dieses
relativ hoch sitzen, um den Ballflug etwas flacher
zu bekommen, und bei den langen Eisen muss
es sehr tief und nach hinten gesetzt werden, um
den Ballstart zu erleichtern. Ein gleiches Design
durch alle Eisenköpfe ist also nicht die ideale
Lösung bei einem solchen Konzept. Bei den Edel
Golf Eisen von DeChambeau ist dies sehr deut-
lich zu erkennen. Es wurde sehr viel getan,
um genau diese unterschiedliche Platzierung des
CoG zu erreichen. In einer einfachen Hobby-
werkstatt ist das nicht zu machen.
Aber es ist sicher keine Lösung für jeden Spieler
und schon gar nicht die eierlegende Wollmilch-
sau, wie es nun auch schon in einigen Media
Outlets dargestellt wird. Es gehört viel Arbeit
dazu, einen solchen Satz korrekt zu konzipieren
und später auch zu fitten. Vor allem wird es in
den meisten Fällen so sein, dass man mindestens
einen bis zwei Folgetermine beim Fitter einplanen
muss, um die Distanzlücken durch Loftmanipu-
lation im Nachgang perfekt hinzubekommen.
GT
SINGLE LENGTH EISEN
Die Wiedergeburt der neuen
eierlegenden Wollmilchsau imMaterialkarussell?
BRYSON DECHAMBEAU
Der Amateur hat die
Diskussion um gleichlange
Schläger neu entfacht
CLUB
FITTING
JOHANNES HERBIG
Jahrgang ‘61, Inhaber der
Fitting-Schmiede Clubmate
Golf mit Stützpunkten in
Pfungstadt und im Jordan
Golfdom, Köln