interdisziplinäre und projektbezogene Zusammenarbeit:
Co-Working-Spaces allerorts erlauben es, dass sich
Studenten, Unternehmen und Geldgeber gegenseitig ins-
pirieren – frei von Hierarchien, frei von Wettbewerbsklau-
seln, frei von Angst, dass die Idee gestohlen wird. „Hier
kann jeder seine Ideen kundtun“, bringt es Höllinger auf
den Punkt. „Worauf warten wir? Was kann ich beitragen,
um dir bei der Problemlösung zu helfen?“ sei keine Flos-
kel, sondern gelebter Ausdruck eines „Sich-Einlassens“
auf die Probleme der anderen.
Über den Tellerrand geblickt
Das führe auch dazu, dass die Leute ohne Scheuklappen
durch die (Geschäfts-)Welt gingen und das Entdecken
von etwas Neuem und Überaschendem obwohl man
etwas ganz anderes gesucht hat („Serendipity“) nicht als
Zufallsprodukt passiert sondern die geförderte Denkwei-
se ist. „Es ist ein Klima, das Innovation herausfordert,
Design-Thinking als oberste Prämisse setzt und in der die
Inspiration der Quell für absolute Highflyer ist“, umreißt es
etwa Höllinger. Und Inspiration sei ein essentielles Asset.
Denn: Inspirierende Unternehmen ziehen sowohl das
Kapital als auch das Know-how wie ein Magnet an.
Der Faktor Bildung spielt in diesem Kontext wenig über-
raschend eine tragende Rolle: in Stanford werden z.B. im
Rahmen der Career Education die Studierenden von Be-
ginn an mit Unternehmen vernetzt und mit persönlichem
Coaching unterstützt. Bei allen besuchten Bildungsein-
richtungen – egal ob Stanford, Singularity University,
Cogswell College, D School, Galvanize – sind Unterneh-
men aktive Mitglieder im Studienalltag. Sie fordern die
Studierenden mit „Real-Life-Problemen“ heraus, binden
die Unis ins Prototyping der Produkte ein und sichern
sich frühzeitig die Gunst der besten Studenten. „So wird
den Studierenden von Beginn an vermittelt, in Problemlö-
sungen und in Geschäftsmodellen zu denken, um später
durchstarten zu können“, erklärt Lackinger.
Einen riesigen Unterschied zwischen dem Silicon Valley
und Österreich ortete die BFI Wien-Delegation auch im
Umgang mit Fehlern: „Das hier ist ein Umfeld, in dem
ich sehr gut und glücklich scheitern kann“, war etwa die
Aussage eines jungen Startup-Gründers. „Hier ist der, der
scheitert, derjenige, der am meisten gelernt, und damit
einen hohen Marktwert hat.“ Diese Fehlerkultur ver-
spricht angstfreie Entwicklung und scheint ein fruchtbarer
Nährboden für Multimilliarden-Dollar-Unternehmen zu
sein. Es ist aber eine Fehlerkultur, für die alleine Stanford
einen Jahresetat von fast sechs Milliarden Dollar hat –
knapp ein Drittel dessen, was Österreich für das gesamte
Bildungssystem 2014 ausgegeben hat. Eine Fehlerkul-
tur, die von Geldgebern gestützt wird, die wie auf der
Rennbahn auf zehn Pferde gleichzeitig wetten und denen
es egal zu sein scheint, ob neun Millionen Euro Startka-
pital versenkt werden, solange die auf das zehnte Pferd
gesetzte Million ein Vielfaches an Revenue zurückspielt.
A little more Silicon Valley, please!
Diese Mentalität herrscht in Österreich nicht vor. „Aber
auch wenn wir die Rahmenbedingungen des Silicon Val-
ley in Österreich nicht ident zur Verfügung haben, können
wir doch sehr viel von der Denke in der Alpenrepublik
implementieren“, betont Höllinger. Viele der Stärken im
Silicon Valley seien eine Einstellungsfrage. Wenn wir mehr
in Kooperation als in Wettbewerb denken, die interdiszi-
plinäre Zusammenarbeit fördern und die Kunden schon
frühzeitig in den Produktentwicklungsprozess einbinden,
habe man schon einen großen Schritt in Richtung Inno-
vation gemacht. Auch der Einsatz von Design-Thinking
als Methode um Probleme zu lösen oder neue Ideen zu
gewinnen, wäre ein wichtiger Schritt. Am BFI Wien werde
man versuchen, diese Mentalität zu fördern, verstärkt
auch mit Start-ups – etwa in Hackathons – zusammen-
zuarbeiten und so neue Impulse für den Bildungsmarkt
zu setzen, kündigen die beiden BFI Wien-Geschäftsführer
an. Interessante Digitalprodukte sollen entwickelt und die
bestehenden Kurse mit digitalen Komponenten aufgewer-
tet werten, um so die Silicon Valley-Mentalität zumindest
am heimischen Bildungssektor aufkeimen zu lassen.
Jänner 2017
digi-tales
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