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74

GOLF TIME

|

2-2016

www.golftime.de

CLUBS |

GOLFREGELN TEIL 2

DON JALY

UND

DER AUSZAUN

D

ies ist eine wahre Geschichte.

Sie ereignete sich in diesem

Frühjahr auf einer Professional

Tour. Namen und Handlungs­

ort wurden geändert. Es war an einem

sonnigen Dienstagmorgen. Die Uhr zeigte

9.50, als der Spieler Don Jaly zum Abschlag

schritt. Sein Drive, der in der Mitte des

Fairways landen sollte, flog dank des

ausgeprägten Quick Hooks in Richtung

Auszaun. Ein Start wie im Bilderbuch…

Ein provisorischer Ball musste her. Der

landete genau Mitte Fairway. Wo sonst?

„Mit dem zweiten kann’s ja jeder“, dachte

nicht nur der spanische Referee. Endlich

war er gefragt. Der Regelexperte erwachte

aus seiner vermeintlichen Lethargie und

fuhr mit dem Cart in Richtung Auszaun.

Dort lag der Ball nun – tot am Zaun. Da

die innere Linie der Zaunpfosten die Aus­

linie bildet, ermittelte er anhand seiner

schleunigst gespannten Schnur, dass der

Ball „in bounds“ war: der Ball berührte

noch einen Teil des Platzes. Glück gehabt!

Doch Don Jaly hatte keine Chance, den

Ball zu spielen. Jedenfalls nicht so, wie er

lag. Denn er befand sich schlicht und ein­

fach zu nah am Zaunpfosten. Nun wandte

er sich an den Referee: „Was kann ich

tun?“ Damit stellte er die beste Frage, die

man einem Referee stellen kann. Denn der

hat die Optionen aufzuzählen.

Da der Ball unspielbar erschien, kam

Regel 28 ins Spiel. Die erste Option konnte

lauten, den Ball so zu spielen, wie er lag.

Da es jedoch unmöglich war, ihn rechts­

herum zu schlagen, hätte der Spieler den

Ball lediglich linksherum bewegen kön­

nen. Die zweite Möglichkeit hätte einen

Strafschlag gekostet und den Unglücks­

raben zurück zum Abschlag geführt, ent­

sprechend Regel 28a. Denkbare Varianten:

innerhalb von zwei Schlägerlängen drop­

pen (Regel 28c) bzw. den Ball in direkter

Linie zur Fahne droppen (Regel 28b).

Es blieb nur die Chance, innerhalb von

zwei Schlägerlängen zu droppen. Dazu

präsentierte sich der Hang jedoch als so

steil, dass der Ball ins Aus springen würde.

Da der bedauernswerte Don Jaly mitt­

lerweile völlig verunsichert war, fragte er

den Regelfachmann: „Was passiert, wenn

mein Ball beim Droppen ins Aus springt?“

Ortiz Ortega, der spanische Referee,

staunte nicht schlecht ob der mangelhaf­

ten Regelkenntnis des Pros. Er antwortete:

„Dann musst du noch einmal droppen.

Rollt der Ball dann wieder ins Aus, hast

du ihn zu platzieren“ – entsprechend

Regel 202c, „Wann erneut fallen lassen?“

Endlich droppte Jaly seinen Ball, der

prompt ins Aus sprang – beim ersten wie

beim zweiten Anlauf. Daraufhin platzierte

der Spieler den Ball an der Stelle, auf die

der Ball beim zweiten Drop auf einen Teil

des Platzes getroffen war. Der Untergrund

erwies sich als derart steil, dass er einige

Mühe darauf verwenden musste, um sei­

nen Ball hinzulegen.

Dann unterlief Jaly ein fataler Fehler. Er

überlegte zu lange, welchen Schläger er

spielen sollte. Just in dem Augenblick, als

er schlagen wollte, fing der Ball an zu rol­

len und bewegte sich ins Aus (Regel 20­

2c/3.5). Höchststrafe! Der Ball befand sich

nun im Aus – und war bereits im Spiel.

Also hieß die Devise: zurück zum Ab­

schlag. Der nächste Schlag war nun schon

der vierte – absolute Höchststrafe!

GT

DR. ULRIKE GARTZ UND

HOLGER GARTZ

veranstalten und organisieren seit 1997

über 250 Turniere und Turnierserien im

Profi- und Amateurbereich. Als Spielleiter

sind beide seit 2005 im Golfverband Nieder-

sachsen-Bremen tätig. Dr. Ulrike Gartz hat

die Prüfung zum R&A Referee 2011 mit

Erfolg bestanden.

REGELFRAGE

Was

passiert, wenn der

Ball beim Droppen

ins Aus springt?