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GOLF TIME

|

1-2017

www.golftime.de

Dr. Christian

haiD

Biomechaniker,

Universitätsklinik

Innsbruck

TRAINING |

SPORTPHYSIO

Es fühlt sich

so leicht an

Faktor harmonie

Kein Geheimnis: Wir müssen nur die physikalischen effekte

günstig einsetzen und auf die anatomie unseres Körpers Rücksicht nehmen.

D

er Schwung fühlt sich so wunder-

bar leicht an.“ Das ist die häufigste

Aussage, die ich von meinen Golf-

schülern höre. Sie verstehen nicht,

weshalb sie sich bis jetzt so verbogen haben,

wenn es doch so einfach sein kann. Jetzt, am

Beginn der Golfsaison, treffen wir die Ent-

scheidung, wie wir weitermachen wollen:

Soll der Golfschwung verklemmt und einge-

schränkt sein, oder möchten wir uns frei und

harmonisch bewegen? Dieser Unterschied ist

nicht eine Frage der Beweglichkeit, sondern

eine Frage der Schwungtechnik. Wir können

selbst entscheiden – beide Schwungtechniken

ermöglichen jedenfalls erstklassiges Golf.

Weshalb fühlt sich so mancher Golfschwung

„schwer“ an? Was führt dazu, dass eine ein-

fache, harmonische Bewegung mühsam wirkt

und oft auch zu Rückenschmerzen führt?

Wir wissen von vielen guten

Golfern, dass sie unter Rücken-

schmerzen leiden. Ist das wirklich

notwendig, oder ist das auf die

Schwungtechnik einzelner Spieler

zurückzuführen? Man kann jeden-

falls beobachten, dass manche

Spieler sich deutlich mehr krüm-

men als andere, dass man in man-

chen Fällen schon beim Zusehen

Schmerzen mitfühlt.

Als Physiker und Biomechaniker

habe ich mich auf die Suche nach

ungünstigen Belastungen im Golf-

schwung gemacht. Die Konsequenz

daraus war, einen Golf-

schwung so zu kreieren,

dass möglichst wenige

ungünstige Belastun-

gen vorkommen. In

der Folge war ich

„hellhörig“, wenn ich

belastendeBewegungen

sah,konntejedochauchfest-

stellen, dass eine ganze Reihe von

Top-Spielern günstige Bewegungen

verwenden. Somit war klar, welche Art von

Golfschwung der erstrebenswerte war. Nämlich

jener Schwung, bei dem man sich frei fühlt,

die harmonische Bewegung spürt und Gelenke

nach Möglichkeit nicht überlastet. Wir suchen

daher nach einem Golfschwung, der sich leicht

anfühlt. Das heißt, wir müssen physikalische

Effekte günstig einsetzen und wir müssen auf die

Anatomie unseres Körpers Rücksicht nehmen.

Das Gefühl von Leichtigkeit steht oft in Zusam-

menhang mit geringem aktiven Krafteinsatz

und der Vermeidung extremer Körperhaltun-

gen. Wir möchten mit geringstmöglichem

Krafteinsatz hohe Schlägerkopfgeschwindig-

keiten erzeugen. Dazu müssen wir unsere

Muskulatur optimiert einsetzen und eine

günstige Körperhaltung einnehmen. Um

diese Anforderungen zu erfüllen und dabei

sehr gutes Golf zu ermöglichen, wurde im

Rahmen von

Healthy-Swing.at

die Bewegung

des Golfschwunges analysiert. Mein Unterricht

basiert daher auf physikalischen und funktio-

nell anatomischen Voraussetzungen. Es genügt

nicht zu wissen, dass wir fünf Lendenwirbel-

körper haben, es ist notwendig, die Funktion

der Bandscheiben wirklich zu verstehen.

Üblicherweise stehen Golfer in der Ansprech-

position deutlich nach vorne geneigt. Je größer

der Golfer, umso stärker die Vorneigung des

Oberkörpers. Das, obwohl die Schläger gefittet

sind (da kommen bei einem Physiker schon

einige Zweifel an den Fitting-Methoden auf,

aber das ist jetzt nicht das Thema).

Ein vorgeneigter Oberkörper muss mit Hilfe

der Muskulatur stabil gehalten werden, dank

der Rückenmuskulatur und der Gesäßmusku-

latur. In dieser Haltung wird der Schulter-

gürtel gegenüber dem Becken-

gürtel verdreht. Die großen

Muskeln müssen die Bewegung

durchführen, während die kurze

Rückenmuskulatur ständig die

Stellung zwischen den Wirbel-

körpern optimiert. Das ist jeden-

falls eine Modellvorstellung.

Sorgen wir nun dafür, dass die

Körpervorneigung nicht zu groß

ist, dass die Verdrehung zwischen

Becken- und Schultergürtel in

einem vernünftigen Rahmen

bleibt und wir die Physik optimal

wirken lassen, dann wird der Golf-

schwung leicht und die Schläger-

blattgeschwindigkeit groß.

So schaffen wir die ersten

Schritte zu einem effizienten Golf-

schwung. Derartige Bewegungen

lassen sich sehr leicht vorzeigen,

sind jedoch schwer zu beschrei-

ben. Ich werde mich bemühen, Sie

auf diesem Weg „der Leichtigkeit“

zu begleiten.

Gt

INFO:

christian.haid@i-med.ac.at

Immer noch

ein Begriff für

die Leichtigkeit im

Schwung:

Fred Couples,

„let the club do

its work“