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Medikationsplan kritisch hinterfragt

Beispiel einer 84-jährigen Patientin zeigt Verbesserungspotenzial

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Eine 84-jährige Patientin legt im

Rahmen eines Beratungsgesprächs

ihren Medikationsplan vor (siehe

rechts) und bittet die Apotheke,

ihre aktuelle Medikation zu begut-

achten. Sie klagt über Tagesmü-

digkeit, Schwindel, vor allem beim

Aufstehen, und eine unzureichend

kontrollierte Schmerzsympto-

matik. Neben einer arteriellen

Hypertonie leidet die Patientin

seit einem Bandscheibenvorfall

vor vielen Jahren unter neuropa-

thischen Schmerzen. Eine vor Ort

durchgeführte Blutdruckmessung

ergibt einen Wert von 100/70.

Die Medikationsanalyse der Apothekerin

ergibt folgende arzneimittelbezogene Pro-

bleme:

Das von der Patientin beklagte Schwin-

delgefühl sowie die Tagesmüdigkeit

sind wahrscheinlich medikamentös

bedingt; als Ursache hierfür kommen

gleich mehrere Substanzen in Frage.

Das zur Behandlung der neuropathi-

schen Schmerzen eingesetzte Gaba-

pentin kann ebenso zu Schwindel

führen wie Morphin und die verschie-

denen Antihypertensiva. Vor allem die

Kombination mehrerer problemati-

scher Substanzen erhöht das Risiko. Be-

kannt sind außerdem die sedierenden

Effekte vonMorphin. Zwar können Opi-

oid-Analgetika neben nicht-steroidalen

Antirheumatika und Antidepressiva

bei neuropathischen Schmerzen wirk-

sam sein, es gibt aber auch Fälle von

Opiod-Resistenzen. Laut Leitlinie der

Deutschen Gesellschaft für Neurologie

ist die Therapie bei Non-Respondern

konsequent zu beenden. Da das Mor-

phin bei der Patientin aber in der Ver-

gangenheit gute Wirksamkeit zeigte,

scheint es wahrscheinlicher, dass die

Dosierung der Dauertherapie zu nie-

drig gewählt ist, worauf die bis zu vier-

mal tägliche Einnahme von Capros akut

10 mg hindeutet.

Die Dosierung von Torasemid ist mit 20

mg für die Indikation „arterielle Hyper-

tonie“ zu hoch; hier wäre eine Tagesdo-

sis von 2,5 bis 5 mg üblich, wohingegen

höhere Dosierungen bei Ödemen oder

Herzinsuffizienz plausibel wären. Auf

Nachfrage gibt die Patientin an, sie

nehme die „Wassertabletten“ gegen

ihre geschwollenen Knöchel; eine Herz-

oder Niereninsuffizienz sei bei ihr je-

doch nicht diagnostiziert worden. Öde-

me sind eine typische unerwünschte

Arzneimittelwirkung (UAW) von Amlo-

dipin; es besteht die Möglichkeit, dass

es sich hier um eine Verordnungskaska-

de handelt, die durch den Wechsel zu

einem weniger problematischen Anti-

hypertensivum unterbrochen werden

könnte. Ohnehin sollte die antihyper-

tensive Therapie aufgrund des aktuell

sehr niedrigen Blutdrucks kritisch hin-

terfragt werden.

Zopiclon wird im vorliegenden Fall in ei-

ner Dosierung von 7,5 mg/d eingenom-

men. Aufgrund des fortgeschrittenen

Ein gutes Beratungsgespräch unter Einbeziehung des Medikationsplans

zeigte, dass die 84-jährige Patientin nicht optimal therapiert wird. Foto: ©gpointstudio

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 / AKWL

Mitteilungs

blatt

03-2018