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GÖTZ SCHMIEDEHAUSEN

Seit 2011 Mitarbeiter bei

GOLF TIME. Neben Golf ist Film

seine große Leidenschaft.

Hat einige der hier aufgeführten

Anekdoten selbst (mit)erlebt.

Allerdings nicht die Geschichte mit

den Außerirdischen. Ehrenwort!

GÖTZ

ZITAT

N

icht selten liefert eine Golfrunde Stoff

für ein filmreifes Drehbuch. In puncto

Genre kann man sich allerdings

nie wirklich sicher sein, was heute im Theater

wieder gespielt wird.

Freunde der Komödie kommen im Golfsport

immer voll auf ihre Kosten. Fliegt der proviso-

rische Ball auf einem Par 3 direkt vom Abschlag

ins Loch, freut man sich über das spektakuläre

Par. Zum Schenkelklopfer wird die Geschichte

erst, wenn Ball Nr. 1 gar nicht im Aus liegt,

sondern in bester Spiegelei-Lage im Bunker

gefunden wird.

Und wer kann schon ernst bleiben, wenn man

am 18. Abschlag des hochdotierten Einladungs-

turniers (nachdemman sich schon über 40 Netto-

punkte erspielt hat) den Satz hört: „Sag mal,

sind das nicht 15 Schläger in deinem Bag?“

Lässt man sich von drei italienischen Gast-

spielern zu einer „interessanten Spielform aus

unserer sizilianischen Heimat“ überreden, bei

der man am Ende soviel Geld verliert, dass man

sich gezwungen sieht, diesen Herren „irgend-

wann eine kleine Gefälligkeit zu erweisen“, ist

man womöglich in einem schlechten Gangster-

film gelandet.

Manchmal kann eine einzige Begebenheit gleich

Stoff für mehrere Filmszenarien liefern. Denn

stellt man auf demGrün fest, dass man den Ball,

den man sich gerade zum Eagle-Putt aus einem

Meter Entfernung hinlegt, noch nie zuvor ge-

sehen hat, steht man in puncto Dramaturgie

plötzlich am Scheideweg. Der ehrliche Golfer

gesteht den Fehler und wird so zum tragischen

Helden in einem deprimierenden Drama ohne

Happy End, das zwar viele Filmpreise gewinnt,

an den Kinokassen jedoch zurecht abstinkt.

Ein schwächerer Geist hingegen spielt das

Eagle und hofft, dass niemand etwas merkt.

Geht der Plan jedoch schief und die Mitspieler

erheben Klage, befindet man sich schlagartig

inmitten eines Gerichtsthrillers, bei dem selbst

John Grisham gespannt wäre, wie man sich aus

der Nummer wieder herausmanövriert.

Erfolgt hingegen kein Einspruch und man

gewinnt dank der ergaunerten Punkte den

Hauptpreis des Turniers, könnten Schuldgefühle

entstehen, die so lange am Gewissen nagen, bis

man irgendwann als paranoides Nervenbündel

in der Ecke kauert, unfähig, die unrechtmäßig

gewonnene Golfreise anzutreten. Diese Zurschau-

stellungen innerer Selbstzerfleischung finden

jedoch nur französische Experimentalfilmer

unterhaltsam.

Deutlich beliebter sind hingegen zu Herzen

gehende Liebesfilme. Verfehlt man bspw. mit

einem Querschläger die schöne Clubmeisterin

um Haaresbreite und lernt die Dame dank des

Fauxpas anschließend näher kennen, erwächst

aus dem Golftag im Handumdrehen der Plot zu

einem romantischen Streifen mit Happy End in

Form einer Traumhochzeit auf dem Golfplatz.

Blitzschnell kann die Golfrunde aber auch zur

Horrorshow mutieren. Hört man nach dem

Schlag ins 18. Grün, hinter dem sich die voll-

besetzte Clubhausterrasse befindet, statt bei-

fälliger Rufe für den guten Schlag Porzellan

scheppern und gellende Schmerzensschreie,

hat man schon wieder die „9“ mit der „6“ ver-

wechselt.

Zu einer temporären Blutarmut im Gesichts-

bereich kann es kommen, wenn man während

der Runde so richtig über Club und Vorstand

ablästert, nur um später festzustellen, dass

die Mitspielerin die neue Freundin des Club-

managers ist.

Nicht jedes Drehbuch passt auch zum Golf, was

oft schade ist. Denn wer wäre nicht gerne in

einem Bud-Spencer-Film zu Hause, wenn sich

der schamlose Handicap-Schoner schon wieder

als Sieger feiern lässt? Auch ein plötzlicher

Angriff von Außerirdischen auf die ziellos

durchs Gelände torkelnden Golfer in der vor-

ausschleichenden Gruppe wäre manchmal eine

wünschenswerte, wenn auch etwas über-

raschende Wendung im Verlauf einer bis dahin

tristen Runde. Aber auch so ist und bleibt Golf

der spannendste Sport der Welt …

GT

18 Löcher,

großes Drama

»Schlagartig befindet

man sich inmitten

eines Gerichts-

thrillers, bei dem

selbst John Grisham

gespannt wäre,

wie man sich aus

der Nummer wieder

herausmanövriert«

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GOLF TIME

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5-2017

www.golftime.de