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72

GOLF TIME

|

6-2017

www.golftime.de

CLUB

FITTING

IST TEUER GLEICH GUT?

I

n den vergangenen beiden Jahren

sind einige Barrieren gefallen, was

die Preisgestaltung derGolfschläger

angeht – zumindest wenn man sich

den Markt der Hersteller anschaut,

die einen Großteil des Schlägermarktes

repräsentieren. Es gab schon immer eine

Art Parallel-Universum im Schlägermarkt,

in dem sich Firmen wie Honma, Maruman,

Craz-E, Muira, Epon und weitere asiatische

Hochpreis-Firmen getummelt haben. Deren

Verbreitungsgrad ist allerdings bei uns

relativ gering, sodass die Preislagen zwar

durchaus registriert und kommentiert

werden, aber keine Diskussion nach sich

ziehen, aufgrund der Sonderstellung dieser

Produkte in der Kundenwahrnehmung.

BÜHNE FREI FÜR PARSONS

Vor zwei Jahren kam dann ein Unterneh-

men auf den Markt, das auch weit davon

entfernt ist, Schläger für jeden Spieler an-

bieten zu wollen. Bob Parsons trat mit

PXG

an, um in seiner poltrigen und durchaus

großspurigen Art einen Markt aufzurütteln.

Wenn man sich die Produkte von PXG an-

schaut und testet, kann man den Entwick-

lern attestieren, dass es sich um ein span-

nendes Sortiment handelt mit sehr interes-

santen Detaillösungen und einigen Perfor-

mance-Parametern, die einen Spieler sehr

wohl für das Thema begeistern können.

Doch was sind die eigentlichen Aus-

wirkungen auf den Markt durch den

Auftritt von PXG? Eine ganz klare und

pragmatische Auswirkung ist der Um-

stand, dass Preislagen salonfähig gemacht

wurden, die schon lange in der Schub-

lade der großen Hersteller verschwunden

waren. Die ersten Callaway Big-Bertha-

Driver waren auch nicht für ein Taschen-

geld zu haben, doch lange Jahre wurden

diese Preislagen eher gemieden, um Kon-

sumenten nicht zu verschrecken. Doch

wenn ein Driver eines Herstellers für

800 Euro angeboten wird, erscheinen

550 Euro auf einmal gar nicht mehr so

teuer – und diese 550 Euro entsprechen dem

Preis der Great Big Bertha aus alter Väter

Tagen. Dass dieneuenProdukte eine andere

Qualität und Spielbarkeit aufweisen als

Schläger von vor 20 und mehr Jahren,

darüber lässt sich nicht diskutieren.

TECHNIK UND MATERIAL

Doch neben der monetären Seite gibt es

natürlich auch technische Aspekte, die

wieder in den Vordergrund rücken. Es ist

en vogue, sich mit dem technisch Mach-

baren auseinanderzusetzen. Welche Mög-

lichkeiten bieten aktuelle Produktions-

methoden und Materialien? Was ist zu

erreichen, wenn man den Entwicklern

Carte blanche erteilt und ihnen keine oder

nur sehr wenige Beschränkungen auferlegt?

Einige sehr interessante Beispiele hat die

jüngere Vergangenheit imGolfmarkt gelie-

fert. PXG hat es vorgemacht – Titleist und

Callaway kommen kurz danach mit Neue-

rungen auf den Markt, die von der Produkt-

und Designseite her sehr interessant sind.

Titleist

lieferte mit der

C16-Serie

eine erste

limitierte Produktfamilie, in der alles ge-

macht wurde, was das Unternehmen mit

seinen Partnern und Entwicklern leisten

kann: neuartige Materialien, spezielle

Legierungen, hochwertige Schäfte als Stan-

dardausstattung – und das alles in einem

Titleist-typischen noblen Design. Die Serie

wurde wie eine Reihe von Concept Cars

behandelt und dient als Basis für die

zukünftigen Neuentwicklungen.

Einige Elemente fanden sich dann auch

kurz danach in der 917er-Serie wieder und

wir gehen davon aus, dass die neuen Titleist-

Eisen, die im Herbst vorgestellt werden,

ebenfalls Merkmale der C16-Serie tragen

werden. Zusätzlich zu diesen Produkten

kommt auch eine neue Wedgefamilie unter

dem Regime von James Patrick auf den

Markt. Die James-Patrick-Wedges können

im Rahmen eines persönlichen Fittings

mit dem Entwickler erworben werden, was

sich natürlich auf den Kaufpreis auswirkt.

Bei

Callaway

wurde – auch aufgrund des

Erfolgs der

Big-Bertha-Epic-Hölzer

– diese

Serie um

Eisensätze

und

Hybrids

erwei-

tert. Die Konstruktion ist ähnlich auf-

wendig wie bei den Drivern. Tragender

Rahmen, eingesetzte Schlagfläche, indi-

viduelle Wolframgewichte zur optimalen

Gewichtsverteilung innerhalb des Schlä-

gerkopfes, hochwertige Standardschäfte.

All das produziert sich nicht in der chine-

sischen Graugussbude nebenan und sorgt

so natürlich auch für höhere Verkaufs-

preise. Schon zu Beginn seiner Arbeit

für Callaway Golf hat der derzeitige Chef

aller Reußen – Chip Brewer – den Entwick-

lern mehr Spielraum für bessere Produkte

gegeben. Die Callaway-Epic-Serie ist hier

sicher der bisherige Höhepunkt.

POSITIVE ENTWICKLUNG

Am Ende stehen die Fragen: Was bringt es

für den jeweiligen Spieler? Ist teurer auch

immer gleich besser? Wenn sich diese

Fragen so leicht beantworten ließen, dann

wäre unser Leben als Fitter deutlich ein-

facher. Wir können sagen, dass in den ver-

gangenen Jahren sehr viel Positives im

Materialbereich passiert ist. Die neuen

Hochpreis-Produkte erschließen uns neue

Möglichkeiten, für die wir sehr dankbar

sind. Ob es für Sie als Golfer eine Option

darstellt, finden Sie am besten selbst bei

einem professionellen Fitting heraus. In

unseren eigenen Bags sind sehr viele aktu-

elle Produkt, weil sie einfach besser funk-

tionieren. Und wir haben nun wahrlich

den Luxus, alles jederzeit auf den Prüf-

stand stellen zu können.

GT

INFO

www.clubmategolf.com

JOHANNES HERBIG

Jahrgang ’61,

Inhaber der Fitting-

Schmiede Clubmate Golf

mit Stützpunkten

in Pfungstadt und

im Jordan Golfdom,

Köln

Clubfitter Johannes Herbig über die aktuelle Entwicklung im Schlägermarkt.