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3 / 2016
Da viele Banken und Sparkassen sehr vorsichtig agieren, um
auch tatsächlich gesetzeskonform zu handeln, führt es zu ei-
nem starken Rückgang der Kreditvergabe, Branchenkenner
sprechen von einem Einbruch der Kreditbewilligungen zwi-
schen 20-25% gegenüber der Zeit vor Inkrafttreten der Wohn-
immobilienkreditrichtlinie. Zum anderen werden – wenn denn
ein Kredit vergeben wird – teilweise Zinsaufschläge verlangt,
meist aber eine höhere Tilgung, letzteres insbesondere dann,
damit das Darlehen z.B. bei Renteneintrittsalter weitestgehend
abbezahlt ist. Jetzt kommt auch noch die Angst vor Kreditaus-
fällen hinzu, die sich aufgrund der aktuellen italienischen Ban-
kenkrise zuspitzt.
Die reine objektgestütze Finanzierung, bei der die Immobilie auch
bei enger Bonität als Sicherheit genügte, gibt es nicht mehr. Der
Wert der Immobilie bei der Kreditvergabe spielt nur noch eine Rolle
für die Beleihungswertermittlung und nutzt nichts, sobald Zweifel
daran bestehen, ob der Kunde seine Raten bis zur Abzahlung des
Kredits auch leisten kann.
Das neue Gesetz sagt, dass der Kunde einen geringeren Zins ver-
langen darf, (nämlich den Refinanzierungszins der Banken), wenn
die Bank seine Bonität nicht ausreichend geprüft hat und er in der
Folge Schwierigkeiten mit der Tilgung bekommt.
Rentner trifft es besonders hart
Rentnern wird die Möglichkeit genommen, ihr Haus altersge-
recht umzubauen, wenn sie dafür einen Kredit benötigen. Von
Modernisierung oder gar – vom Gesetzgeber anderswo gewoll-
tem – energieeffezienten Modernisieren ganz zu schweigen.
Rentnern werden kaum noch Kredite vergeben, meist nur in ge-
ringer Höhe, mit viel Tilgungsanteil, da die Banken prüfen müs-
sen, ob der Kunde sein Darlehen voraussichtlich innerhalb der
statistischen Lebenserwartung zurückzahlen kann. Er hat dann
eine lastenfreie Immobilie im Todesfall – da mag jeder sich sein
eigenes Bild über die Sinnhaftigkeit machen. „Banken sind kei-
ne Pfandleihhäuser“, sagte kürzlich ein Sparkassendirektor zu
mir, aber natürlich sind die Banken und Sparkassen bemüht, Lö-
sungsansätze für ihre Kunden zu finden, denn im Passiv-, also
dem Einlagen-Geschäft, wird nichts mehr verdient. Man wünscht
sich mehr Kreditkunden.
Gebährfähigkeit als Finanzierungs-Ausfall-Risiko
Kaum zu glauben, aber wahr. Allein die Tatsache, dass eine Frau
schwanger werden könnte, beurteilen viele Banken übervorsichtig
als eine Möglichkeit, dass das Ehepaar den geplanten Kredit nicht
zurückzahlen könnte. Nicht nur vereinzelt kommt es alleine des-
wegen zur Ablehnung, denn ein Einkommen könnte ja wegfallen.
In einem aktuellen Fall hat eine Bank eine Kreditanfrage negativ
beschieden, als ihr bekannt wurde, dass die Interessentin zwi-
schenzeitlich schwanger geworden ist.
Renteninformationen werden sogar bei Personen Mitte 30 heran-
gezogen
Da niedrige Zinsen eine längere Darlehenslaufzeit zur Folge ha-
ben (gleiche Tilgung vorausgesetzt), ziehen viele Kreditgeber
auch die Renteninformation zu Rate bei Personen, die noch gar
keine hohen (prognostizierten) Rentenansprüche erworben ha-
ben, da sie vielleicht lange studiert haben und die Sprünge auf
der Karriereleiter und damit verbundene Einkommenssteigerun-
gen noch bevorstehen.
KURZ NOTIERT
LÖSUNGEN:
•
Zukünftige Erben können bei älteren Menschen in den
Kreditvertrag aufgenommen werden.
•
Individuelle Haushaltskosten berechnen statt
Bank-Haushaltspauschalen.
•
Jüngere Personen können der Bank durch eine plausible
Lebens- und Karriereplanung die Entscheidung erleichtern.
•
Probezeit verkürzen, bzw. Übernahmegarantie des
Arbeitgebers.
•
Befristetes Arbeitsverhältnis in unbefristetes umwandeln.
•
Finanzierungsabläufe optimieren.
PARAGRAPHEN-BOX:
•
§ 491 ff BGB Verbraucherdarlehensvertrag
•
§ 18 ff KWG Kreditunterlagen
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