CF_04_2022

FUNDAMENT

„Ich blicke in die Herzen“ Begleitende Seelsorge ist für Narin Omar mehr als nur ein Job. Sie entspringt ihrer tief empfundenen Liebe zu den Menschen.

I ch komme aus Syrien, aus dem Dorf Afrin im Norden des Landes (West-Kurdistan). Ich bin Kurdin. Meine kurdischen Nachbarn waren Christen, Muslime, Jesiden oder gehörten der Mitrait-Religion an, so wie ich. Wir respektierten einander, feierten und trauerten miteinander. Gelebte Nächstenliebe war das Fundament unserer Gemeinschaft, egal an welchen Gott wir glaubten. Die Vorsätze meiner Kindheit habe ich mir dank meiner toleranten und aufrechten Eltern und trotz der widrigen Umstände, unter de nen wir später in Syrien lebten, bis heute bewahrt: Überzeuge dei ne Mitmenschen durch das, was du bist und was dich ausmacht.

spräch merke ich, dass ihre Trauer aus einem Gefühl der Nutzlosig keit herrührt. Dann gehen wir den Dingen auf den Grund und suchen nach positiven Begebenheiten. Vielleicht hat der Bewohner gera de gestern seine Tischnachbarin zum Lachen gebracht. Das ist doch nicht nutzlos? Oder diejenigen, die müde sind, nicht mehr wollen. Im Gespräch mit Gott finden wir oft Lösungen, die ihr Leben wieder lebenswert machen. Meine Aufga be als Begleiterin in der Seelsorge sehe ich darin, zu erforschen, was mein Gegenüber wirklich bewegt. Nur tröstende Worte sind oft zu wenig, nicht tiefgründig genug. Besonders am Herzen liegt mir der Gottesdienst für demenziell veränderte Bewohner. Lieder aus dem Gotteslob öffnen ihre Augen und Ohren. Dies zu beobachten, macht mich glücklich. Manchmal haben wir Bewohner aus dem tür kisch-arabischen Raum. Auch auf sie bin ich vorbereitet, aufgrund meiner arabischen Sprach- und Lesekenntnisse. Ein Koran steht einträchtig neben der Bibel ein satzbereit in meinem Bücherregal. (N.O./S.St.)

Schaue liebevolle in ihre Herzen, finde heraus, was sie schmerzt, und versuche, ihre Herzen zu heilen. Finde in jedem Tag etwas Positives. Und auch wenn der heu tige Tag nicht der Beste war, wird der morgige Tag besser sein. Als Begleiterin in der Seelsorge in den Hausgemeinschaften St. Augusti nus gebe ich dieses Erbe, meine Liebe und Zuneigung an die Be wohner weiter. Wenn ich mit Bewohnern spreche, suche ich nach den Themen, die sie bewegen. Manche Menschen bei uns sind einsam, obwohl die Familie sie regelmäßig besucht. Dem äußeren Anschein nach ist also alles in Ordnung. Im Ge

Narin Omar in der Kapelle der Hausgemeinschaften St. Augustinus

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CellitinnenForum 04 | 2022

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