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GOLF TIME
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1-2016
www.golftime.deFANTASY MATCHPLAY
J
unge Menschen haben mit neuarti-
ger Technologie keine Berührungs-
ängste. Und so war es ein Leichtes,
den amtierenden Masters-Cham-
pion Jordan Spieth in den redak-
tionseigenen Zeitmaschinen-Proto-
typ, genannt „GOLF TIME MACHINE“, zu
locken. Ich habe ihm einfach erzählt, bei der
schiffscontainergroßen Metallkonstruktion
handle sich um einen besonders realistischen
Golfsimulator, in dem es möglich sei, sich auf
dem Augusta National mit dem jungen Jack
Nicklaus zu duellieren. Und so steht er wirk-
lich dem Goldenen Bären gegenüber – jedoch
nicht virtuell, sondern einem ganz realen
23-jährigen Jack Nicklaus im Mai 1963!
Während die beiden jungen Männer Höflich-
keiten austauschen, begutachtet Jacks Cad-
die Willie Peterson kopfschüttelnd Spieths
Schläger. Als er den Titleist-Driver mit sei-
nem riesigen Titanium-Kopf entdeckt, fragt
er entgeistert: „Habt ihr den in der Altme-
talltonne gefunden oder bratet ihr damit eure
Frühstückseier?“
„Wow, diese Simulation ist ja unglaublich
real“, strahlt Spieth entzückt und versucht
erfolglos, Nicklaus in die Wange zu kneifen.
Dieser brummt reserviert: „Mir ist egal,
mit welchem Schrott du spielst, Jungchen.
Solange du nur den Einsatz bringen kannst.
500 Dollar pro Loch – darunter brauchen wir
gar nicht erst anzufangen.“
„Diese alten Autos vor dem Clubhaus und
was die beiden erst für schräge Klamotten
anhaben“, freut sich Jordan Spieth, „den Golf-
simulator brauche ich unbedingt in meinem
neuen Haus!“
„Ist der Typ etwa high?“, fragt mich
Peterson und Nicklaus macht schon erste An-
stalten zu gehen.
„500 sind völlig in Ordnung“, rufe
ich schnell in die Runde.
„Gerne auch 1000. Oder 10.000“, ergänzt
Spieth lachend. „Mann, letztes Jahr habe ich
hier 1,8 Millionen verdient.“
„Der ist high!“, stellt Peterson fest und
winkt ab. Ich öffne flugs meine Geldbörse
und erlaube ihm einen kurzen Blick auf ein
imposant dickes Geldbündel. Peterson zuckt
lächelnd mit den Schultern. „Andererseits ist
das auch die Art Grünzeug, die wir hier unten
zu schätzen wissen!“
Nicklaus darf als Erster schlagen und eröff-
net mit einem seiner berüchtigten Drives.
Von seinem Schlägerkopf aus Persimmon-
Holz prallt sein Spalding-Ball knapp 240
Meter weit exakt in die Mitte des Fairways.
„So kurz!“, entfährt es Spieth. Nicklaus,
der gerade noch siegesgewiss gelächelt hat,
wirkt wie vom Blitz getroffen.
„Die erste Bahn! Sie ist so kurz!“, ergänzt
der Junge aus der Zukunft. Dann legt er einen
Ball auf den Abschlag und zieht voll durch.
Das metallene Geräusch, das sein Driver
erzeugt, als die hauchdünne Titanium-
Schlagfläche auf den Titleist Pro V1-Ball trifft,
lässt Nicklaus und Peterson erschrocken zu-
sammenzucken. Beide starren ungläubig
dem Golfball hinterher, der am Horizont zu
verschwinden scheint und schließlich fast
50 Meter hinter Jacks Ball auf dem kurzge-
mähten Rasen zum Stillstand kommt.
Spieth erklärt mir, dass die Bahn in
Zukunft über 400 Meter lang sein wird. Im
Jahr 1963 sind es gerade einmal 360 Meter.
Nicklaus muss aus 120 Metern Entfer-
nung ein Eisen 9 in die Hand nehmen und
legt den Ball etwa acht Meter an die Fahne.
Sein Gegner schnalzt anerkennend mit der
Zunge. Spieth benötigt nur noch ein kleines
Wedge. Sein Ball landet mindestens zehn
Meter hinter dem Ziel, entwickelt jedoch
enormen Backspin und rollt wie von Geister-
hand gezogen bis auf wenige Zentimeter ans
Loch.
Nicklaus verfehlt zu seinem Ärger den
Birdie-Putt und Spieth geht in Führung.
Auch der Anblick der zweiten Bahn
versetzt Jordan in kindliche Begeisterung.
„Da fehlt der Fairway-Bunker rechts imKnick
des Doglegs und die Bäume sind viel kleiner.
Da kann ich ja voll abkürzen!“
Nicklaus und Peterson starren ihn an, als
hätte er nun komplett den Verstand verloren.
Spieth schlägt seinen Ball über die Bäume
hinweg auf ein unsichtbares Ziel zu. An-
schließend grinst er wie ein Lausbub, der sich
die Keksdose unter den Nagel gerissen hat.
„Darf ich mal sehen“, fragt Nicklaus Spieth
und deutet auf dessen Driver.
„Sicher“, antwortet Jordan höflich und
reicht Jack sein Holz 1. „Aber nimm auch
einen guten Ball“, ergänzt er und überlässt
ihm noch einen seiner Pro V1-Bälle.
Nach einigen Probeschwüngen legt Nick-
laus den Ball auf das Tee. Mit ungezügel-
„MANN, LETZTES JAHR
HABE ICH HIER
1,8 MILLIONEN VERDIENT“
Der Masters-Champion von 2015 hält sich
nicht mit Kleingeld auf
Von Götz Schmiedehausen
SCIENCE FICTION
Was wäre, wenn Jordan Spieth
und Jack Nicklaus in Bestform ihre Schläger kreuzten?