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Im Jahr 2015 startet in Nordrhein-

Westfalen der Aktionsplan Sucht

als Nachfolge des Landeskonzepts

gegen Sucht. Anlass genug, sich

wieder einmal genauer mit dem

Thema Sucht und Abhängigkeit

auseinanderzusetzen. Der nachfol-

gende Artikel gibt Ihnen die Mög-

lichkeit, sich über verschiedene

Suchtformen, Suchtprobleme in be-

stimmten Zielgruppen, Therapiean-

sätze, aber auch einige Besonder-

heiten wie Neuroenhancement

oder Magic Mushrooms zu infor-

mieren.

Sucht ist nach Definition der WHO ein

Zustand periodischer oder chronischer

Vergiftung, der schädlich für den Einzel-

nen und/oder die Gesellschaft ist und

der durch den wiederholten Genuss einer

natürlichen oder synthetischen Substanz

hervorgerufen wird.

1

Man unterscheidet zwischen physi-

scher und psychischer Abhängigkeit (zu

den Symptomen vgl. Tabelle 1); oft treten

aber beide Formen der Abhängigkeit in

Erscheinung.

Fast alle suchterregenden Substan-

zen beeinflussen das Belohnungszentrum

im Gehirn in der VTA-Region (ventral teg-

mental area) und dem Mandelkern (Nuc-

leus accumbens). In diesen Gehirnarealen

sitzt das Verarbeitungszentrum für Hun-

ger, Durst und Sexualität. Durch eine Er-

höhung der Konzentration von Dopamin

im neuronalen Spalt in dieser Region,

durch verstärkte Ausschüttung oder ver-

langsamte Wiederaufnahme, vermitteln

Drogen ein Glücksgefühl und damit das

Wohlbefinden. Ecstasy, Kokain und Crack

blockieren beispielsweise die Recycling-

pumpe. Fast alle Suchtauslöser führen zu

einer dauerhaften und mit geeigneten

diagnostischen Methoden auch sichtba-

ren Veränderungen dieser Hirnstrukturen,

so dass sich ein unüberwindbarer Zwang

entwickelt, weiterhin das Suchtmittel zu

konsumieren. Diesen Prozess des „Sucht-

lernens“ bezeichnen Experten als Cra-

ving. Das so aufgebaute Suchtgedächtnis

muss im Rahmen einer Therapie beim

Entzug überwunden, eine Entkopplung

der Verknüpfung zwischen Droge, Beloh-

nung und Wohlgefühl erreicht werden –

eine komplexe und langwierige Aufgabe,

weshalb es häufig zu Rückfällen kommt.

Deshalb wird in Fällen der Opiatabhängig-

keit häufig mit Substitutionsmitteln wie

Methadon, L-Polamidon oder Buprenor-

phin gearbeitet.

Die Zahl der Rauschgifttodesfälle ist

seit 2009 deutlich rückläufig, so verstar-

ben an den direkten Folgen des Rausch-

giftkonsums 2012 noch 944 Menschen,

während im Jahr 2009 insgesamt 1.331

Drogentote zu beklagen waren.

2

Doch nicht nur illegale Drogen, son-

dern auch Tabak, Alkohol und Arzneimit-

tel bergen gesundheitliche Risiken und

steigern das Morbiditäts- und Mortali-

tätsrisiko. Aktuelle Daten zu Substanzen-

Missbrauch und -Abhängigkeit liefert die

Deutsche Hauptstelle Sucht (DHS). Es wird

bei substanzgebundenen Süchten zwi-

schen Alkohol, Tabak, Medikamenten und

illegalen Drogen unterschieden. Außer-

dem veröffentlicht die Deutsche Haupt-

stelle Sucht auch Daten zu Essstörungen

und Glücksspielsucht. In Tabelle 2 sind ei-

nige aktuelle Zahlen zu substanzgebunde-

nen Süchten zusammengestellt.

Arzneimittelmissbrauch

In der Apotheke spielt insbeson-

dere das Thema Arzneimittelmiss-

brauch eine wichtige Rolle. Nach

Apothekenbetriebsordnung hat das phar-

mazeutische Personal einem Arzneimit-

telmissbrauch entgegenzutreten. Zu den

Substanzen, die eine erhöhte Sensibilität

Sucht und Drogen – Ein Update

Dr.SylviaPrinz(Münster)leitetdie

AbteilungWeiterbildung der Apo-

thekerkammer Westfalen-Lippe.

Dr. Constanze Schäfer (Düssel-

dorf) ist Leiterin der Abteilung

Aus- und Fortbildung der Apothe-

kerkammer Nordrhein.

Dr. Sylvia Prinz

Dr. Constanze Schäfer

TABELLE 1:

Kriterien physischer bzw. psychischer Abhängigkeit

Physische Abhängigkeit

Psychische Abhängigkeit

Leben dreht sich nur noch um Substanzgebrauch

Dosis des Suchtmittels muss ständig gesteigert wer-

den (Kontrollverlust)

Toleranzentwicklung

Körperlicher Entzug beim Absetzen:

·

Schweißausbrüche

·

Zittern

·

Unruhe

·

Durchfall

·

Durst

·

Starke Schmerzen

Innerer Zwang der Wiederholung

Kaum körperliche Entzugssymptome beim

Absetzen

Symptome beim Absetzen häufig psychoso-

matischer Natur

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 / AKWL Fortbildung Aktuell – Das Journal

SUCHT UND DROGEN