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GÖTZ SCHMIEDEHAUSEN
Autor des essenziellen Leitfadens
durch die Welt des Golfwahnsinns
in Buchform: „Golf oder gar
nichts!“ Seit frühester Kindheit
beseelt vom olympischen
Gedanken. Verfolgt auf bis zu
sechs gleichzeitig eingeschalteten
TV-Geräten auch Wettbewerbe
wie Tontaubenschießen,
Synchronschwimmen oder
Kunstradfahren
GÖTZ
ZITAT
Dabeisein
ist alles!
I
m April erklärte Adam Scott seinen ganz
persönlichen Olympia-Boykott. Das erste
neuzeitliche Golfturnier im Zeichen der
fünf Ringe passe einfach nicht in seinen Turnier-
kalender. Für ihn ist das Golfturnier zudem
ohnehin nichts anderes als ein Show-Match.
Die Reaktion seiner Landsleute ließ nicht lange
auf sich warten. Der Tenor lautete in etwa: „Toll
zu erleben, dass du dein Land hinten anstellst,
um eine Erholungspause einzulegen, um noch
mehr Geld verdienen zu können.“
Man muss dem Australier zugute halten, dass
er als Grund seiner Olympia-Absage nicht wie
bspw. Vijay Singh die Angst vor dem Zika-Virus
vorgeschoben hat, der vor allem für schwangere
Frauen ein Gesundheitsrisiko darstellt und
längst ein globales Phänomen geworden ist. So
war Scott vielmehr von Anfang an einer der
entschiedensten Golf-und-Olympia-Gegner
und steht zudem der allgemeinen Entwicklung,
dass vornehmlich Profisportler und kaum noch
waschechte Amateure bei den Spielen an den
Start gehen, äußerst kritisch gegenüber.
Als 1981 beim XI. Olmpischen Kongress in
Baden-Baden erstmals ernsthaft an der Amateur-
regelung bei Olympia gerüttelt wurde, war Adam
Scott etwa ein Jahr alt. Aufgewachsen ist er mit
Spielen, bei denen rundum vermarktete Stars
wie Boris Becker oder das amerikanische NBA-
Basketball-Dreamteam mit Medaillen geschmückt
wurden. Im Alter von 20 Jahren wurde Scott im
gleichen Jahr Berufssportler, in dem die Australier
in Sydney herausragende Olympische Spiele mit-
erleben konnten.
Vor diesem Hintergrund wundert man sich, wie
Scotts traditionelle Sichtweise auf Olympia wohl
entstanden sein mag? Denn in kaum einer der
56 Sportarten bei Olympischen Spielen haben
Athleten eine Chance auf olympisches Edel-
metall, die ihrem Sport nicht hauptberuflich
nachgehen. Exoten wie bspw. ein jamaikanisches
Bobteam oder ein Schwimmer aus Äquatorial-
guinea, der erst wenige Monate vor dem Wett-
bewerb Brust und Kraul gelernt hat, machen ohne
Frage einen Teil des olympischen Charmes aus.
Trotzdem schalten die Zuschauer ihr Fernseh-
gerät beim 100-Meter-Lauf von Usain Bolt ein.
Olympia gilt heute als das wertvollste Sport-
produkt überhaupt. Die Sommerspiele 2012 in
Peking bspw. generierten über drei Milliarden
Euro Umsatz. Wäre Adam Scott nicht nur einer
der besten Golfer seiner Zeit, sondern würde
zudem – so wie Bobby Jones Anfang des letzten
Jahrhunderts – standhaft seinen Amateurstatus
wahren, könnte man für seine Haltung deutlich
mehr Verständnis aufbringen. Doch die Tat-
sache, dass Leistungssport im 21. Jahrhundert in
erster Linie ein geldwertes Unterhaltungsprodukt
darstellt, kann Scott nicht völlig fremd sein.
Immerhin verdiente er 2015 über sieben Millionen
Euro allein dank seiner Sponsorenverträge.
Aktuell scheinen sich im Profigolf hinsichtlich
der „olympischen Wertschätzung“ zwei Lager
gebildet zu haben. Während einige namhafte
Spieler – allen voran Martin Kaymer – Olympia
als ihren persönlichen Saisonhöhepunkt bezeich-
nen, würden andere Stars wie Rory McIlroy das
Ereignis nicht auf eine Stufe mit den jährlich
stattfindenden vier Majorturnieren stellen.
Es bleibt zu hoffen, dass Scotts Beispiel nicht
weiter Schule macht. Für den Golfsport ist Olym-
pia eine hervorragende Chance, um neue Zu-
schauer bzw. potenzielle Neugolfer zu begeistern,
die mit unserem großartigen Sport bislang noch
nicht in Berührung gekommen sind. Doch viel-
leicht muss erst das Bild des strahlenden Siegers
mit der Goldmedaille um die Welt gehen, bevor
auch Adam Scott bewusst wird, welchen Stellen-
wert Olympia beim Rest der Sportwelt genießt.
GT
»Die Tatsache, dass
Leistungssport im
21. Jahrhundert
in erster Linie ein
geldwertes Unter-
haltungsprodukt
darstellt, kann auch
Adam Scott nicht
völlig fremd sein«
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3-2016
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