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3 / 2016

Artikel: Günther Rodius, Experte Finanzierungen und Bausparen der BCA Gruppe

Verbraucherschutz ad absurdum

Vielen Bundesbürgern wird der Weg in die eigenen vier Wände er-

schwert, viel zu oft unmöglich gemacht. Personen im besten Alter

haben Probleme, umzuschulden. Und als Rentner sind dann die

Entscheidungsspielräume gravierend eingeschränkt.

Auf der Seite der Kreditgeber sieht nämlich die seit 21.März

2016 geltende Wohnimmobilienkreditrichtlinie höhere Anforde-

rungen an die Kreditprüfung und Kreditvergaberichtlinien der

Banken vor. Der Zwang zur restriktiveren Kreditvergabe treibt Stil-

blüten, die der freien Entscheidung mündiger Bürger in einer so-

zialen Marktwirtschaft nicht entsprechen. Was als Verbraucher-

schutz tituliert wird ist in Wirklichkeit eine Einmischung des Staa-

tes, die Wohlhabende und sogenannte Besserverdienende sowie

DINKs (Double Income no Kids) eindeutig bevorzugt gegenüber

Normalverdienern. Wenn die Letztgenannten noch Kinder haben

– dann Gute Nacht.

Letztendlich führt das dazu, dass die Eigentumsquote in

Deutschland deutlich nach unten beeinflusst wird und zudem

das mietfreie Wohnen als eine Art der Altersvorsorge erheblich

vermindert wird. Auch ist die Neufinanzierung nach Ablauf der

Zinsbindungsfristen enorm erschwert, auch weil u.U. der Belei-

hungsauslauf nicht mehr passt.

„Meine Kunden werden enteignet und entmündigt“, empört sich

ein Vertriebspartner mir gegenüber und zählt als Beispiel auf,

dass der geplante Immobilienerwerb eines Steuerberaters, der

sich nach selbständiger Tätigkeit gerade in ein gut bezahltes An-

gestelltenverhältnis begibt, bisher nicht finanziert wird, da er in der

Probezeit ist. Wenn der Kunde Pech hat, ist die Wunschimmobilie

weg, ehe die Finanzierung ggf. anderweitig bewilligt wird.

Ein weiteres Problem sind nämlich die langen Bearbeitungszeiten

bei nahezu allen Kreditgebern mit günstigen Konditionen. Bisher

wurde bei einer Prolongation auf eine erneute Bonitätsprüfung

verzichtet, so lange das Darlehen bisher anstandslos bedient wur-

de. Jetzt wird eine genaue Bonitätsprüfung nach den neuen Kre-

ditvergaberichtlinien durchgeführt, was zu einer Ablehnung der

Fortführung einer Immobilienfinanzierung führen kann – mit den

gravierenden Folgen, dass das Häuschen verkauft werden muss.

Allerdings darf das bisherige Kreditinstitut wie früher prüfen,

wenn nur der alte, vor dem 21. März 2016 abgeschlossene Ver-

trag angepasst wird – mit neuem Zins und neuer Laufzeit.

Erheblich erschwert ist die Möglichkeit der Kunden – was eigent-

lich echter Verbraucherschutz wäre – Umschuldungsangebote al-

ternativer Kreditinstitute zu erhalten. Was dazu führen kann, dass

eine Abhängigkeit zur bisherige Bank geschaffen wird. Hoffen wir,

dass diese es nicht, z.B. durch höhere Zinsen, ausnutzen.

Denn Banken sollen sicherstellen, dass Kredite für den Schuldner

dauerhaft tragbar sind, sodass nicht in einigen Jahren massen-

haft Kredite notleidend werden oder gar ausfallen. Dass dies

schon immer schwierig für Selbständige und Freiberufler war und

ist, betrifft nun aber auch verschärft die immer mehr werdenden

befristeten Arbeitsverhältnise (auch Zeitsoldaten), Arbeitnehmer

in der Probezeit, und wie schon erwähnt (zukünftige) Rentner und

Paare mit Kindern oder mit Kinderwunsch.

Wie die Wohnimmobilienkreditrichtlinie die

freie Entscheidung der Bürger verhindert