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SCHWEIZER GEMEINDE 1 l 2016

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Abfälle: Systemwechsel aus

Bequemlichkeit?

«Trennen an der Quelle», heisst das Schweizer Abfallkonzept, dem seit zwei

Generationen nachgelebt wird. Säcke für gemischte Kunststoffe sind zwar

bequem, aber sie stellen das System auf den Kopf. Mit Folgen.

Aktuell werden nur etwa 90000 der jähr-

lich anfallenden rund 780000 Tonnen

Kunststoffabfälle wiederverwertet. Die

existierenden Sammelsysteme (etwa für

PET-Flaschen und das im Volksmund

«Sagex» genannte EPS) sind so ausge-

legt, dass Recycling ohne spätere Sortie-

rung möglich ist. Dies verlangt, dass die

Abfälle von den Konsumenten sorten-

rein getrennt werden. «Hier haben wir

enorm viel erreicht», sagt Hans Ulrich

Schwarzenbach, Vorsitzender der Fach-

gruppe Abfallwirtschaft der Organisa-

tion Kommunale Infrastruktur (OKI), «in

Deutschland und Frankreich werden wir

darum benieden.»

Beliebte Sammelsäcke

In mehreren Regionen werden neu auch

gemischte Kunststoffe aus Haushalten

eingesammelt. Das Angebot kommt von

der öffentlichen Hand, aber auch private

Anbieter drängen auf den Markt. Und

die Säcke erfreuen sich zunehmender

Beliebtheit, wie jüngst im «St. Galler

Tagblatt» zu lesen war. Kein Wunder,

statt den Müll aufwendig zu sortieren,

steckt man alles in einen Sack. Sortiert

wird später. In den Kehrichtsäcken sam-

meln sich Berge von Verpackungsmate-

rial, aus verschiedensten Plastiksorten.

Entsprechend fordern viele, dass dieses

Material zu rezyklieren, statt zu verbren-

nen sei. Ziel ist, die wertvollen Polymere

wieder zu verwerten.

In Zug wird die Bringsammlung ge-

mischter Kunststoffe Ende Jahr einge-

stellt. Die grünliberale Gemeinderätin

Michèle Kottelat wehrt sich dagegen.

Sie hat eine Interpellation eingereicht

und kritisiert, dass im Stadtzuger Ökihof

nur noch PET-Flaschen und Behälter aus

PE separat angenommen und rezykliert

werden. «Die wertvollen Plastikabfälle

werden verbrannt und vernichtet»,

schreibt sie und spricht vom «Dikat» des

Zweckverbands der Zuger Einwohnerge-

meinden für die Bewirtschaftung von

Abfällen (Zeba).

Ökologie vs. Ökonomie

Der einzige Player am Markt, der ge-

mischte Kunststoffe nach der Sammlung

sortiert, reinigt und danach wiederver-

wertet, ist die Firma Innorecycling. Das

Unternehmen mit Sitz in Eschlikon und

einemWerkhof in Winterthur ist auf den

Handel und die Entsorgung von Rohstof-

fen spezialisiert. «Etwa 50 Prozent der

gesammelten Kunststoffe lassen sich

wiederverwerten, der Rest wird der ther-

mischen Verwertung zugeführt», sagt

Geschäftsführer Markus Tonner gegen-

über der «Berner Zeitung». Aus der wie-

derverwertbaren Ware werden neue

Produkte wie Kabelrohre oder Kleider-

bügel hergestellt. Der Rest wird ver-

brannt. Das Konzept zeigt, «dass sich

Ökologie und Wirtschaftlichkeit prob-

lemlos miteinander verbinden lassen»,

sagt der Geschäftsführer.

Subvention der Privatwirtschaft

Hans Ulrich Schwarzenbach, Geschäfts-

führer des Zeba, erklärt: «Eine Analyse

von Kunststoffabfällen in der Zentral-

schweiz hat verschiedene Faktoren ver-

glichen und kommt zum Schluss, dass

der Umweltnutzen von separat gesam-

melten Kunststoffabfällen steigt, je grös­

ser die Menge ist.» So weit macht das

ABFALL

Die Schweizer sortieren den Abfall, bevor sie ihn entsorgen.

Bild: czd

Fehlwürfe sind selten, die Qualität der Fraktionen ist deshalb hoch.