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GOLF TIME

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1-2016

45

Verletzungen oder Ängste, die Donald daran

denken ließen, das Handtuch zu werfen. Luke

Donald steckte mittendrin in einer Sinnkrise.

Donald: „Ich wusste nicht mehr weiter. Ich

wollte mit dem Golfspielen aufhören. Mein

bisheriges Leben als Golfpro ergab für mich

keinen Sinn mehr.“ Man kann wirklich nicht

sagen, dass sich Luke Donalds Karriere als

Golfpro im freien Fall befindet. Er liegt in der

Weltrangliste auf Platz 78, er hat weit über 30

Millionen Pfund an Preisgeldern erspielt, eine

Bilderbuch-Familie mit drei Töchtern und

erst vor Kurzem beim British Masters eine

Top 10-Platzierung verzeichnen können.

SPASSLOS

Donald erklärte jedoch, ihm sei

das Wichtigste verloren gegangen, was einen

Golfpro auch auszeichnen muss, nämlich

Spaß am Spiel. „Ich hatte einfach keinen

Spaß mehr auf dem Golfplatz, mir ist alles

schwergefallen. Irgendwann habe ich kein

Licht mehr am Ende des Tunnels gesehen und

überlegt, meine Karriere zu beenden.“ Neben

den nach seinen Ansprüchen enttäuschenden

Ergebnissen spielten auch die Entwicklungen

des Profigolf in den Gedankengängen des

Briten eine Rolle: „Mit den Longhittern kann

ich nicht mehr konkurrieren. Was bleibt mir

an Zielen, die ich noch erreichen kann?“

Vier Wochen dauerte die Therapie, die

Dr. Gervais schließlich für Luke Donald aus-

getüftelt hatte. Ein Eckpfeiler war die rea-

listische Einschätzung des Status quo von

Luke Donald. Auf einen Wettstreit mit den

Longhittern müsse er sich nicht einlassen,

dagegen auf seine Stärken bauen, und diese

konsequent ausspielen, riet ihm Gervais.

Für Donald bedeutete das: Turniere auf

Plätzen spielen, die nicht enorm lang sind

und sein Kurzspiel in den Fokus stellen – das

immer noch zu den besten der Welt gehört.

Bei Donald schlug die Therapie an: „In den

vergangenen Wochen ist mir klar geworden,

dass ich mich selbst wieder fordern muss. Ich

habe mir gesagt, dass ich kein kleines Baby

sein darf, erwachsen werden und mir selbst

immer wieder vor Augen führen muss, was

für ein Glück ich doch habe, Golfspielen als

Beruf ausüben zu dürfen.“

Gleich bei seinem ersten Start nach seiner

Therapie-Auszeit ging Luke Donald wieder

mit jeder Menge Spaß bei der Sony Open in

Hawaii an die Arbeit und spielte sich unter

die Top 25. Was ist also das Geheimnis von

Dr. Gervais? Gervais selbst erklärt auf Nach-

frage, dass es kein Geheimnis sei, was er mache:

„Wir haben jeden Tag die Chance, ein leben-

diges Kunstwerk zu erschaffen. Und jeden

Tag geht die Sonne wieder auf! Man sollte sich

also niemals unter Druck setzen.“

GT

Dominik Krautschun

„Wir haben

jeden Tag die

Chance, ein

lebendiges

Kunstwerk

zu erschaffen“

Dr. Michael Gervais,

High Performance Sportpsychologe

aus Kalifornien

Luke Donald stand

kurz vor dem Ende

seiner Karriere,

hatte den Spaß

an seinem Beruf

verloren

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